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Nummer 1082 Äincmofoflcapli Seite II Von Lud er deutsche Lehr- und Kulturfilm gibt S.O.S.-Signalc. Die reine Schulfilmproduktion ist mangels irgend¬ welcher Rentabilitätsmöglichkeit bereits eingestellt. Die Kulturfilmerzeugung für das Theater muß über kurz oder mg das gleiche Schicksal haben, wenn nicht irgendwie n Wunder geschieht, von irgendwoher Hilfe kommt. Diese katastrophale Zuspitzung - r Situation muß leider in einem Augenblick konstatiert «erden, wo Italiener und Fran¬ zosen im Begriffe sind, durch Gründung von internationalen Kulturfilmausschüssen und -in- 'tituten sich an die Spitze der internationalen Kulturfilmbcstre- hungen zu setzen. Als eine wei¬ tere Verschärfung de; Lage muß Hie Tatsache angesehen werden, daß, wie die Leser wissen, im Augenblick in Genf über die Aulhebung aller Einfuhrbc- v liränkungcn und damit auch s bestehenden Filmkontingents rhandelt wird. Bekanntlich ist die ganze ätsche Filmindustrie über die >twendigkeit und Unentbehr- hkeit dieses Filmkontingcntes nig. Nur daß ein Teil sogar ie weitere Erschwerung befür¬ wortet. Ebenso ist man aber. uf den heutigen Tag. dar- uner einig gewesen, daß ein be¬ sonderer Schutz gerade dem deutschen Lehr- und Kulturfilm zu gewähren sei, eben in Er¬ kenntnis der geschilderten kri- lischcn Situation, in die er durch Zeiten und Umstände ge¬ kommen. In diesem zwiefach kritischen Augenblick nun erhebt eine große Berliner Tageszeitung Plötzlich die Forderung, das Kontingent für den Lehr- und Kulturfilm, das nichts anderes . Du v .».. bedeute als eine „Aussperrung Phot. f.rn der Bildung", müsse überhaupt. und zwar freiwillig und mit sofortiger Wirkung, aufge¬ hoben werden. Seit Einführung des Kontingents war für den Spielfilm e, he „Kompensation" von 1:1, für den Kulturfilm eine *olthe von 2 : 1 vorgesehen, d. h. während für jeden eutschen Spielfilm der Verleiher das Recht erhält, einen geich langen ausländischen Spielfilm cinzuführen. muß *| r jeden ausländischen, nach Deutschland eingeführten ulturfiln- die doppelte Meterzahl inländischen Kultur- 1 Ws nachgewiesen werden. Das genannte Berliner Blatt chauptet nun, wenn für die Einfuhrregelung beim Spiel- * "!< m ' t ^ Cv -'Kt wirtschaftspolitische Gesichtspunkte gel- end gemacht und anerkannt worden seien, so müßte die n fielegenheit ^ cs Kulturfilms „von dem höheren Stand- Pu, V‘f kulturpolitischer Interessen" behandelt werden. ••Nicht die privatwirtschaftlichen Wünsche der deut¬ le en Kehrfilmhersteller auf größtmöglichen Protekiionis- Us . sondern allein der Gesichtspunkt der allgemeinen Volksbildung darf ausschlaggebend sein. Wir können unsere Kinos dem ausländischen Bildungsgut gar nichL weit genug öffnen.” Gerade die Erfahrungen mit auslän¬ dischen Kulturfilmen vom Range des „Nanuk . des ..Mount Everest-Films" und des „Chang"-Films zeigten, wie hungrig unser Publikum nach derartigen Bildern sei und wie „kulturpolitisch absurd — der jetzige Zustand sei , Ich finde, daß schon die Auf Stellung solcher Forderung nicht j anders als ein „Dolchstoß in den Rücken" des deutschen ( Lehr- und Kulturfilms bezeich¬ net werden kann, daß nicht der j jetzige Zustand, sondern die j Forderung jenes Blattes „ah- | s-urd" ist. ja. daß diese Fordi ■ rung überhaupt nur zu ver- • s.ehen ist als ein Beweis für die I völlige Unkenntnis der Tat- ; Sachen und Verhältnisse. Auch dem Außenseiter muß min¬ destens der eine logische Schnitzer auffallen, daß die Zei¬ tung gegen die „Aussperrung j ausländischer Kulturfilme eifert und zum Beweise Filme hcran- ! zieht, die eben nicht ausgesperrt waren und sind und niemals ausgesperrt werden sollten und | konnten. Wahrheitsgemäß muß aber darüber hinaus fcstgcstellt wer¬ den. daß tatsächlich alles, was an ähnlich wertvollen Kulturfil¬ men im Ausland erschienen ist und erscheint, ohne weiteres nach Deutschland hat cingcführt und in Deutschland hat gezeigt werden können, während umge¬ kehrt gleich wertvolle deutsche Bilder, von einigen besonderen Ausnahmen abgesehen, draußen genau so schwer haben unterge¬ bracht werden können wie Jcdig« A (Pbo»boi-P^.»i| selbst Gipfelleistungen des Sotioatt deutschen Spielfilms. Der Verfasser des Artikels irrt sich aber auch in einem anderen sehr wichtigen Punkte Es handelt sich nämlich bei der ganzen Frage des I-chr- und Kulturfilmkontingcnts nicht um privatwirtschaftlichc Wünsche und Interessen der deutschen Lehrfilmhcrstcllcr. sondern, wie ich ja schon eingangs angedeutet habe, um das Leben und Sterben des gerade auch vom Ausland her gefährlich bedrohten deutschen Kulturfilms überhaupt Solange in Deutschland die Beschaffung von Schul- und Bildungsfilmen lediglich der privaten Initiative und der privaten Industrie überlassen ist, darf man (oder dürfte man) ihr nicht die Möglichkeit nehmen, ihre Pro¬ duktion rentabel zu gestalten, mit einem Wort, wirt¬ schaftlich zu arbeiten. Solange die Lehr- und Kultur¬ filmherstellung nicht (ich bitte nicht vom Stuhl zu fallen!) verstaatlicht ist, müssen genau wie beim Spielfilm (und wie in jeder anderen Industrie) auch „wirtschaftspoii- tische" Gesichtspunkte, neben den kulturpolitischen, be¬ rücksichtigt werden.