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Seite 6 Per Rinemotoflcapfi Nummer 867 68 plizierten Apparate so vereinfacht werden könne, daß sich Serien hersteilen ließen, weil ja für den praktischen Kinotheaterbetrieb die Kosten der Apparatur letzten Endes entscheidend sind. Geh. Regierungsrat Nernst glaubt, daß der Wieder¬ gabeapparat verhältnismäßig billig hergestellt werden kann. Die Frage ist aber im Augenblick noch nicht aktuell, weil die Tri-Ergon-Gesellschaft zunächst ihr Programm in Sondervorstellungen oder in Form eines Gastspiels ver¬ breiten will. Wir können uns vorstellen, daß zunächst einmal durch die Neuheit der Erfindung derartige Veranstaltungen auch geschäftlich außerordentlich ertragreich sind, glauben aber andererseits feststellen zu müssen, daß das Tri-Ergon im Kinotheaterbetrieb auf die Dauer nur in der Rolle des Beiprogramms wirksam werden kann Unendliche Möglichkeiten ergeben sich dagegen auf dem Gebiet des w.sscnschaftlichcn und des Lehrfilms, ergeben sich für Volksunterhaltungszwecke, losgelöst vom Film, etwa in der Art der Fernrezitation oder des Fernkonzertes, von denen uns die Vorführung auch vollendete Proben übermittelte. Kinotechnisch muß dann noch festgestellt werden, daß die Aufnahmen in ihrer jetzigen Fassung ganz be¬ deutend verbessert sind. Die Bilder, die bei der ersten Verführung noch flach und flau waren, sind jetzt scharf, klar und auch im Arrangement wirkungsvoll. Man hat die kincmatographüchen Möglichkeiten recht gut ausgenulzt. so zum Beispiel bei dem Tierstimmen- imitator und in der Szene, die ein Dorfidyll zeigen soll. Nach dieser Richtung hin haben sich die Photographen Guido Seeber und Marius Holdl und der Regisseur Walter Doerry erhebliche Verdienste erworben. Der Schweizer Arthur Curti. der an der Finanzierung der Erfindung starken Anteil hat, bemerkte mit Recht, daß der sprechende Film eine kulturelle Tat darstelle, deren Bedeutung im Augenblick gar nicht abzusehen ist. daß hier Erfinderarbeit geleistet wurde, die bahnbrechend ist auf den verschiedensten Gebieten, die dem deutschen Können erneut Bewunderung und Beachtung erzwingen muß. Wir verkleinern das große Werk nicht, wenn wir be¬ tonen. daß es. vom Standpunkt des Kinotheatergeschäftes ; us gesehen, noch mancherlei Wandlungen durchmachen muß. bis es vollendet ist. Wir schrieben schon bei der ersten Vorführung, daß es aus verschiedenen Gründen gefährlich ist, an dem stum¬ men Filmdrama etwas zu ändern, aus dem sehr einfachen Grunde, weil die Stärke des lebenden Bildes, besonders des Kinodramas, in den unbegrenzten optischen Möglich¬ keiten liegt, die sich meist schwer mit der Sprache ver¬ einigen lassen. Der Tri-Ergon-Film muß sich seine neue Art schaffen, seine eigene Dramaturgie, seinen eigenen kombinierten Stil. Ob das gelingen wird, ist im Augenblick nicht abzu¬ sehen. Wir wünschen es sehnlichst. nicht nur im Inter¬ esse der Tri-Ergon-Forscher. sondern auch im Interesse der weiteren Entwicklung des deutschen Films. Frankfurter Kleinigkeiten Originalbericht unseres ständigen Korrespondenten. ,.I>»c Mrss« iiurcnd wird cmpfundri. Zumal »ic »leU mit Nrnp vrrhurdm eider muß diese Buschsche Variante allen Messen als Motto vorangesetzt werden, wenn auch nicht verkannt werden soll, daß das Meßamt in Frankfurt eifrig bestrebt ist, die Meßbesucher vor allzugroßer Übervorteilung zu schützen. — Aber