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Seite 18 tlcr Rincmotogtopfi Nummer 901 weben (zumal die orflanisaturischen wie c'it weiteren be¬ sonderen Aufgaben des Kinotheaters) n cht kennen kann. Vielmehr ist aus dem Wort Kinoreform längst, und nicht nur in Deutschland, sondern in allen deutschen Ländern, der Kampf, besser gesagt die .Arbeit, wini den Kulturfilm im weitesten Sinne geworden. Längst >t man über das Negative; Ablehnung des Kinos. Ablei nung des Films überhaupt, hinausgewachsen zu einem Bejahen des Films (als Idee), und es dreht sich heute bei den Zusammen¬ künften derer, die den Film als Idee nicht nur wollen, sondern die ihn mit tragen wollen, darum, die beste Form zu finden, wie sie den Film eingliedern können in ihre Bildungsarbeit, sei es gebundene (Schule), sei es freie in freien Vereinigungen (Volksbildungsvereine der verschie¬ denen Art). Es besteht zwischen den deutschen Veranstaltungen und der in Rede stehenden österreichischen cer Unterschied, daß man sie bei uns Bild wochen nennt, sie entweder als Veranstaltung für das ganze Reich mii Vertretern aus dem ganzen Reiche auffaßt, oder daß man für bestimmte Landesteile kleinere Veranstaltungen gestaltet und auf diese Weise eine oberschlesische, eine schleswig-hol¬ steinische, eine hessische oder sonstige Teilbildwoche be¬ kommt. Freilich haben die deutschen Rildwochen, die seit 1917 vom Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht zusammen mit den örtlichen Stellen, zuletzt zusammen mit dem Deutschen Bildspielbund, veranstaltet werden, den Vorteil, daß sic ruhiger Zustandekommen, objektiver genommen werden und außerd-.-m den Erfolg für sich haben, nämlich den, eine Unmenge /on alten Gegnern oder wenigstens Gleichgültigen für die Icce des Films geworben zu haben und ihnen nun, nachdem aus den Gleichgültigen tätige Freunde geworden sind. Gelegenheit zu geben, sich mit Gleichgesinnten über Inhalt und weiteren Arbeitsweg auszusprechen. So sind denn bei den deutschen Bild¬ wochen die organisatorischen Aufgaben des deutschen Bildspielwesens mehr und mehr zur Klarheit gekommen und nicht nur besprochen, sondern auch geregelt worden. So erklärt es sich dann aber auch, daß aus der deutschen Filmaufbaubewegung Dr. Ackerknecht, Professor Lampe, Dr. Volz und der Verfasser dieser Zeilen eingeladen wor¬ den waren, um aus dem, was sie erarbeitet und erfahren haben, die österreichische eben einsetzende Filmaufbau- bewegung zu beraten und zu unterstützen. Eins war vielleicht verfrüht — bildwochen-methodisch gesehen — nämlich sclon auf dieser ersten Tagung einen Spielflimpraktiker zu Worte kommenzulassen. Regisseur Fritz Lang hatte sich auf Einladung zur Verfügung gestellt und sprach nun aus seiner Erfahrung heraus. Zum Nibe- lungenfilm und zu seinen Darlegungen äußerten sich in der .Nachmittagsdiskussion eine ganze Reihe von Theoretikern, die naturgemäß mit den praktischen Fragen des Filmaul¬ baues kaum Fühlung hatten, und es war eigentlich vor¬ auszusehen, daß da die Meinungen auleinanderplatzten. Die Uranialeitung allerdings, cas muß hier um der Wahr¬ heit willen festgestellt werden, hat sich in ihrer Schlu߬ erklärung zu dieser Diskussion — die am anderen Vor¬ mittag erfolgte — auf den Standpunkt gesl.