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Seite 16 Qct KincmatoarapR Nummer 920 dieses „Prae", das wir allen anderen voraushaben, nicht verschleudern, wir dürfen uns nicht verzetteln. Als ge¬ schlossene deutsche Filmindustrie sind wir stark; denn ohne uns ist nichts zu machen. Jeder einzelne von uns kann von einem verhältnismäßig kleinen Ring von Aus¬ ländern ins Schlepptau genommen werden. Die Ausländer werden immer und immer wieder versu.hen — wie seit alters her in der Politik — uns gegeneinander auszuspielen, uns zu zersplittern. Dem muß zunächst vorgebeugt werden. Das ist die allererste Forderung. Und diese kann nur er¬ füllt werden, wenn wir uns selbst klar sind, was zu ge¬ schehen hat. Wir dürfen uns nicht in akademischen Streitereien ver¬ ausgaben! Wir dürfen aber auch nicht versuchen, den zweiten Schritt zu machen, bevor wir den ersten gemacht haben. Ich bin seit 1907 Filmfabrikant. Ic.i habe eile Ent¬ wicklungen, Konjunkturen und Krisen der Filmindustrie persönlich mitgemacht. Ich habe zu den wenigen gehört, die all die Jahre, sogar in der Inflationszeit fortlaufend produziert haben. Ich weiß, daß ich mit all dem Oben¬ gesagten vielen von uns aus dem Herzen spreche. Ich weiß, daß allerseits der beste Wille dazu da ist, endlich einmal etwas zu unternehmen um diese — nun schon bald chro¬ nisch gewordenen Krisenerscheinungen aus unserem Ar¬ beitsfeld zu verbannen. Wir haben aber nach meinem Empfinden nur einen Weg dazu. Einen Weg, den die Thcate'besitze- und Verleiher schon lange eingeschlagen haben. Wir müssen ihn als Gesamtheit gehen. Wir brauchen keine internationalen Kon¬ ferenzen, wir brauchen keine europäi¬ schen Syndikate, bevor wir nicht als erste Grundlage einen allgemeinen deut¬ schen Filmkongress gehabt haben! Ein allgemeiner deutscher Filmkongress in Berlin wird uns die Gelegenheit geben, uns persönlich über all die jetzt akut werdenden Fragen zu äußern. Ein solcher Kongreß gibt uns die Möglichkeit, uns in der Reichshauptstadt, von allen Seiten kommend, zu treffen. Er gibt uns die Möglichkeit, eine große Reihe offizieller Persönlichkeiten, Behörden, Finanziers usw. in den großen öffentlichen Sitzungen mit den Bedürfnissen und Möglich¬ keiten unserer Industrie vertraut zu machen. Er bietet uns die Möglichkeit, uns in geschlossenen Sitzungen rück¬ haltslos unter uns auszusprechen. Er gibt uns die Resonanz der großen reichshauptstädtischen Presse. Er gibt uns alle Grundlagen, um die erste Bedingung für alles weitere zu schaffen: Klarheit und Einigkeit. Wie soll die deutsche Industrie an internationalen Kon¬ ferenztischen sitzen, wenn sie sich nicht zuerst einmal ganz gründlich unter sich ausgesprochen hat?! Wie sollen wir die machtvolle Unterstützung der öffent¬ lichen Meinung ei halten, wenn die Augen der Öffentlichkeit nicht einmal ausgiebigsi auf uns, unsere Bedürfnisse und unsere Möglichkeiten gerichtet werden?! Ein „Berliner Filmkongreß" würde uns das Podium geben, das wir brauchen. Er würde uns hellen, vieles klar¬ zustellen, was heute noch verworren und verschwommen vor uns liegt. Er würde auf diese Weise ein Handeln be¬ deuten, und zwar ein Handeln, das die weitestgehenden und entscheidungsreichsten Wirkungen nach sich ziehen wird! Daher lautet meine Forderung: Vor allem anderen — zunächst Klarheit und Einigkeit durch die baldige Einberufung des „Berliner F i 1 m k o n g