es nützt nichts. — Der Nepp wächst, blüht und gedeiht. — Zuerst kommt der Magistrat mit Er¬ höhungen der in Anbetracht der weitläufig gebauten Stadt so dringend wichtigen Straßenbahn, dann folgen prompt die Vergnügungsctablissc-mcnts. Der mit Recht so beliebte Multiplikator der Kaffeehäuser wird selbstredend schnell erhöht, und die Kaufieute stellen sich sofort auf die Messe „um". — Sic transit gloria mundi! — Die Messe ver¬ schwindet, sie ist dieses Mal besonders schnell ver¬ schwunden, aber die hohen Meßpreise bleiben; ein un¬ angenehmes Memento für die Einheimischen, an die, wie gesagt, dieses Mal recht miserable Messe. Erfreulicherweise haben die Lichtbildtheater die Kon¬ junktur auch eir. klein wenig ausgenutzt und gleichfalls die Preise in mäßigen Grenzen in die Höhe gesetzt. — Die Programme waren durchwegs gut ausgcwählt. — Die Alemannia-Lichtspiele erschienen mit Jackie Cogan „My Boy“, erzielten einen starken Erfolg und mußten ver¬ längern. — Das größte Frankfurter Theater, die „UT.- Lichtspicle" im Schwan, brachten cs mit den ..Buden¬ brooks" zu einem Achtungserfolg. — Die „Luna-Licht- spielc” haben mit einer Wiederholung von „Fridericus Rex" einen guten Griff getan, auch „Hansa-" und ..Ariadne- Theater" machen mit dem Stanlcy-Film anscheinend keine schlechten Geschäfte. Frankfurts neuestes Theater, die „Neue Lichtbühne" spielte „Wilhelm Teil” und mußte diesen Film jetzt die zweite Woche verlängern. — Der Direktion darf das ehr¬ liche Kompliment ausgesprochen werden, daß sie es ver¬ standen hat, das Theater in allerkürzester Zeit glänzend einzuführen; sie bringt die richtigen Programme und spart nicht an der dringend notwendigen Zeitungsreklame, die auffällig ist, sich aber von Geschmacklosigkeiten fernhält. — Der Teil-Film hat nicht nur bei der Presse (allgemein), sondern auch teilweise beim Publikum eine starke Ab¬ lehnung erfahren, wenn er auch - was betont werden soll — auf die großen Massen, die kritiklos alles ver¬ dauen, eine große Zugkraft ausübt. — Eine Kritik er¬ übrigt sich, umsomehr als wir mit den Ansichten des Ber¬ liner Kollegen völlig konform gehet. Hinzugefügt soll noch werden, daß besonders Carl Ebert. der ehemalige Star des hiesigen Schauspielhauses, als jur.ger Melchthal von neuem stark enttäuschte, nachdem er in seinem letzten Filmgastspiel „Nora" bereits bewiesen hat. daß mancher gute Darsteller der Sprechbühne für den Film un¬ geeignet ist. In einem süddeutschen Fachblatt lesen wir die welt- erschütternde Mitteilung, daß der Westfalia-Film während der Messe „Frühlings Erwachen" in den Hohetlzollern- lichtspielen laufen läßt, und daß vor der öffentlichen Vor¬ führung eine Pressevo: führung veranstaltet werden soll, zu der zahlreiche „Prominente" aus Kunst und Literatur ihr Erscheinen zugesagt haben. Wir möchten nicht untersuchen, wer in Frankfurt a. M. zu den „Prominenten" in Kunst und Literatur gezählt werden darf, wir stellen nur ganz sachlich fest, daß der Westfalia-Film, wahrscheinlich geblendet von der Aus¬ sicht, so viele „Prominente“ begrüßen zu können, an das Nächstliegende vergessen hat, nämlich, die doch nicht ganz unwichtige Fachpresse zu einer „Presse"-Vorführung einzuladen. Wir sind daher nicht in der Lage, etwas über den Verlauf der „Prominentenaufführung" und über die Aufnahme des Films beim großen Publikum berichten zu können. Otto Schwerin.