Der Kinematograph (February 1924)

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Seite 6 Her fcincmntoßtapf) Nummer 887 internationalen Erfolg, der sogar dahin führt, daß ameri¬ kanische Großkonzerne, die in Deutschland große Bureaus unterhielten, die aus Deutschland bedeutend höhere Be¬ trage für ihre Filme ziehen wie aus Fraikreich, jetzt Re¬ präsentanten führender deutscher Konzerne einfach nach Paris zitieren, um dort Abschlüsse f'ir Deutschland zu machen. Wir müßten allerdings nach Paris und London fahren und uns dort das ansehen, was aus unert ndlichen Gründen hier nicht zu sehen ist, sollten aber danr die Herren Ver¬ käufer Ireundlichst einladen, zum Abschluß der Verträge sich nach Berlin zu bemühen. Der Pariser kann das schon aus dem sehr einfachen Grunde, weil ja die Mark, am frank gemessen, hohe Edel- vaiuta ist, und weil er ja schließlich vor dem Kriege auch den Weg nach Deutschland geiunden ha., der tür ihn be¬ deutend leichter zu gehen ist als für uns der nach Paus. Es ist wie eine Art Wetteroberungsfieber über die Film- leute gekommen. Jahrelang haben sie tatenlos die Dinge gehen lassen. Jetzt grellen sie nach dem ersten besten btrolihalm, der sich darbietet, ohne zu beccnken, daß aus Stroluialmen höchstens Hütten, aber keine großen, festen Häuser gebaut werden können, bie soßten jetzt abwarten und versuchen, durch engsten Zusammenschluß setbst die Mittel aulzubringcn, die zu einer dauernden und gründ¬ lichen Erschließung gewisser Gebiete notwendig sind. Die Tschechoslowakei oder Österreich, Rußland, Polen und den Balkan brauchen wir nicht zu erschließen. Wir verkamen tür diese Oebiete zu anständigen Preisen und haben keine Veranlassung, unseren guten alten und be¬ währten Kunden ira eigenen Lande Konkurrenz zu machen. ln Australien, Amerika, China und Japan wäre Errich¬ tung größerer, eigener deutscher Verleihe zu erwägen, die sich aber eventuell auf die Theater stützen müßten, von denen die Majorität oder wenigstens erhebliche Anteile in deutschen Händen liegen müßten. Wir halten diesen Plan nicht für utopistisch. Er ist in der Kriegszeit zum Teil durchgeführt worden, und die Ufa besitzt heute noch in einigen sogenannten neutralen Län¬ dern aus jener Zeit Theater, die sehr anständige Verdienste bringen. Die großen Konzerne haben mit dem Erwerb von Theatern in der Schweiz und in Holland, die auch bis heute noch nicht eingegangen sind, im Kriege ausgezeich¬ nete Erfahrungen gemacit. Warum sollte das, was in Kriegszeiten begonnen, im Frieden nicht weitergeführt werden können? Man bat in einer französischen Fach¬ zeitschrift in der vorigen Woche darauf verwiesen, in wie starkem Maße sich die führenden und prominenten Banken in Deutschland für den Film einsetzen. Man hat das aus dem Grunde getan, um in Frankreich die entsprechenden Kreise wachzurufen, es uns nachzumachen. Es wäre geradezu tragikomisch, wenn bei der Schaffung einer derartigen Organisation die Großbanken der deut¬ schen Filmindustrie, die sie zum Teil selbst auf die Beine gestellt hat, die Gefolgschaft versagen wollten, damit französische Banken nicht nur das Geld hergeben, sondern auch den Gewinn einstecken, damit der Berliner Qualitäts¬ film vielleicht schon in Jahresfrist via Paris in New York verliehen wird. Der Augenblick zur Schaffung einer derartigen Organi¬ sation ist außerordentlich günstig. Die Sachverständigen- Kommissionen haben über die deutschen Verhältnisse ein günstiges Bild bekommen. Die Amerikaner werden in ihrer Heimat sicherlich berichten, daß die deutsche Arbeitskraft ungebrochen, der deutsche Fleiß allmählich wieder seine alte Stärke erlangt hat. Sie werden deutsch-amerikanischen