Der Kinematograph (September 1925)

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Seite 24 I) A S Fabrikat: R. C. Export Corp., New York Manuskript : H. Lonng u.L. D.Ligbton Rincmotogrop!) W I EG E N Regie: Chester Bennet Hauptrolle: Jane Novak Länge: 2141 Meter (7 Akte) Nummer %8 L I E I)_ Vertrieb: Trianon-Film-Verleih Uraufführung: Colosseum, Schönhauser Allee ieser Film, der von Hope Loring und Louis D. Lighton nach einer Erzählung von Lilian Ducey bearbeitet ist und im Untertitel „Die Tragödie einer Mutter“ heißt, ist im Manuskript und Aufbau ein echter Amerikaner. Es wird weniger Wert auf Logik als auf starke Effekte gelegt. Eine Mutter in den Mittelpunkt der Handlung zu stellen, ist ja „drüben“ sehr beliebt Die Sentimentalität, die ja bei einer solchen Stoffwahl immer in reichem Maße vorhanden ist, ver¬ fehlt ja fast nie ihren Zweck, auf empfindsame Ge¬ müter zu wirken. Antonio Polito, ein junger Italiener, ist, durch seinen in New York lebenden Freund Pietro ver¬ anlaßt, über das große Wasser ge¬ kommen, um in Amerika für sich und seine hübsche, frische Frau den Lebensunterhalt zu verdienen. Antonio hatteeinst geträumt, als berühmter Gei¬ ger Gold und Ruhm zu ernten. AberPie- tro, sein Freund,hat¬ te ihm vorgestellt, daß er als Arbeiter sicheres Brot für sich uhd seine Frau haben werde. — Zunächst geht alles gut. Felipa, die aus einem kleinen ita¬ lienischen Dorfe stimmt, hat sich gut eingewöhnt. Pietro, der Freund Antonios, der bei dem jungen Paare zur Miete wohnt, stellt der hübschen Felipa nach. Sie weist ihn entrüstet ab und legt Angelo nahe, daß es doch besser wäre, wenn sie ihre Wohnung für sich hätten, zu¬ mal sie ohnehin bald zu — dreien sein würden. Der überglück¬ liche Angelo beruhigt sie und spielt der künftigen Mutter das Wiegenlied, das ihm einst seine Mutter sang. Aber j&h und kraß wird das junge Glück zerstört. Angelo überrascht seinen Freund Pietro, als dieser zu Felipa sehr zudringlich wird. Er stürzt sich auf Pietro, ein furcht¬ barer Kampf entspin.nt sich, es gelingt %|\ngelo, Pietro den Re¬ volver zu entreißen und den falschen Freund niederzuschießen Den herbeieilenden Polizisten erklärt der sterbende Pietro, Angelo und seine Frau hätten ihn überfallen, um ihm seine Er¬ sparnisse zu rauben. Das Zeugnis des Toten ist wider die beiden Unglücklichen. Der Richter Marvin verurteilt Angelo zum Tode und Felipa zu zwanzigjähriger Gefängnisstrafe. — Im Gefängnis gibt Felipa einem Kinde das Leben. Angela wächst hinter Gefängnis¬ mauern heran. Richter Marvin, der inzwischen Direktor der staatlichen Gefängnisse geworden ist, sieht auf einem In¬ spektionsgange das Kind. Da nach dem Gesetz Kinder nur bis zum dritten Jahre bei der Mutter im Gefängnis bleiben dürfen, wird der armen Frau das Kind weggenommen und ins Waisenhaus gesteckt. An einem Weihnachtsabend läßt Marvin das Kind holen, um seiner Frau, deren Schmerz um ihr früh verlorenes Kind un¬ gestillt ist, eine Freude zu bereiten. Die Frau gewinnt das Kind so lieb, daß sie es bei sich behält und ihren Mann ver¬ anlaßt, es zu adoptieren. Zwanzig Jahre sind vergangen. Angela ist zu einem blühen¬ den Mädchen herangewachsen. Ein braver, junger Mann be¬ wirbt sich um sie, am Tage ihrer Einführung in die Gesell¬ schaft soll die Verlobung stattfinden. Und just an diesem Tage wird die an Leib und Seele ge¬ brochene Felipa, Angelas Mutter, aus dem Gefängnis entlassen. Sie eilt in das Waisenhaus, um zu hören, wo ihre Tochter ist. Die Vorsteherin des Waisenhauses er¬ klärt ihr, daß An¬ gela von f~emden Leuten acoptiert worden sei und daß ihr Aufenthalt nicht angegeben werden dürfe. Mit Gewalt setz* sich die ver- zwe feite Felipa in den Besitz des Re- gisterbiattes, aas ihr den Aufenthalt ihrer Tochter verrät. Der von derW aisenhaus- vorsteherin tele¬ phonisch benach¬ richtigte Marvin gibt strengen Be»ehl, daß kein Fremder ein¬ gelassen werde. Es gelingt aber Felipa doch, bei ihm cin- zudringen. Marvin stellt ihr vor, daß sie im Begr ff sei, das Leben ihrer Tochter zu zerstören. Hinter einem Türvorhang verborgen, sieht Felipa ihre Tochter, hört, wie diese ihrem Pflegevater Bedenken äußert, dem geliebten Mann die Hand fürs Leben zu reichen, weil die Erinnerung an die Tage frühester Kindheit, Erinnerungen an hohe Mauern und eiserne Gitter sie bedrücken. Als Angola das Zimmer verlassen hat, will Marvin nach der verborgenen Felipa sehen. Diese aber hat sich, um das Glück ihrer Tocnter nicht zu zertrümmern, still entfernt. Im Garten bricht sie ohnmächtig zusammen und wird von Angela gefunden. Ins Haus gebracht, bittet Felipa Marvin, ihrer Tochter nichts zu verraten. Von dieser Entsagung bezwungen, enthüllt aber Marvin Angela und ihrem Verlobten das dunkle Geheimnis. Und Felipa soll bei ihrem Kinde bleiben, um vielleicht eines Tages glücklich wieder jenes kleine Wiegenlied zu singen. Ein Stoff, der Tränen fließen macht. Die Wirkung ist stark, obgleich vieles einer schärferen Nachprüfung nicht standhält. So die Gerichtsverhandlung mit Todesstrafe und zwanzigjährigem Gefängnis vor einem Einzelrichter. Die Adoptierung des Kindes ohne Zustimmung der Mutter. Aber das Ganze ist von Chester Bennet, dem Regisseur, geschickt angepackt und in wirkungsvollen Kontrasten aufgebaut. Die Stilisierung der Titel ist nicht immer einwandfrei. Jane Novak spielt de Doppelrolle der unglücklichen Felipa und ihrer lugendstrahlenden Tochter sehr eindrucksvoll. Packend, wie sie als sorglose Angela in Gesellschaft lacht und scherzt, während sie zu gleicher Zeit als arme zerbrochene Felipa mit leerem Blick das Gefängnis verläßt. Trotz der großen Dosis Sentimentalität — oder gerade ihret¬ wegen — wird der Film dem Publikum sehr gefallen.