Der Kinematograph (March 1924)

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Seite 6 Der Rmcmatogcopfi Nummer 889 Fabrikation und Nebenbetrieben und dergleichen •mstehen Daß das schwierig ist. werden die Väter der IJce selbst wissen. Aber schließlich hat man auch München in bezug auf die Fabrikation ein absolutes Fiasko prophezeit, hat höchstens der Kmelka mit ihrem Gasteiger Atelier Enl- wicklungsmöglichkeiten zugebilligt, und doch ist .Helena" entstanden mit Außenbauten und mit technischen Hilfs¬ mitteln. wie sie auch in Berlin nur wenig Fabrikanten zur Verfügung stehen. Was notwendig ist. ist engste Fühlungnahme der Kölner maßgebenden Stellen mit den maßgebenden St.-Ilen des deutschen Films und mit der Filmfachpresse. Man sollte im Rahmen der Spitzenorganisation oder in einer be¬ sonderen Versammlung die Pläne offen und klar ent- wicklen, sich beraten lassen und dabei die Fragt klären, ob denn wirklich überhaupt eine umfassende F'ilmschau in Köln durchzuführen ist. Man wird einwenden, daß man das mit den rheinischen Verleihern bzw. mit den rheinischen Monopolinhabern machen könne. Das ist theoretisch richtig, und wir zweifeln keinen Augenblick daran, daß die Rheinländer auch bereit sind, die erforderlichen Opfer zu bringen, daß sie mit ihren guten Beziehungen auch das Werk zum großen Teil durchführen können. Aber ganz ohne Berlin wird cs aus verschiedenen Gründen nicht gehen. Es hat aber auch den Anschein, als ob man sich mit den rheinischen Verbänden noch nicht ins Einvernehmen gesetzt hat. daß man vielmehr die ganze Angelegenheit mit dem einen oder anderen privatim machen will. Das ist allerdings der verkehrteste Weg, der gegangen werden kann. Was sympathisch an der ganzen Sache ist, ist der äußere Rahmen, der nach offiziösen Meldungen besonders prächtig und günstig sein soll. In Leipzig muß die kino- technische Industrie immer noch mit der Turnhalle draußen am Frankfurter Tor vor iebnehmen. Man stattet auch da die einzelnen Stände so hübsch und ge¬ fällig wie möglich aus. hätte gern eine würdige Stätte, konnte nur bisher noch nichts tun, weil die Zeiten so schlecht waren. Man sollte meinen, daß das. was in Köln schon erreicht ist, auch in Leipzig durchzusetzen wäre. Vielleicht gibt die Leipziger Messe Gelegenheit zu einer Aussprache, wie sie vor zwei Jahren schon einmal statt¬ fand. Heute erscheint uns die Zeit günstiger zum Bauen und zum Plänemachen. Heute wird auch die kinotcch- nische Industrie opferbereiter sein. Wir werden über Leipzig in der nächster Nummer ein¬ gehend berichten und auch aus der Feder eines pro¬ minenten rheinischen Filmmanncs einen Artikel bringen, der die Stellung der rheinisch-westfälischen Film- industriellen zur Leipziger Kinomcssc darlcgt. Englisch-französisches Nibelungen-Echo (Ein Beitrag zur internationalen Ftlmpsychologie ) T Vc ersten Auslandsprcsscstimmen liegen vor. Dieengiische *—’ Presse ist mehr oder weniger begeistert. Die großen Tageszeitungen haben sich von ihren Berliner Korrespon¬ denten noch in der Premierennacht lange Kabel schicken lassen. „Film Rcnter", „Kinematograph Weekly" und „Bioscopc" lassen ihre Chefredakteure in eingehenden Artikeln ihre Eindrücke nicderlegen. Man ist ehrlich begeistert, feiert den Film als einen internationalen Filmsieg, sieht in ihm nur Kunstwerk, kommt überhaupt nicht auf den Gedanken, daß hier irgendwie eine Tendenz sich bemerkbar macht, registriert, Haß am Bankett