Der Kinematograph (April 1924)

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Seite 6 Z)cc Rinemotooropfi Nummer 894 Ücrissen hat. weil man zur Mark und zur Ren .enmark kein Vertrauen hatte. Daß man also die Konsequenzen der Zwtschenkonjunklur tragen muß. die sich zu unserem Glück gewandelt hat nachdem sie sich jahrelang so ge¬ staltete, daß wir die Dummen waren. Auch das Sinken des Frank ist kein üru'd tür GrolJ- kapitalistcn in Neutralien, ihren leitenden "'unktionären Vorwürfe zu machen. Es rächt sich eben jetzt, daß man der Mark mißtraute, aber auf den Frank Häuser baute, die sich jetzt als Gebäude aus Spielkarten darstellen, die man mit einer einfachen llandbewegung linwegstoOen Man ist im Ausland, wo sich die Infiat on und die Stagnation gewissermaßen nur im Anfangsstadium zeigen, wo sie sich lange nicht so auswirken werden wie bei uns in Deutschland, etwas reich¬ lich nervös. Man übersah, daß man auch bei uns und in anderen Ländern mit soge¬ nannter stabiler Währung nicht auf Rosen "'gebettet ist. daß dort an Stelle der In¬ flation die Stagnation und die Geldvcrsteifung getreten ist. Man vergißt, daß die wirt¬ schaftlichen Nachwirkungen des Krieges in Europa und in ailen anderen Weltteilen sich erst jetzt zeigen. Der Siegesrausch verfliegt, und der große Katzenjammer kommt auch in den sogenann¬ ten Siegerstaaten. Darum soll man diese internationalen Filmkrisen nicht allzu tragisch nehmen. Sie sind an sich be¬ dauerlich. weil sic die italie¬ nische, die nordische und — wenn sich die Dinge in Wien nicht klären — auch die österreichische Produktion im .fahre zurückwerfen. Das könnte uns in Deutsch¬ land freudig stimmen, wenn nicht gerade wir immer in einer gesunden internationalen_ Filmindustrie die erste Voraussetzung für die gesunde eigene Entwicklung erblickt hätten. Vielleicht wird diese merkwürdige Politik der Ranken zu anderen Kombinationen führen, zu Kombinationen, wie sie zum Beispiel mit Italienern in Deutschland im vorigen Jahr bestanden, und die sich augenblicklich zum Beispiel im Fall Abel Gance in interessanter Form auswirken. Abel Gance dreht einen Napoleon-Film, nicht etwa ein Propagandawerk, sondern, wie man versichert, ein absolut historisch getreues Bild, bei dem alle Völker, die an Napoleons Glück und Unglück beteiligt und interessiert waren, zu ihrem Rechte kommen. Sechs große Teile spielen, wie wir schon einmal be¬ richteten, in Frankreich, Deutschland. Rußland. Italien. Spanien und Ägypten. An der Finanzierung sind bis jetzt Franzosen, Deutsche. Russen und Schweden beteiligt. Die Vorbereitungen für die einzelnen Aufnahmen werden unter Mitwirkung führen¬ der Historiographen von den beteiligten Firmen jeweils für ihr Land getroffen. Als Gegenleistung für ihre finan¬ zielle Mitwirkung haben die beteiligten Firmen das Ver¬ triebsrecht für ihr Land erhalten. Man finanziert also ge¬ wissermaßen den Film von vornherein mit seinem Lizenz¬ erträgnis, eine an sich alte Idee, die man im kleinen be¬ kämpfen muß. der man aber im großen eine gewisse Be¬ rechtigung nicht absprechen kann. Vielleicht wird man auch bei uns zum Teil wieder auf dieses System zurück¬ greifen. und zwar lediglich aus dem Grunde, weil die Kapitalknappheit, die durch den Übergang von der In¬ flation zur Stabilität nicht zu vermeiden war. den kleinen Fabrikanten zwingt, seine Filme gewissermaßen gemein¬ sam mit seinem Abnehmer herzustellen. Das beliebteste Spiel in der Friedrichstraße heißt augen¬ blicklich; ..Wechsel. Wechsel - wechsle dich! ‘ Dieser bargeldlose V'erkehr, an sich nicht gefährlich, führt leider auch zu einer Steigerung der Lizenzpreise, die insofern berechtigt ist. als ja Diskont, Verzinsung und Risiko mit in Ansatz gebracht werden, die aber unberechtigt wird, wenn jemand glaubt, aus der Kredit¬ gewährung noch einmal ein be¬ sonderes Geschäft zu machen. Dieses Kreditsystem fördert den Zwischenhandel, und es ist kein großes Geheimnis, dafi ein großer Teil dieser Zwi¬ schenhändler den Vert-icb von Films nur als ein besseres und umschriebenes Geldgescliäit ansieht, bei dem man unge¬ fährdet und mühelos Zins¬ sätze erzielen kann, die beim reinen Geldgeschäft sicherlich strafbar wären. Aber cs ist schwer, diesen Übelständen abzuhellen, auch schwer, generell zu sagen, es müßte so oder so gemacht werden. Man kann nur war¬ nen. sich durch Kreditgewäh¬ rung nicht zu Preisen verleiten zu lassen, die niemals hercin- zuholcn sind, denn cs ist kein Vergnügen, monatelang um¬ sonst zu arbeiten und dann noch Prolongationssorgen ha¬ ben zu müssen. Die internatior.alcn Krisen sollten zu denken geben, soll- ^ " ten zur Vorsicht maiincn, da¬ mit auch wir nicht langsam, aber sicher in ungesunde Ver¬ hältnisse hineinschliddern, in Verhältnisse, wie es sie in der Vorkriegszeit auch bei uns gab, die aber so ungesund waren, daß sic selbst durch Prolongationen nicht beseitigt werden konnten, sondern rettungslos zur Pleite führten. Und das ist doch schließlich ein Zustand, an dem keiner ein Gefallen hat, weder derjenige, der den Konkurs an- meldct. noch der. dem die Ehre zuteil wird, im Gläubiger¬ ausschuß zu sitzen. Wir wollen nicht zu schwarz für die europäische Film¬ industrie sehen, denn es scheint ja in der ganzen Welt zu kriseln. Aus Mexiko werden große Umwälzungen bei den Verleihern angekündigt, in Australien ist der Sidney- Konzern zusammengebrochen und selbst in U. S. A., das doch als Standard-Land des Filmes gilt, meldet man das Ende der United Artist (Fairbanks, Pickford. Chaplin) und die Beurlaubung von Emst Lubitsch aus dem Warner Brother Konzern zu den Famous Players. Wir glauben, daß eine Umstellung auf der ganzen Linie notwendig sein wird, daß man cs sich abgewöhnen muß. in der Filmindustrie den Konjunkturgewinnen nach¬ zujagen, die nur in Zeiten ungesunder Wirtschaft, niemals in geordneten kaufmännischen Betrieben möglich sind.