r e s s e s“! Glückliche Rückkehr Man hat den „Zehn Geboten" den volksbildnerischen Charakter auch im ersten Teil versagt. Das ist eine Ent¬ scheidung, für die wir noch ein gewisses Verständnis auf- bringen können, weil sich da über manches streiten läßt, und weil wirklich etwas Wahres daran ist, daß wir wenig Interesse daran haben, die biblische Geschichte, die von deutschen Künstlern in Bildern und Worten herrlicher und tiefer geschildert worden ist. in amerikanischer Gestalt, gewissermaßen schuloffiziell oder staatlich konzessioniert, als Vorbild vorzuführen. Unverständlich aber, absolut un¬ verständlich sind uns Auslassungen, die „Horrido" und den Weinfilm der Ufa betreffen. Bei „Horrido“ wird zunächst konstatiert, daß die Natur¬ aufnahmen, die Tierbilder vorbildlich und vorzüglich seien. Man hat an diesem wesentlichen Teil des Bildes so gut wie gar nichts auszusetzen. Dann aber folgt ein Abschnitt über die Spielhandlungen, der von einer derartig klein¬ lichen Auffassung zeugt und aus dem eine so totale Ver¬ kennung von Notwendigkeiten, an das Publikum Kon¬ zessionen zu machen, spricht, daß man dringend wünschen muß. daß baldigst eine andere Zusammensetzung des Be¬ gutachtungs-Ausschusses erfolgt. Die Berliner Zeitungen betonen fast durchweg, daß gerade diese Verbindung der glücklichste Weg sei. den Kulturfilm populär zu machen. Die Ufa hat damals und auch in den anderen Fällen den Bund Deutscher Lehrfilmhersteller mobilisiert, damit er schleunigst für die Errichtung einer Berufungsinstanz sorgt. Das erscheint dringend erforderlich, wenn einem Aubifilm der volksbildnerische Wert abgesprochen wird, weil in einer Szene Sekt getrunken wird, und wenn die Begrün¬ dung dazu lautet, daß der Alkohol als Krönung des Ganzen unerfreulich hervortritt. Tragikomisch an der ganzen Geschichte ist, daß die In¬ dustrie und ihre Organisation diese Begutachtungsstelle erst in den Sattel gehoben hat. und daß damals gewisse Forderungen nicht gestellt worden sind, weil man die Ein¬ sicht gewisser Herrschaften überschätzte. Wenn man das Material, das allein die Ufa in dieser Angelegenheit zur Verfügung stellen kann, durchblättert, denkt man manchmal lebhaft an die Sch.ldbürger und an Don Quijote, nur mit dem einzigen Unterschied daß diese literarischen Produkte geistvolle Erfindungen feinsinniger Dichter sind, die Millionen von Menschen erfreut haben, während die Urteile geistlose Trauerspiele darsteiler, die uns zeigen, daß von der Bochumer Straße, wo die junge filmbegeistertc und verständnisvolle deutsche Lehrerschaft ihren Sitz hat, bis zur Potsdamer Straße, wo der Ausschuß im Zentralinstitut regiert, ein viel, viel längerer Weg ist, als man das nach dem Stadtplan vermuten sollte. Es muß schleunigst dafür gesorgt werden, daß die Ent¬ fernung zwischen diesen beiden geistigen Brennpunkten pädagogischer Filmarbeit auf ein Minimum beschränkt wird, wobei darauf zu achten sein wird, daß sich die Potsdamer der Bochumer Straße nähert. Es ist außer¬ ordentlich bedauerlich, wenn das in aller Öffentlichkeit einmal deutlich ausgesprochen werden muß. Aber wenn jemand, der auf einem zu hohen Stühlchen sitzt, die hilfreiche Hand zum ehrenvollen Abstieg geboten wird, und er schlägt sic aus. dann muß man eben auf andere Weise versuchen, ihn mit beiden Füßen auf den Boden der gegebenen Tatsachen zu bringen. Und mehr will man nämlich nicht.