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Seite 10 Rinemotogropf) Nunmer SQO Weshalb versagten so viele Filme, die in dieser Saison eingesetzt wurden? Aus keinem anderen Grunde als dem. weil die Themen und ihre Ausführung dem Zeit¬ sinn nicht entsprachen Jede Zeit hat and* re Dinge, die ihr wichtig sind, es geht deshalb nicht an, ihr Dinge vor¬ zusetzen, die sie inzwischen überwunden hat. Aus der populären Literatur vom letzten Menschenalter ist des¬ halb kaum etwas übriggeblieben, was «:ui Verfilmung reizen könnte, es sei denn, es werde aus dem Verlauf eine andere Handlung herausgeschält. Falk ind Liebmann haben aus dem ..WaJzertraum“. dem erfolgreichsten Film unserer Tage etwas anderes gemacht als d.e Librettisten der Operette. Bei Oskar Wilde geht es in „Lady Winder- meres Fächer*' eigentlich darum, ob Mrs. Eilynne bei der Lady empfangen wird oder nicht. Lubitsch machte daraus die Tragikomödie einer Mutter, die ihr verfehltes Leben verbergen muß und von der Tochter für tot gehal¬ ten wird Alle |ene Konflikte, die sich aus Standes- und Kangunterschieden entwickeln, sind nicht mehr im Sinne unserer Zeit. Der Abenteuer- und der historische Film sind nicht in ihren romantischen Ausmaßen, aus dem Gefühl einer ver- Die Kreditfrage in VV/ie in allen Industrien spielt auch in erster Linie in der Filmindustrie die Geldfrage eine ausschlag¬ gebende Rolle. Der Kampfruf ,,Amerika in Front" hat eine seltsame Rückwirkung auf die deutsche Film Produktion gehabt, einerseits hat ein Wettrennen nach amerikani¬ schen Krediten begonnen — man kann im Augenblick noch nicht absehen. welche Auswirkung diese geldlichen deitsch-amerikanischen Filmbeziehungen noch haben wer* der —, andererseits aber ist man bestrebt, eine neue Linie in der deutschen Filmproduktion festzulegen, um. wie man sich ausdrückt, kampfgerüstet zu sein. Schon aber ist auch gleich wieder die alte Streitfrage, ob Quantitäts- oder Qualitätsfilme, zur Aufroliung gebracht woiden. Selbstverständlich spielt bei der Diskussion über diese Frage das Kontingent eine große Rolle. Wir wollen aber absichtlich die gesamte Kontingentsfrage nicht in die Debatte ziehen, denn sie wird erst zu erörtern sein, wenn das gesamte Ausmaß der deutsch-amerikanischen Filmbeziehungen sich übersehen läßt Es heißt dies nicht eine Gelegenheitspolitik treiben, sondern :m Gegenteil, es bedeutet Politik auf lange Sicht, ln dem Brennpunkt der Erörterungen, welcher Art die neue deutsche Flim- produktion sein wird, steht die Geldfrage. Angesichts der günstigen Börsentendenz und der Tat¬ sache. daß ein drängendes Geldangebot besteht, wird im¬ mer wieder das Thema erörtert, warum ist Geld für Film¬ zwecke nur unter außerordentlichen Schwierigkeiten und zu sehr scharfen Bedingungen zu haben? Wenn man mit den führenden Persönlichkeiten der Bankwelt Rück¬ sprache nimmt, und auf die Filmfinanzierung zu sprechen kommt, begegnet man immer einem skeptischen Achsel¬ zucken und einem etwas verächtlichen Spiel der Mund¬ winkel. Man glaubt, und cs ist dies ia auch nicht zu be¬ streiten, daß das Filmgeschäft ein Geschäft ist, das sich erst nach sehr langer Zeit rentiert und in dessen Ge¬ winnprämie immer eine ziemlich bedeutende Risiko¬ prämie einkalkuliert werden muß. Vor allem ist es die immerhin vorhandene Ungewißheit des Filmgeschäftes, die die Geldgeber stutzig werden läßt, und angesichts der Unübersichtlichkeit der Börsentendenzen der kommenden Monate besteht nicht der Wagemut. Geld