Der Kinematograph (June 1924)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

18. Jahrgang, Nr. 90b Berlin, 29. Juni 1924 Europäische Filmstreiflichter Von Aroi. E s isl ohne Zweifel, dal) das eingehende Studium der europäischen Verhältnisse für die Beurteilung der europäischen Möglichkeiten unerläßlich ist. Wir erzählten in der letzten Nummer von schwedischer Filmarbeit und hahen diesmal zu berichten, daß man auch in Dänemark, in Kopenhagen, in den Bezirken, wo man vor mehr als zehn Jahren die großen Filme mit Psilander drehte, wieder lebhaft und intensiv arbeitet. Die Sonne, die heute über „Nordisk" leuchtet, heißt üunnar Tolnaes. Ein Schauspieler, der bei uns als „Maha¬ radscha" Riesen¬ ruhm gewann und sich als „Mahara¬ dscha" ebenso dis¬ kreditierte. Tolnaes hat sich abgewandt von diesen Spekula¬ tionen auf die sen¬ timentalsten Ecken des Herzens und auf die Tränen¬ drüsen. Er isl so etwas wie Charak¬ terdarsteller ge¬ worden, Charak¬ terliebhaber möch¬ te man sagen. Augenblicklich arbeitet Sandberg mit ihm, ein ruhi¬ ger. fast stiller Mensch, aber ein abgeklärter und überaus routinier¬ ter Regisseur. Der Mann, der mit den „Vier Teufeln" einen unbestrittenen Wclterfolg gehabt hat. „Nordisk" hat seinen Betrieb stark modernisiert. Gerade in den Besuchstagen kam ein großer Posten ganz moderner Lampen an. Eine Expedition ist aus Italien zurück, wo sie Aussenaufnahmen gedreht hatte. Eine kleine Szene mit Komparserie zeigt die Ueberlegenheit des Menschen¬ materials. soweit es sich um kleine und mittlere Rollen handelt. Man weiß selbstverständlich, daß die Deutschen viel weiter sind. Im Kreise der Künstler unterhält man sich fast zwei Stunden über die größten Filme der letzten Produktion, über Babelsberg und über seine organisato¬ rischen und technischen Möglichkeiten. Von dem Fairbanks-Rummel halten sich die Leute von „Nordisk" fern. Sie haben alle offiziellen Einladungen abgelehnt, und zwar von dem Gesichtspunkt ausgehend, daß die allgemeine Einstellung, die Amerika der europä¬ ischen Produktion gegenüber einnimmi. es unmöglich macht, offiziell an derartigen Veranstaltungen tcilzu- nelimen. In Kopenhagen hat man sehr v.el ’ntcresse Lir die europäische Allianz Man sieht auch da Möglichkeiten, während man bekanntlich, wie icl schon in der vorigen Nummer andeutitc. in Schweden au- starke Widerslän 1, stoßen wird, weil dort die größten Interessen des Landes mit den amerikanischen Interessen zusammenlaufcn. Man ist von der deutschen Mittcl- produktion nicht erbaut, aber man will trotzdem, so¬ weit es geht, deul sehe Filme kaufen und einführen, le¬ diglich von dem Gesichtspunkt aus¬ gehend. daß man die Deutschen un¬ terstützen muß. um gegen die Ameri¬ kaner ein Gegen¬ gewicht zu haben. „Nordisk“ hai heute in ganz Skan¬ dinavien in allen drei Reichen eige¬ nen Verleih. Der Konzern verfügt über eine Reihe von großen und wichtigen Kino¬ theatern, die aber auch im Sommer geschlossen sind. In einem großen Hause sah ich „Robin Hood". Eine kleine Enttäuschung. Ein großer Film, pompös, stark im Ausmaß, aber in vieler Beziehung für uns undiskutabel. Ein interessantes Filmwerk, über das noch ausführlich zu • sprechen ist. Die Kinoeintrittspreise liegen viel niedriger als bei uns. Sie sind nicht nur tatsächlich geringer, sondern auch, relativ gesehen, im Verhältnis etwa zu den Preisen, die man im Theater zahlt. Die Produktionskosten sind niedriger. Man verwendet zwar auch mit Vorliebe wie bei uns Bühnenschauspieler, aber der Film ist für diese Darsteller Nebeneinnahmc, bestenfalls gleich große Vc r- dicnstqucllc wie das Schauspiel. Der Stargrößenwahn ist unbekannt. Gunnar Tolnaes sitzt mit noch einem Kollegen in seiner primitiven, be¬ scheidenen Garderobe. Er erscheint ganz selbstvcrständ- Das Bild der Woche