Der Kinematograph (February 1928)

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Seite 10 Nummer 1094 London begehen hätte, um Chaplin, der momentan in England weilt, dazu zu bringen, der Uraufführung seines \X erkes in Wien beizuwohnen. Außerdem wurden noch Notizen lanciert, in denen erzählt wurde, daß eine Berliner Firma eine Million Mark geboten hätte, um die Europa- Uraufführung des Chaplin-Films für ihr Theater zu sichen Vergebens' Chaplin kaprizierte sich durchaus auf Wien' Wenn das nicht wahr ist. so ist es wenigstens gut erfunden' In den letzten Tagen wurde hier die erfreuliche Mittei¬ lung bekannt, daß es Herrn Generaldirektor Leo Mandl gelungen sei. die künftige Produktion der „Sascha" sicher¬ zustellen. Auf Grund der Vorbesprechungen, die Herr Generaldirektor Mandl in Berlin pflog und nach den in der letzten Verwaltungsratssitzung gefaßten Beschlüssen, wird die Sascha bereits am 20. Februar die Erzeugung wieder aufnehmen. Von unserem Budapest ic die Filmfabrikation unterstützt werden soll, das be¬ weist auch der Fall der Contincntal-Ro lfilmfabrik. Diese wurde vor Jahren mit großen Investierungen in Bu¬ dapest errichtet, kam aber infolge der schlechten wirtschaft¬ lichen Verhältnisse nicht dazu, eine ausgiebige Tätigkeit zu entfalten. Nunmehr glaubte man. trotzdem die Verhältnisse noch immer sehr schlecht sind, den Zeitpunkt für ge¬ kommen. etwas auch für dieses Unternehmen tun zu sollen, und so wurde denn in das Handelsministerium eine Beratung einberufen, die sich nur mit diesem Thema be¬ faßte, und es wurde beschlossen, der Regierung den V or¬ schlag zu unterbreiten, diese möge im Interesse der heimi¬ schen Produktion den Einfuhrzoll auf Positivrohfilm von 100 auf 400 Goldkronen erhöhen. Man disponiert in dem ver¬ armten Rumpfungarn überhaupt mit Geldern aut ganz * igenartige Weise. Wenn ein Filmfabrikant einen Film hier ir. diesem Lande herstellt, den die Zensur genehmigt, so wird er versuchen, ihn auch nach dem Auslande zu ex¬ portieren. Die Finanzverwaltung verlangt aber den Be¬ weis. daß der Film zur Ausfuhr zensiert sei. Dazu genügt die inlandszensurkarte jedoch nicht, es muß vielmehr jede zur Versendung ins Ausland bestimmte Kopie ir.it der Motivierung nochmal zensiert werden, die Kopie könne ganz anders beschaffen sein als das Original oder die schon vorher zum Auslandsversand gelangten Positiv¬ abzüge. ln Wirklichkeit aber bezweckt diese Vorschrift nur Sondercinnahmcn. die den Export unberechtigt und nicht unempfindlich verteuern. In Ungarn gibt es nur konzessionierte Kinobesitzer, und nur solche können Mitglied des Verbandes sein. Aufsehen erregt nun ein Prozeß wegen unbezahlter Filmmictcn. wobei cs sich heiausstellte. daß der Schuldner ohne Konzession Vorführung veranstaltete, als Mitglied des Verbandes von den Verleihern auf Kredit bedient wurde und die ihm zu¬ gehenden Filme, ohne deren Miete zu begleichen, noch ge heim pendelte. Der Schuldner natte in der Provinz, als der Prozeß begann, schleunigst um eine Konzession nachge¬ sucht, aber auch der Behörden Mühlen mahlen langsam, das Gesuch fand noch keine Erledigung, und man gibt sich der Hoffnung hin. daß es nun nach dem Bekanntwerden der Geschehnisse abwcislich beschießen werden dürfte. Zugleich verlautbart der Verband der Theaterbesitzer eine Liste seiner Mitglieder, in der dieser Schwarzschausteller nicht mehr enthalten ist. Eine andere Alarmnachricht ging im Filmclub von Mund zu Mund: ein amerikanisches Kon¬ sortium filme in Ungarn. Der Verband holte Informationen ein. und es stellte sich heraus, daß Alexander Korda in Hollywood einen Film dreht, zu welchem er ungarische Naturaufnahmen und Landschaftsbilder