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Der Kinematograph (November 1924)

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Seite 2-f Rincmotogranfi Nummer 926 Umstellung in Hollywood Von unserem H.-B.-Korrcspondcnlen W as noch vor einem Jahr (ür unmöglich gehalten wurde, scheint doch langsam in die Wege geleitet zu werden: die Umstellung des amerikanischen Manu¬ skriptes. Bisher hatte es genügt, die Geschic ite von dem braven Madel, dem drohenden Bösewicht und dem tri en Liebhaber zum tausendsten Male zu verfilmen, wenn nur das Manuskript ein wenig geändert und in ein wechselndes Milieu verlegt wurde. Da die amerikanischen Filme in technischer Hinsicht die gesamte Weltproduktion schlugen, so konnte cs auch nicht ausbleibcn, daß sich der ameri¬ kanische Film über die Grenzen der „Staaten ‘ hinaus ver¬ breitete, um so mehr die Organisation der amerikani¬ schen Filmindustrie die Bilder billiger als c.ie heimische Fremde hen konnte. Der Tag. an dem die Drch- technik Holly¬ woods auch derswo erreicht wurde. wenn a ich die Mittel verschieden wa¬ ren. kam — und nunmehr galten die amerikani¬ schen Filme nicht mehr als unerreichbare Muster, sondern unterlagen einer sehr herben Kri¬ tik. die an der Gleichförmigkeit der Fabel An¬ stoß nahm. Es begann aber auch, da man die Vorteile der Weltpro¬ duktion an den Kassenrapporten gemerkt hatte, das Ausland eine Rolle in der Kalkulation zu spielen. Zumeist war sie nicht einschneidend — nur bei ganz großen Filmen wurde bereits mit der Verwer¬ tung im Ausland gerechnet —, sondern wurde nur als allgemeine Beigabe empfunden. In der neuesten Zeit scheint aber, bei der Überfüllung des amerikanischen Marktes mit Filmen eine Abwanderung ins Ausland, ja eine Produktion eigens für Europa geplant zu sein. Jeden¬ falls deuten einige Anzeichen darauf hin. Den Amerikanern ist nicht unbekannt geblieben, daß sie den Haupterfolg im Ausland der technischen Seite ihrer Manuskripte verdanken. Der Techniker der Famous- Players. um nur von dieser bedeutendsten Firma zu sprechen, ist der Aviatiker Pomeroy. Er leitet seit Jahren die Trickaufnahmen für diese Gesellschaft und wurde auch von Cecil B. de Mille für die Aufnahme der Wasserszenen in den „Zehn Geboten“ herangezogen. Die Szenen haben 25 000 Dollar gekostet. Jetzt ist ihm von der Famous- Players ein eigenes Atelier für seine Experimente gebaut worden. Denn wie es scheint, wird in Zukunft der Trick eine noch größere Rolle in der Kinematographie spielen als bisher. Der Erfolg des „Diebes von Bagdad” hat |a auch die obengenannte Firma bewogen, die Verfilmung des Mär- chenspieles „Peter Pan" zu wagen, Jas über sämtliche Büh¬ nen der Staaten mit beispiellosem Beifall ging. Die Film- rechte schlummerten seit langem in den Bureaus der Famous-Players, aber wie alle großen Firmen wagten sie sich erst daran, nachdem das Genre von einem mutigen Künstler wie Douglas Fairbanks dem Publikum mund¬ gerecht gemacht worden war Als die amerikanische Filmindustrie sich zu konsoli¬ dieren begann und in Hollywood dramatische Bureaus ein¬ gerichtet wurden, war es sehr naheliegend, die Belletristik der atlantischen Magazine zu verfilmen Die Dramaturgie ist ja bei allem der Regie in Hollywood nachgesetzt wor¬ den; sic kam ihr niemals auch nur nahe- eine auch in europäischen Ländern nicht fremdeTatsache. obgleich auch der genialste Re¬ gisseur ohne ein gleichwertiges Manuskript in seiner Arbeit be hindert war. Die riesenhafte Auf läge der perio disch in den Staaten erschei¬ nenden Publika¬ tionen machte ihre filmische Be¬ nutzung beson¬ ders wertvoll. Fs stellte sich her¬ aus. daß eine einer Zeit senrift, einem Magazin, erschienene Arbeit bedeutend mehr Zuschauer anlocktc, als ein Film, der frei erfunden worden war Deshalb ging der Ehrgeiz des Filmfabrikanten eine Zeit lang darauf aus, die Filmrechte einer Magazinnoveile so¬ fort nach dem Erscheinen zu erwerben oder ein populäres Theaterstück, wie Overthe hill („Mutter") in filmische Akzente zu bringen. Dabei stellte sich auf die Dauer heraus, daß sich die Magazinnovellen so ähnelten wie ein faules Ei dem anderen. Bereits seit Jahren begannen die einflußreichen Firmen, ihr Augenmerk auf Europa zu richten und die belletristische und dramatische Produktion nach geeignetem Filmstoff zu durchwühlen. Bei alledem übersah man nur, daß jedes europäische Stück die Dramaturgie Hollywoods zu passieren hatte. Es berührt nicht fremd, wenn man berichtet, daß viele amü¬ sante Vorwürfe in der Mühle der amerikanischen Dra¬ maturgie zugrunde gingen. Ein Fehler wäre es, wollte man behaupten, daß den Hollywooder Dramaturgen (zumeist sind es übrigens Dramaturginnen) keine Kenntnis des Filmes eignete. Sie kennen die Gesetze, nach denen ein Film bewegt wird, nur zu gut. Aber ihre Einstellung ist in den meisten Fällen typisch amerikanisch.