Der Kinematograph (April 1925)

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Nummer 946 Seite 18 liert werden müssen, macht man sich in Europa überhaupt keine Vorstellung. Die Filmfabriken haben also das aller¬ größte Interesse daran, daß ihre mit vielen Dollars ein¬ geführten Stars nicht „abgebaut“ werde 1 Deshalb ist ihnen augenblicklich kein anderer Zweck heilig, als die Popu¬ larität ihrer Stars zu erhalten. Und die Reklamemaschine rasselt Tag und Nacht. Hiervon sind nicht allein die kleinen Götter betroffen, selbst die Häupter der Filmgottheiten zittern davor, vom Publikum als überaltert zum alten Eisen geworfen zu wer¬ den. Chaplin, das läßt sich nicht leugnen, gilt nur noch in Europa für einen Halbgott. Er ist in Amerika unpopu¬ lär, und seine krampfhaften Anstrengungen, wieder zum Liebling des Parketts zu werden, dürften wenig nützen. Das Filmpublikum ist grausam. Es kennt keine Popu¬ larität von langer Dauer. Auch in Amerika lebt ein Star in der Regel nur fünf, wenn es hoch kommt, zehn Jahre (dieselbe Erscheinung haben wir auch in Deutschland zu verzeichnen. Die Red.). Aber die großen Stars nähern sich der letzten Grenze, wenn sie sie nicht bereits über¬ schritten haben. Mary Pickford, das Sweelbcart Ameri¬ kas, befindet sich — wie ihr Gatte Douglas Fairbanks — auf dem Abstieg. Betty Bronson, die Siebzehnjährige, hat sie verdrängt — und mit siebzehnjähriger Jugend kann Mary eben doch nicht mehr in Wettbewerb treten. Jackie Coogan gleitet langsam von seiner Höhe. Er hat ein paar seiner Milchzähne verloren und muß deshalb hinter dem noch jüngeren Ben Alexander zurücktreten. Wer sich, wie Pauline Frederick, in die Charakterrolle retten konnte, hat natürlich längere Lebensdauer, aber er schei¬ det damit aus der ersten Klasse der Stars aus. Die Struktur des amerikanischen Lebens erfordert im¬ merwährende Blutauffrischung, was schließlich bei einem Lande, dessen Bevölkerung sich vorzugsweise durch Ein¬ wanderung vermehrt, nicht sehr verwundert, ln einem solchen Kulturkreise siegt stets die Jugend, während das Alter eine sentimentale Verhätschelung empfängt. Aber für die mittleren Jahre ist kein Platz. Deshalb will der amerikanische Zuschauer auf der Leinwand stets junge Menschen sehen, die ihm zum mindesten die Illusion der ewigen Jugend verschaffen. Mögen die Methoden, mit denen sich die Filmstars jung zu halten suchen, von noch so gutem Erfolge begleitet sein, einmal müssen sie doch versagen, sogar den Neid des Zuschauers herausfordern, der sich selbst altern fühlt und den Star in einer jugend¬ lichen Haltung sieht, die er beim Beginn der Filmlaufbahn auch besaß. Dann aber wird das Publikum grausam und fordert wirkliche Jugend Der alte Liebling aber wird schnell vergessen. Der neue Filmpresseverband Am letzten Montag ist im Sitzungszimmer des Scherl¬ hauses der neue Filmpresseverband begründet worden, dem sofort sämtliche Berliner Fachzeitungen mit ihren leitenden Redakteuren und Mitarbeitern sowie eine Reihe von leitenden Filmredakteuren der Tagespresse beitraten. Eine Reihe von in Frage kommenden Persönlichkeiten hatte, wie das bei solchen Gründungen geht, versehentlich keine Einladung erhalten und wird jetzt zum Beitritt auf¬ gefordert werden. Es handelt sich bei der neuen Gründung um einen Zu¬ sammenschluß der Filmjournalisten im engeren Sinne, also um diejenigen Kollegen, die sich nicht nur als Kritiker