Der Kinematograph (February 1928)

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Nummer 1094 s ist nicht zu leugnen, daß man endlich wieder den Mut findet, bei dem Stoff zuerst auf die Publiki ms Wirkung und dann auf die Literatur zu sehen So kommt man zu wirkungsvollen Filmen, wie in dem vor¬ liegenden Fall und kann mit Recht auf den Hinweis, daß „Schuldig" einstmals ein Drama van Voß war. gern verzichten. Johannes Meyer, ein Mann, der sich neuerdings dem Spielfilm zugewandt hat. nutzt, was in diesem Fall wesentlich ist. das Milieu, das sich ihm bietet, geschickt aus. Er läßt erst in einem Hotel nach sechzehn Jahren den reichen Amerikaner ein Geständnis ablegen. Bringt kurz entschlossen, ohne sich um Proteste zu kümmern. den Verbrecher zum Richter in das elegante Haus, vergißt nicht, erst die Begleitung die Gewehre laden zu lassen, die entrüsteten Hotelangcstellten zu zeigen und bildet dann mit der gleichen Liebe das Hafen¬ viertel nach mit dem Eta¬ blissement „Hongkong"", das in sich Vorstadtvariete. Spiel¬ hölle, Kokainkeller und Freu¬ denhaus vereinigt. In dieses buntbewegte Mi¬ lieu stellt er Jenny Hassel- quist, eine ausgezeichnete Schauspielerin, als arme ge¬ drückte und bedrängte Frau, die sich mit ihrem Tnchter- chen hierher flüchtete, als der Mann einstmals unschuldig eingesperrt wurde. Diese Frau, die als Star dieser merkwürdigen Laster¬ stätte wirken muß, erzieht ihr Töchterlein rein und unberührt von all diesem Trubel, läßt sie schlicht Sekretärin bei einem Agenten werden, bis der Zu¬ fall sic mit einem jungen Rechtsanwalt zusammenbringt, der ausgerechnet dafür ge'orgt hat. daß Thomas Feld, der unschuldige Mörder, wieder frei¬ gekommen ist. Dieses Liebesspiel zwischen den beiden jungen Leuten, die übrigens von Willy Fritsch und Suzy Vernon recht gut dar- g».‘stellt werden, bildet nun den Kontrast, das lyrische Inter¬ mezzo und schließlich auch den Anstoß zum neuen Konflikt. Das Mädchen will auf den Geliebten verzichten. Schließlich klärt sich das Ganze dadurch, daß Thomas Feld, der entlassene Zuchthäusler, nun wirklich zum Mörder wird, als der Inhaber des merkwürdigen Hauses am Hafen das junge Mädchen mit Gewalt verführen will. Natürlich kommt der Rechtsanwalt hinzu, der seinen alten Freund erneut verteidigt, der für seinen Freispruch sorgt, so daß sich schließlich die verschiedenen Paare so finden, wie das für ein anständiges Happy end notwendig ist. Gewiß, für reine Literaten und für Uberästheten keine Sache, aber kinowirksam, ein sicheres Geschäft, wie das der laute Beifall bei der Ur¬ aufführung im Ufa-Palast eindeutig bewies. enn die Amerikaner historische Stoffe verfilmen, so ist das immer eine Angelegenheit, die man mit einem nassen und mit einem trockenen Auge sieht. Die Historie, die Echtheit der Personen und des Milieus kommt dabei zu kurz. Dafür steigt aber die Spannung der Handlung und die Zuspitzung der Konflikte. So geht es auch bei diesem Film, der uns in die Zeit zurückversetzt, wo die Ritter Schottlands genau so in Fehde lagen, wie bei uns in Deutsch¬ land. Da sind zwei stolze, mäch¬ tige Fürsten, die einander be- 'chdcn und die keinen Frie¬ den finden können. Man bricht nachts in das Gebiet des anderen ein. stiehlt das Vieh und schreckt auch nicht vor Mord zurück. So kommt cs dann, daß sear bald auf der einen Seite der Leitsatz aufgestellt wird: Für jeden loten MacDonald einen toten Campbell. Be züge begibt cs sich dann, daß der jüngere MacDonald sich in die Tochter des Campbell \ crliebt. Er hält nicht etwa ordentlich um ihre Hand an, sondern nimmt sie einfach als Beute mit. Später, als der Vater seine Tochter zurück- l-.aben will, bleibt sie bei dem angetrauten Gatten. Die Fehde wird kompliziert dadurch, daß der König zwar Frieden stif¬ ten will, ein Vorhaben, das leider durch allerhand Kom¬ plikationen vorläufig mi߬ glückt. Eine zweite Liebesgeschichte spielt in die Kampfhar.dlung. Annic Lauri, von Lillian Gish wundervoll oargcstellt. ver- liebt sich in den älteren MacDonald. Das würde wei¬ nt arufamet ( cr keine Komplikationen haben, wenn nicht ein Camp bell unbedingt den Ehrgeiz hätte, sie als Frau heimzuführen Diese Liebesgeschichte hat ein Gutes. Die MacDonalds er¬ fahren nämlich durch die mutige Annie Lauri. daß sic Campbell betrügen will, daß er ihnen den wahren Befehl des Königs nicht mitgeteilt hat. Wie die Geschichte dann schließlich friedlich endet, nachdem noch vorher große Kampfszenen, wundervolle Bilder vom nächtlichen Streit um die Burg, allerhand Sensationen bei denen cs sich um ein Leuchtsignal handelt, eingcflochten sind, kann hier nicht erzählt werden. Es genügt, festzustellen, daß diese an sich etwas verworrene, vielleicht manchmal konfuse Handlung durch Dramatik des Spiels, durch die Ausgestaltung im einzelnen außerordentlich gewinnt, so daß es schließlich doch noch bei der Premiere zu starkem Beifall kam, in den sich allerdings auch vereinzeltes Pfeifen mischte. Die amerikanische Filmproduktion wählt gern Stoffe zur Verfilmung, die Romantrik in der Art Walter Scotts haben. In der Provinz wird der Film sicherlich ein gutes Geschäft