Zusammenschlüssen ein günstiges Prognostikon stellen. Das sind nicht etwa Annahmen, sondern sie stützen sich auf praktische Aus¬ wirkungen, die dem deutschen Film zugute kommen können. Es gibt drüben einflußreiche Gruppen, die bereit sind, eine Organisation zum Vertrieb deutscher Filme ideell und materiell zu stützen, vorausgesetzt, daß man nur Ware von einer gewissen Qualität liefert und nicht Bilder jener mittelmäßigen Art, die heute stapelweise in den Zoll- und Lagerhäusern zu finden sind, als trauriges Denkmal dafür, daß zum Filmeinkaufen und -verkaufen doch mehr gehör! als Unterzeichnen eines Vertrages und die Zahlung einiger Dollar. Noch im Laufe des Februar werden wichtige Be¬ sprechungen in Berlin stattfinden können, die als Ziel die Gründung einer deutschen Filmvertrieb-Zentrale in New York haben. Die Kreise, die drüben an dieser Gründung ieilnehmcn wollen, bürgen schon durch ihre Namen und durch ihr Ansehen, durch ihre Stellung und durch ihre Macht für die Erreichung dessen, was zu erreichen ist. Hier hei uns interessieren sich ebenfalls Finanz- und Industriegruppen für das Projekt, das unter Umständen nicht auf Amerika beschränkt zu bleiben braucht, sondern auch auf andcie Bezirke ausgedehnt werden kann. Wir halten es nicht für richtig, schon jetzt Einzel¬ heiten zu entwickeln, aus dem einfachen Grunde, weil eine derartige Arbeit, die auf Zusammenschluß und Gemein¬ schaftlichkeit aufgebaut ist, nur dann zur Diskussion gestellt werden kann, wenn der größere Kreis derer, die es angeht, Gelegenheit hatte, die Einzelheiten zu disku¬ tieren. Das geht in diesem Augenblick noch nicht, weil die Amerikaner in ihrer praktischen Art sich auf keine großen theoretischen Auseinandersetzungen eingelassen haben, sondern einfach nach Klärung der Vernältnisse drüben sich auf den Dampfer gesetzt haben, der sie in diesem Augenblick schon auf dem Ozean trägt, Deutschland entgegen. Wir hätten diese Angelegenheit, an der wir auch in der Praxis lebhaften Anteil haben, nicht zum Gegenstand von Betrachtungen in unseren Blättern gemacht, wenn nicht die Gefahr bestände, daß übereifiige Besserwisser aus dieser Angelegenheit, die eine Interessenfrage der ganzen Industrie bedeutet, ein privates Geschäft machen wollten. Davor muß nachdrückiichst und ernstlich gewarnt werden. Der „Kinematograph", der in dieser Angelegenheit die Initiative ergriffen hat, und dessen Verlag an den Verhand¬ lungen lebhaften Anteil nimmt, wird sich dann an die prominenten Kreise der Industrie wenden, ihnen das Re¬ sultat der Verhandlungen unterbreiten, versuchen, die Vor¬ arbeiten aus dem Stadium der Erwägungen in das der praktischen Tat überzuführen, um dann als Fachblatt selbst¬ verständlich zurückzutreten, weil es nicht Aufgabe einer objektiven und unabhängigen Zeitschrift sein kann, die Filmgeschäfte einzelner Firmen oder Interessentengruppen zu besorgen. Ein Fachblatt hat der Industrie zu dienen, objektiv und unparteiisch. Es kann zu Taten anregen, durch seinen Einfluß und seine Beziehungen Gruppen zusammenbringen und Vorarbeiten organisieren, aber es hat die Geschäfte der Industrie selbst beziehungsweise den einzelnen Firmen zu überlassen. Das möchten wir bemerken, um von vorn¬ herein, wenn wir vielleicht schon in der nächsten Nummer Einzelheiten dieser amerikanischen Idee veröffentlichen, diejenigen Herrschaften zurückzuweisen, die immer alles besser wissen und die glauben, daß sie allein das Recht besitzen, Kritik zu üben und Ideen zu haben. Es gibt nämlich Leute, die das Bedürfnis haben, immer zu schreien und den anderen Motive unterzuschieben, die höchstens in der eigenen Brust schlummern und manchmal auch zum Leben erwachen.