-lit, daß der Nibelungetifilm als eins der erfreulichsten deutschen Film¬ werke anzusehen sei und daß sie sowohl der Firma als dem Regisseur zu tiefem Dank verpflichtet sei, der Tagung dies Erlebnis vermittelt zu haben. Das bedeutete ein Abrücken der Praktiker vom blassen Ästhetentum, wie es deutlicher kaum gewünscht w'erden konnte. Gerade daraus, daß so völlig einander widersprechende Urteile nicht nur Zustandekommen, sondern auch geäußert wer¬ den konnten, muß eben der Schluß gezogen werden, daß die Einladung an einen Führenden wie Fritz Lang ver¬ früht war. Im übrigen habe ich — das ist zwar nur meine Privat¬ meinung, aber ich giaubc an ihre Richtigkeit — die Meinung mitgenommen, daß die schwierigste Arbeit erst zu leisten ist, und das ist; in allmählichem, geduldigem Aufbau diejenigen, die für Bildungsfragon verantwortlich sind, zum Film heranzuerziehen, etwaige Gleichgültigkeit aufzugeben und zu Befürwortern des Films zu werden. Es bleibt nichts übrig, als daß Filmindustrie, Filmpresse, über¬ haupt alle Filmfachleute mithclfen, der österreichischen Reformbewegung Grund unter die Füße zu geben, nämlich dadurch, daß die Fachleute Werkstätten und Erfahrungen zur Verfügung stellen, um in allmählicher sorglicher Arbeit die Möglichkeiten des Filmes erkennen zu lehren und die Auswertung des filmisch Möglichen einzuleiten. Ist der Film in seiner Bedeutung für das gesamte Bildungswesen erst allgemein erkannt und wird an seiner Vertiefung und an seiner Verbreitung dann entsprechend gearbeitet, dann ist auch das Wichtigste getan, um Ve-ständnis für den gutenU nt er haltungsfilm zu haben. Denn schlie߬ lich kann auch die österreichische Kulturßimbewcgung nicht an der kulturhistorischen Tatsache vorübergehen, daß es beides fördern heißt — den Spielßlm wie den reinen Kulturfilm — wenn man zunächst ernstlich denen hilft, die sich um den Kulturfilm kümmern. Als einen Anfang zu dieser Arbeit, die eines Tages doch allen gemeinsame Arbeit wird, müssen wir die Kinoreformtagung begrüßen Kriemhüds Ra<iie in München Nachdem der erste Nibelungenfilm ..Siegfried" in Mün¬ chen volle 14 Spielwochen mit andauerndem Erfolge auf dem Spielplan unserer großen Ufa-Theater stand, folgte am Mittwoch abend vor dem aus geladenen Gästen be¬ stehenden Festpublikum von Gabriels Sendlingentor Lichtspielen der zweite Füm; „K r i e m h i I d s Rache" in Anwesenheit Fritz Längs und Thea v. Harbous. Aus der Länge der vorgeführten Bilder zu schließen, hat „Kricmhilds Rtche" seit der Berliner Uraufführung bis zu seiner süddeutschen Uraufführung in München eine nicht unwesentliche Konzentration durchgemacht. Die Wirkung des Bildes kann m-an jetzt wohl als das tiefste und unerhörteste Filmerlebnis bezeichnen. Man er¬ kannte vor der von einer vollgeladenen Spannung durch- bebten Bändigung und Ballung urmensch'.ichcr Energien, daß man in „Siegfried" eigentlich nur die Einleitung und Vorbereitung, die Legung eines weiten Kontrastbodens gesehen hatte, auf dem sich nun .,K r i e m h i 1 d s Rache" in einer geradezu unnahbaren Erhabenheit und doch einer in Rhythmus, Tempo und Dynamik so absolut zeitgegenwärtigen Lebendigkeit aufreckt. Ich empfand auch, daß man der in gleich monumen taler Einfachheit von kaum einem halben Dutzend Themen einhergehenden Musik Gottfried Huppertz erst aus diese Nibclungeneinheit, die in Kriemhilds Rache erst zun: eigentlichen Thema gelangt, gerecht werden kann. Dieser Film, der der sogenannten Natürlichkeit un i aller Historie ebenso fernsteht wie jeder früheren dich¬ terischen Bearbeitung des Themas, beweist die Verein¬ barkeit eines gesteigerten Stilpathos (bedingend die ni !- wendige Entpersönlichung der Darsteller und ihre dek'" rative wie ausdruckstechnische Eingliederung in ein Bm'- ensemble) mit dem Nerventempo und dem Schöpfunc'- und Empfindungsrhythmus der Gegenwart. Er hat un* ein Filmnovum erobert für den Film, wie für das Zeit¬ gefühl überhaupt; das aller Traurigkeit lerne und berührbar erhabene Gebiet einer absoluten Weltcntragik- Dr. Wolf gang Martin