mit den fertigen Filmen beschäftigen, sondern die auch wirtschaftspolitisch, technisch oder künstlerisch regelmäßig in umfassender Weise zum Film Stellung nehmen. Für diejenigen Schriftsteller und Redakteure, die nur rein kritisch tätig sind, besteht ja bereits ein Filmkritiker¬ verband, eine Interessengemeinschaft. Die neue Organisation wird versuchen, in allen gemein¬ samen F-agen ein Zusammengehen herbeizuführen. Im übrigen .st für den neuen Filmpresseverband die Durch¬ führung seiner Beschlüsse dadurch gewährleistet, daß die Die Krebskrankheit Die vom Münchener Stadtrat immer noch aufrechterhal¬ tene lokalpatriotische Zensurkommission zur Zubilligung eventueller Lustbarkeitssteuerermäßigungen bei Kulturfil¬ men hat ein neues Schildbürgerstückchen geliefert. Zwei neuen, nur Aufklärungszwecken dienenden Kulturfilmen der Emelka „Die Krebskrankheit" und „Quellwasser der Großstadt" wurde nur die Hälfte der zulässigen Ermäßi¬ gung zugestanden, da sie zu SO Prozent Lustbarkeits- elemcnte enthielten. Diese beiden neuesten Bilder der Eku enthalten näm¬ lich nicht nur stumpfsinnige statistische Tabellen, sondern haben, den Erfahrungen der Kinos wie der modernen Pädagogik folgend, den wissenschaftlichen Stoff in eine Form gebracht, die auf den Beschauer Eindrücke hinter¬ läßt, die er nicht sofort wieder vergißt, und die darum leitenden Redakteure der maßgebenden Blätter der Fach- und Tagespressc in ihm vertreten sind. Der erste Vorstand setzt sich aus folgenden Herren zu¬ sammen: Vorsitzender Alfred Rosenthi.1 (Aros), Scherlver¬ lag, Dr. Mendel, Lichtbild-Bühne, Ullstein. Dr. Thcile, Film, Dr. Beissel, Reichsfilmblatt, Jäger, Film-Kurier. Die Mitteilungen des Verbandes werden in einer beson¬ deren Rubrik in den Fachzeitungen erscheinen und je nach Bedarf und Inhalt auch in der Tagespresse bekannt¬ gegeben. In der ersten Sitzung lag bereits eine Reihe von Be¬ schwerden vor. die zum Teil gemeinsam mit der Spitzenor¬ ganisation geklärt werden sollten, insbesondere wurde der Beschluß gefaßt, daß sogenanntePressevorstellungen nur an den Tagen Montag, Dienstag, Mittwoch besucht werden sollen, und auch nur dann, wenn sie spätestens nach¬ mittags einhalb vier Uhr beginnen. An Sonn- und Feier¬ tagen sollen Vorstellungen in Zukunft überhaupt nicht besucht werden, auch nicht an Vormittagen. Über eine Reihe von anderen Punkten werden die ersten offiziellen Mitteilungen des Verbandes in der nächsten Woche Aus¬ kunft geben. Anfragen sind entweder an den Vorsitzen¬ den oder an den Schriftführer Dr. Theile zu richten. eine Lustbarkeit die eigentlichen Zwecke eines Kulturfilms weit besser erfüllt als die Form, der diese hochweise Kommission vielleicht die volle Ermäßigung zugestanden hätte. Aber jede Fortschrittsbestrebung auf diesem Gebiete wird fast unmöglich gemacht, wenn die schaffenden Firmen gegen solche rückständigen Auffassungen nicht dadurch im ganzen Reichsgebiet geschützt werden, daß die Anerken¬ nungen volksbildnerischen Wertes seitens der Bildstellen für in steuerlicher Hinsicht verbindlich erklärt werden. Der Krebsfilm führt in seinem ersten Teil in das Wesen der Krankheit ein und ihre Entstehung. Im zweiten Teil wird die Diagnostik und im dritten die Therapie behandelt. Die Tendenz ist: Krebs ist heilbar, wenn die Krankheit rechtzeitig erkannt und sachgemäß ärztlich behandelt wird. Wahrscheinlich betrachtet man dies als Lustbarkeit!