der Reichsaußenminister, Reichstags- und Landtagspräsident, die Vertreter der Hochfinanz, die internationale Presse teilgenommen hat, stellt sich über¬ aus freundlich zur deutschen Filmindustrie, wie wii das in England bereits seit langem haben bemerken können. In Frankreich veröffentlicht Paul de la Boric, der Chef¬ redakteur der „Cinematographie francaise". einen Leit¬ artikel, der es verdient, hier abgedruckt zu werden, und zwar schon aus dem Grunde, weil de la Borie. politisch absolut nationalistisch eingestellt, hier für die Internatio¬ nalität des Films cintritt, also auch den von uns immer schon verfochtenen Standpunkt sich zu eigen macht, daß politische Richtungen und Strömungen beim internationa¬ len Filmgeschäft auszuschalten sind. Er erkennt den guten Willen an, der hier in Deutsch¬ land herrscht, mit der französischen Filmindustrie ins Ge¬ schäft zu kommen, bezeugt uns — bei der po itischen Ein¬ stellung des Herrn de la Borie besonders wertvoll — daß wir ehrlich bemüht sind, die französische Filmfabrikalion im Rahmen des Möglichen zur Geltung zu bringen. Der Chefredakteur der „Cinematographie francaise" hat sich damit ein Verdienst um die Festigung der internatio¬ nalen Filmbeziehungen geschaffen und in einem Augen¬ blick für den guten Willen der deutschen Industrie Zeugnis abgelegt, wo in Frankreich dazu der Mut des unabhängi¬ gen und starken Publizisten gehört, der in wichtigen Fragen ein weiteres „Pater, peccavi!" sagt, wenn er ein- gesehen hat, daß ein grundlegender Irrtum im Interesse der wirtschaftspolitischen Entwicklung eingestanden werden muß. Der „Hebdo-Film", der aus irgendwelchen Gründen, die wir nicht untersuchen können und wollen, kenen Ver¬ treter nach Berlin entsandt hat, fragt, wie sich Herr de la Borie, der französische Nationalist, mit diesem pangermanischen, von deutschen Nationalisten subventio¬ nierten Propagandafilm abfinden würde. Herr de la Borie hat ihnen in seinem Leitartikel bereits eine ebenso treffende Antwort gegeben wie in seiner glän¬ zenden, ausgezeichneten Kritik. Wie nationalistisch dieser Film ist, kann der „Hebdo- Film“ aus der gesamten deutschen Presse ersehen Die heimischen Publizisten haben nämlich — besonders gilt das für die Tagespresse — an dem Film allerlei auszusetzen. Sie beweisen das Wort vom Propheten, der in seinem Vatcrlande nichts gilt. Aber auf die Idee, da'J es sich hier um einen Propagandafilm handelt, ist niemand gekommen. Kein Mensch hat in Wagners „Nibelungen" eine Propa¬ ganda für das Deutschtum gesehen. Man sieht darin ein wundervolles Musikwerk, das man auch heute in Paris sicherlich in Auswahl in Konzerthäusem und großen Musikveranstaltungen hört, ohne gleich zu befürchten, daß damit wiederum irgendwelche nationalistisch-politi¬ schen Ziele verfolgt würden. Die Tagespresse, die übrigens gerade in Paris über die „Nibelungen" Geschichten erzählt, die in ihrer phantasti¬ schen Erfindung den Dichter des Nibelungenliedes weit übertreffen, mag in einem internationalen Großfilmwerk auch den Ausgangspunkt zu politischen Diskussionen suchen. Die kinematographische Fachpresse aber — das möchten wir dem „Hebdo-Film" in aller Freundschaft sagen — soll über der Politik und über den Parteien stehen. Sie muß — ganz gleich in welchem Lande — sich für die Inter¬ nationalität einsetzen, weil jede Filmproduktion nur dann wirklich groß und stark werden kann, wenn sie auf allen Märkten unterzubringen ist.