Der Kinematograph (February 1928)

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Seite 12 RincmaloflropI) Nummer 1091 zu verleihen. Er würde aber vor allem so manche erheb¬ lichen Expeditions- oder Atelierhaukoste i überflüssig machen, würde also erlauben, an Stelle der ersparten Summen die übrige künstlerische oder sonstige Ausstat¬ tung und Aufmachung zu erhöhen, und damit natürlich auch das gesamte Niveau. Wenn dann Regisseur oder Dramaturg wissen, daß sie, etwa für eine schwierige Hochgipfelbesteigung, alle Fern- cinstellungen aus einem Film bekommen können, der vor fünf Jahren öffentlich gelaufen ist, den a'so bestimm! heute kein Mensch — die eigenen Hersteller ausge¬ nommen — mehr wiedererkennt, so brauchten sie sich nur noch die Kosten für die Nahaufnahmen mit ihren eigenen Darstellern zu machen, die entsprechend in die alten Totalen eingefügt werden. Sie könnten sogar diese Darsteller in die gleichen Kostüme stecken wie jene Bergsteiger im Original, und wir garantieren da¬ für, daß auch nicht einer der Beschauer den Trick erkennt. Sie hätten aber vielleicht 3 Wo¬ chen allerschwer¬ ster Aufnahme¬ tage nebst be¬ trächtlichen Spe¬ sen erspart und hätten, auch wenn sie — beispiels¬ weise für jene 15C Meter Nega¬ tiv 3000 Mark (eine hübsche Summe für die Inhaberin des al¬ ten Films!) be¬ zahlt hätten — schätzungsweise noch 7000 Mark erübrigt, die anderen Teilen des Films zugute kommen Dabei wäre durchaus keine Gefahr, daß nun etwa alte Filme lediglich in neuer Aufmachung frisch erständen. Um beim vorigen Beispiel zu bleiben: Hier irn neuen Film ist diese Bergbesteigung lediglich eine interessante Episode, verändert außerdem durch die Vorgänge der neuen Handlung, wie sie sich in den frischen Nahauf¬ nahmen ausdrücken: im alten Werk aber war eben jene Besteigung Mitteipunkt der Handlung überhaupt. Natür¬ lich erfordert die Verwendung alter Negative Takt und hohe Geschicklichkeit: sie gibt uns aber die Möglichkeit, Milieus zu verwenden, an die wir uns schon der ab¬ normen Kosten wegen sonst nie und nimmer herangewagt hätten. Wobei Grundbedingung bliebe, daß man schon vor Beginn des eigenen Films wissen müßte, was käuf¬ lich fertig zu erwerben ist, und was nicht. Würde solch ein Negativteil erworben, so schiede er ja ohnehin nach weiterer Verwendung automatisch aus. Es ließe sich aber schließlich auch der Fall denken, daß die Inhaberin des Originals sich auf keinen Fall von diesem trennen will; vielleicht, weil diese Aufnahme so originell und einmalig ist. daß sie kaum jemals wiederholt werden könnte. In einem solchen Falle bliebe nur der Verkauf eines Double vom Positiv übrig. Nun aber ist kaum einer ein Freund von derartigen Doubletten. Sie stehen im — berechtigten — Ruf der technischen Minder¬ wertigkeit. Aber da hat denn doch die Technik der jüngsten Zeit auch schon erhebliche Fortschritte gemacht. Es gibt heute schon ein nahezu kornloses Material für Doublierung. Auch die bekannten Chromatverfahren sind heute wohl so weit, um durchaus den Originalen ähnliche Doppelkopien zu ermöglichen. Würde also jeder der deutschen Filmfabrikanten einmal seinem Verband genau angeben, welche Szenen er käuf¬ lich — im Originalnegativ oder als Double — abzugeben bereit sei, und zu welchem Meterpreis: wir sind über¬ zeugt, wir bekämen in kürzester Frist ein Archiv neu¬ traler Szenen zusammen, das an Reichhaltigkeit nicht zu übertreffen wäre. Denn schließ! ch sind wir doch das klassische Land der Kultur- und Industriefilme. Die aber sind gerade die rechte Fundgrube für solche Teile zum Einschnei¬ den! Man stelle sich vor. was es für einen Regis¬ seur bedeutet, wenn er einen in¬ dustriellen Rie¬ senbetrieb. der in seinem Spiel¬ film eint wichtige Rolle spielt, nun nicht noch ein¬ mal aufzunehinen hat — was ihm bei dieser ganz besonderen Tech¬ nik ja auch sehr schwer lallen würde —, daß er ihn auch nicht etwa kitschig und stets falsch durch seinen Architek¬ ten im Atelier neu erstehen las¬ sen müßte, son¬ dern daß er jetzt lediglich diewich- tigen Spiclszenen in genau nachgebauten Ecken oder mit Hilfe einiger weniger Lampen auch in der Originalfabrik aufzunehmen hätte. Daß er eine Echtheit in sein Milieu bekäme, wie er es sonst nie und nimmer erzielt hätte. Und das alles für ein paar hundert oder tausend Mark, die dem schwer notleidenden Kulturfilmhcrsteller gewiß auch nicht unge¬ legen kommen werden. Auf solche Art kämen wir übrigens spielend leicht in ein Filmgenre, das so oft verlangt und doch fast nie ge¬ liefert wurde: wir bekämen vielleicht doch noch den Spielfilm auf kultureller Basis. An Hand solcher Archive wäre es eine Kleinigkeit, Hunderte von Themen für große und dennoch nicht teuer werdende Spielfilme vorzu¬ schlagen, die an Reichhaltigkeit wechselnden Milieus und dennoch nicht teuer werdende Spielfilme vorzu- Reißern an Erfolg messen könnten. Wenn man bloß an das ungenutzte Material der „Wochenschauen" denkt, begreift man nicht, weshalb diese interessanten Bilder nicht weiterverwendet werden. Aber bis heute schlummern alle diese Schätze auf dem Grunde des Stromes der Vergessenheit. In Büchern werden Illustrationen willig unter den Verlegern ausge¬ tauscht; man trifft das gleiche Klischee oft m Dutzenden der verschiedensten Werke — und kein Mensch stößt sich daran. Aber der ohnehin so kurzlebige Film soll nach minimaler Laufzeit nur noch zum Fabrizieren von Kämmen gut sein? — — —