Der Kinematograph (August 1924)

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Nummer 912 t>cr Rinemotogropfj Seile 39 Die drei R's und anderes Von Vera Bern - Basel. F aschisten-Skandal im Kleinformat. Man ging letzte Woche hier in Basel nicht ins Kino „Fata Morgana". Man ging zu „Mussolini". Man sprach von Matteotti und den politischen Ereignissen. Grund: „Die ewige Stadt". Ein in seiner propagandistischen Wirkung beinahe amü¬ santer Film. Auf dem Programm stand: „Der König . . . Er selbst" und „Mussolini ... Er selbst". Es war „aus¬ verkauft" und kam zum Rumme!. Kommunistenjugend pfiff und johlte beim Einmarsch der zwanzigtausend Schwarzhemden in Rom. Echten Schwarzhemden, die Mussolini als Statisten in das Colosseum „befohlen". „Er selbst" greift in die Handlung ein. Läßt sich am Schreib¬ tisch kurbeln. Übrigens ein ausgezeichnetes Bild. Sein energischer Schädel ist eindrucksvoll. Die Titel beinahe schamlos in ihrer Propagandaabsicht. In bezug auf Mussolini: „Italien hatte einen weitsichtigen König. Er erkannte, daß eine Diktatur . und „Selbst Garibaldi hatte nicht solchen . . „Die ewige Stadt" hatte kein ewiges Leben. Nach drei Tagen war sie mit ihren Riesen¬ plakaten aus dem Basler Stadtbild verschwunden. Schade um die wunderbaren landschaftlichen Aufnahmen. Seiten sah ich solche Fülle entzückender Motive: sonnendurch- tränkte Alleen, schattige WinKel, Lauben, Mauervor¬ sprünge, Aquädukte. Was Goethes Ilaliensehnsucht er¬ träumte — der Regisseur hatte es auf die Leinwand ge¬ zaubert. Doch Direktor Rosenthal wollte keinen Skardai in seinem Theater. Rosenthal. Welcher? Es gibt Drei. Die drei R.'s. Rudolf, Richard, Robert. Die Angestellten nennen die Brüder mit dem Vornamen. Demokratie! Und sonst ginge auch alles durcheinander. Der Rudolf hat das Wittlin-Cinema. Sein Theater ist groß, hübsch und elegant. Sein Programm aber muß immer „auf's Volk" abgestimmt sein. Es liegt in Klein- Basel. Der Richard will sein „Fata Morgana" im Frühling um¬ bauen. Vergrößern. Zwei Monate schließen. Er ist der lebhafteste von den Dreien, der Hecht im Karpfenteich. Wenn es einen Vorstoß oder einen Angriff gilt — er ist immer vornweg. Für alles zu haben, was Leben in die Filmbude bringt. Und der dritte. Robert. Er leitet den „Eos-Film-Ver- leih". Hat die Paramount-Filme. Sein „Libre d’Or" kündigt für 1924 25 48 Filmwerke an! Doch nein, eben lese ich aus einem Interview, daß Paramount in diesem Winter hundertundvier Filme herausbringt! Unter den neuen Paramount-Stars ist Pola Negri. Sie soll ihre Augen¬ brauen ausgerissen und sich ganz amerikanisiert haben. Aus der schönen Polin ist ein girl geworden. Im Hause des „Eos“-Film-V erleih bekam ich Inter¬ essantes zu sehen. Robert zeigte mir den „Automatischen Entwickler" in Betrieb. Eine geniale Erfindung. Der ganze Entwicklungsprozeß spielt sich in einem Behälter ab, der die Größe eines kleinen Schränkchens hat. Das Filmband läuft von einer Glasröhre in die andere und kommt völlig trocken wieder zum Vorschein. Ein Mann kann zehn Maschinen bedienen, die nebeneinander stehen und geringsten Platz beanspruchen. Der Erfinder ist ein Dr. Hansen. In einer blauen Holzhackcrjacke töfft er in einem entzückenden resedagrünen Auto durch die Basler Straßen. Es war sein Glück, daß er mit Robert zusam¬ menkam, der als Praktiker und Besitzer einer Kopier¬ anstalt die strengsten Anforderungen an den Apparat stellte und in monatelanger Arbeit die letzten Verbesse¬ rungen und Möglichkeiten aus der Erfindung hcrausholte. Gestern sind die ersten Lizenzen verkauft worden. Noch andere, vollständige Umwälzung bringende kinotechnische Erfindungen sind in der Rheingassc im Ausreiten. Doch ich versprach Diskretion. Letzthin kam noch ein viertes R dazu. Richard Oswald. Ohne Hut. Von Berlin nach Basel ohne Hut. Warum auch nicht? Wenn man so viel im Kopf hat, braucht man nichts auf dem Kopfe zu haben. Es ging um seinen „Carlos'-Film. Ich wollte ihn für die „Basler Nachrichten" interviewen — er aber sprach von seinem Rennstall. Und dafür haben wir einen Sportredakleur. Wir saßen alle zusammen im Stadt-Kasino und sprachen über die amerikanische und französische Produktion. Und über seine eigenen nächsten Pläne. Er möchte Olga Wohl¬ brück verfilmen und verhandelte mit ihr darüber bei den Klängen der Jazzband. Dieser Tage kommt Joe May. Auch Laemmle wird er¬ wartet. Er ist noch „bei Muttern" in Württemberg. Als er das letztema] hier war, versprach er Richard, seinem hiesigen Freunde Rosenthal, ein schönes großes Kino am Brodway als Geschenk, wenn er ihn von seiner . . . Nein, ich darf nichts verraten! Das Sommergeschäft der Kinos hier ist nicht schlecht. Im Cinenu. Alhambra hatte der Mosjoukin-Film „Wem gehört meine Frau“ (Le brasier ardent) größten Erfolg. Mosjoukin ist neben Abel Gance und L'Herbier der Re¬ gisseur, der uns vom ausländischen Filmkitsch erlöst. Er schuf hier ein Filmwerk, das eigentlich so recht für die Leute geschrieben und inszeniert ist, die noch nicht ins Kino gehen. Es läßt sich nicht rubrizieren. Ist es eine Salonkomödie? Eine Parodie? Ein Drama? Eis ist queck¬ silbernes Temperament, es sind seelische Purzelbäume. Konzentrierteste Stimmung, die schon beinahe Symbol wird. Mosjoukin, der kultivierte Russe hat sie uns auf der Leinwand vermittelt. Wenn ich mich recht erinnere, erzählte mir Richard Oswald, der Film wäre in seinem Theater in Berlin durchgcfallen — die ganze Presse hätte So bequem-> sitzen Sie in unserm neuen Klappstuhl Spezial - Modell <—-„Tutftfi“ hergestellt in der größten Spezialfabrik des Kontinents. Verlangen Sie bitte Offerte durch Kino - Sdiudi. Berlin §11 48 Friedrichstr. 31. Dönhoff 5162 63