benötigte. Der Operateur Hans Scheib wurde für solche Aufnahmen hier¬ her entsendet. Zugleich wurde aber auch bekannt, daß der in Amerika wirkende ungarische Regisseur in einer Provinz¬ stadt original-ungarische Trachten aufkaufen und nach Hollywood senden ließ. Jene, die also auf die Institution des ungarischen Filmfonds zu räsonieren begannen, daß amerikanische Firmen Entgegenkommen finden, das ge¬ heimgehalten wird, beschuldigen nun den Filmfonds, daß die Filmdollare die Herstellung von Filmteilen in Ungarn er Korrespondenten. wegen des Fiimfonds auf solche und ähnliche Art zu um¬ gehen wissen. Es drohen wieder neue Verordnungen und Bestimmungen, auch eine Verschärfung der Zensur. Ihre Mitglieder sind wieder ohne Befragung der Filmindustrie ernannt worden. Wie «st nunmehr die ungarische Filmzensur zusammen¬ gesetzt? Vorsitzender ist ein Ministerialrat a. D., dessen Vertreter ein aktiver Sektionsrat des Innenministeriums, stellvertretende Vorsitzende sind ein Staatspolizeiober - hauptmann a. D.. und zwei Sektionsräte des Innenministe¬ riums. Schriftführer fünf M nisterialsekrctäre. Mitglieder sind zwei Vertreter des Ministerpräsidenten, zwei des Finanzministers, zwei des Handelsministers, vier des Kul¬ tusministers, zwei des Justizministers, drei des Landwehr¬ ministers. zwei des Wohlfahrtsministers, zwei des Ministers des Äußeren, diesen 29 amtlichen Mitgliedern sind bei¬ gesellt worden: zwei Vertreter des Schauspielervcrbandes. zwei des Bühnenautorenverbandes, drei Mitglieder aus dem gesellschaftlichen Leben, der Budapester Oberstadt¬ hauptmann. ein Abgeordneter, ein Ministerialrat a. D.. je ein Universitätsprofessor, ein Staatsanwalt. Reklo- jnd Lehrer. Zu diesen 14 nichtamtlichen Personen klimmen nun seitens der Filmbranche je zwei Mitglieder des Fabrikanten- und des Theaterkonzessionärverbandes hinzu. Das Stimmen¬ verhältnis ist also auf jeden Fall mit 29 : 18 gesichert. Die Branche selbst verfügt, wie gesagt, nur über vier Zensoren aus ihren Reihen. Im Verband der Fabrikanten und Verleiher fand eine Beratung über den Schaden des Dreischlagersystems statt. Man sollte es nicht für möglich halten, wie viele Für¬ sprecher dieser Mißbrauch fand und welche Argumente vorgebracht wurden, um darin weiter freie Hand zu be¬ halten. Schließlich sprach sich die Majorität gegen dieses System aus, weil man Befürchtungen hegte, daß sonst die Behörden sich einmengen würden. Es wurde ein Komitee entsendet, das auf Grund der vorgebrachten iMcinungen und Gegenmeinungen Vorschläge machen soll. B-s dahin aber wird das ruinöse Dreischlagersystem von seinen An¬ hängern weiter gehandhabt. Es ist ein schwacher Trost hiergegen, daß der Verband wöchentlich eine Versammlung abhält, um die Beschwerden der Kinobesitzer entgegenzu¬ nehmen, Abhilfe, wenn die Klagen sich gegen eigene Mit¬ glieder richten, wird doch nicht geschaffen. Der Verband hat gegen die Bestimmung, daß Lichtspiel¬ häuser sich nicht mehr Theater nennen dürfen, eine Eingabe gemacht, in der vorgeschlagen wird, die Bezeichnung Theater in Verbindung mit dem Worte Film oder Kino zu gestatten, weil so die angebliche Irreführung des Publikums ausgeschlossen ist. Zugleich wurde privatim eine Aktion eingelcitet, um eine amtliche Unterstützung für den Mechaniker Süllö zu erwirken, der einen Projektor konstruiert hat. von dem man behauptet, daß er mit den besten Erzeugnissen zu kon¬ kurrieren vermag. Der Erfinder ist nicht in der Lage, für Massenherstellung und Vertrieb zu sorgen. Interessant ist. daß in der Eingabe auf das Schicksal der Berliner Erfinder Brüder Skladanowski hingewiesen und betont wird, daß in Ungarn eine Verarmung solcher Pioniere verhütet werden müßte.