auf lange Zeit zu investieren. Die zweite Schwierigkeit ist die Frage nach den Schwierigkeiten. sunkenen Epoche zu entwickeln, sondern aus dem Anek¬ dotischen, worin allein eines der wenigen ewigen Gefühle (wie Liebe, Haß, Ehrgeiz usw ) liegt, die zu jeder Gene¬ ration sprechen. Da alle Welt das Wirtschaftsproblem, also das Geld, in den Mittelpunkt des Interesses stellt, so ist nichts natürlicher, als daß sich die Filmhandlung der dankbaren Aufgabe bemächtigen sollte, die zahllosen Konflikte zu realisieren, die sich aus dem Zusammenstoß der Gefühlswelt und der wirtsc laftlichen Tatsachen er¬ geben. Aber für den Film ist das Geld nahezu unentdeckt. Es wird nur immer und immer wieder gezeigt, wie es ausgegeben, aber niemals, wie es verdient wird. Das Publikum ist nicht mehr so leichtgläubig, daß es an un¬ erschöpfliche Geldquellen glaubt, es beginnt, aufmerksam zu werden, nachzurechnen und skeptisch zu werden, wenn es seine eigenen Wirtschaltsnöte dagegenhält. Hiermit soll nicht einer Grau-in-Grau-Malerei der Film¬ industrie das Wort geredet werden — nichts wäre falscher, als nunmehr in das Extrem zu verfallen Die Mittellinie einzuhalten, wird gerade die Aufgabe der Dramaturgie von morgen sein der Filmindusirie Es wird nur den wenigsten Firmen möglich sein, aus reichende bankmäßige Sicherheiten zu geben. Die große Mehrzahl der mittleren und kleineren Filmproduktions- firmen haben kaum jemals die Möglichkeit, auch nur an¬ nähernd für die Kredite einwandfreie Deckungen zc be¬ schaffen. hier ist die Geldfrage auch stets eine Ver- tiauensfrage. Gewöhnlich sind aber die Kapitalisten¬ kreise außerordentlich filmfremd, zugleich auch gewarnt durch eine Reihe von unerquicklichen Altären in der Filmindustrie und darum nicht geneigt, lediglich in einer Vcrtrauensangelegenheiten Kapitalien im hilm zu in¬ vestieren. So ist die Geldfrage gerade für die noch bestehenden mittleren Filmbetriebe eine brennende ge¬ worden. Früher haben sie gewöhnlich die erste Hilfe von den großen Verleihfirmen erhalten, da jedoch in dem Wechsel- portefeuille der Verleiher sich immer mehr Theater¬ besitzerwechsel arhäufen und die Frage nach den flüssi¬ gen Betriebsmitteln auch hier eine sehr bedeutsame ge¬ worden ist, sind auch die Verleiher selten in der Lage, durch Hergabe von Krediten zur Filmfabrikation beizu¬ tragen. Infolge dieser schwierigen Geld- und Kieditfragen sind die Gründungen der Filmtheaterbesitzer, wie insbe¬ sondere das Filmsyndikat, zu verstehen. Man will eigene Wege gehen, sich unabhängig machen und durch eigen. Geldmittel selbst Filmfabrikation treiben. Es erscheint selbst inmitten der allgemeinen Gcld- flüssigkeit von dieser Seite her ausgeschlossen, die Geld¬ frage in der Filmindustrie zu lösen. Der allgemeine Wettiauf um Anschluß an Filmamerika und das Ein¬ dringen amerikanischen Filmkapitals in die deutsche Filmindustrie hat überrascht und befremdet. Man ist mißtrauisch geworden, glaubt zwar an die sichere Zu¬ kunft der deutschen Filmindustrie, aber will hierfür sichere Unterlagen in der Hand haben. Man glaubt, daß die Filmfirmen sich noch inmitten der Reinigungskrise be¬ finden und will erst noch diese von innen heraus vor sich gehende wirtschaftliche Auslese abwarten, ehe man sich dazu versteht, Kapitalien neu zu investieren. Es heißt also zunächst Ordnung in den eigenen Reihen zu schaffen, und dann sind auch Mittel und Wege nicht allzu schwer zu finden, die zur Lösung der Geld- und Kredit¬ frage führen.