Der Kinematograph (February 1928)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

Nummer 1094 ftmcmntogrnpf) Seite s gibt kaum ein Motiv, das so oft für den Film bearbeitet wurde wie ..Carmen ". Dadurch hat der Theaterbesitzer das Glück gehabt, dali cs ledcsmal ein gutes Geschäft wurde Xuletzt bei der Raquel Meller und ictzt sicherlich wieder bei Dolores dcl Rio. Diese Amerikanerin ist vielleicht im letzten Sinn nicht einmal schön, cs gibt sicherlich auch begabtere Dar¬ stellerinnen. aber ihre Lei¬ stung fasziniert und entzückt. Man glaubt ihr das Weib¬ chen. das alle Männer in den Bann zieht, nicht nur im Film, sondern auch im Theater, wo cs in Berlin bei der Uraufführung allabend¬ lich grollen Beifall gibt. In dieser neuen Auflage, die sich anscheinend in der Hauptsache aus Tanliäme- - runden nur auf die Novelle und nicht auf die Oper stützt, gibt cs erst ein klei¬ nes Vorspiel mit Kartenlegen und Liebesabenteuer. Dann folgt der Krach in der Ziga¬ rettenfabrik. allerdings ohne tödlichen Ausgang, dafür mit einer Fülle von Situations¬ komik. die bereits der Hand¬ lung einen starken Rhyth¬ mus gibt. Don Jose, hier kein Ser¬ geant. sondern Offizier, spielt eine verhältnismäßig kleine Rolle. Er bleibt zwar die treibende Kraf;. die nachher zur Ka'astrophe führt, aber der Stierkämpfer bildet ei¬ gentlich den Gegenpol und zwar in einer originellen Auf¬ fassung. wie man sie bei Amerikanern selten findet. Es scheint, als ob William Fox seinen Ehrgeiz darein setzt, die Geschichte logisch zu vertiefen, und Haß er eine DOLORES DEL RIO . psychologisiertc Carmen >" «Di« Li«b« vom Zi|i-» schaffen wollte. Dabei macht er — oder vielmehr sein Regisseur Raoul Walsh — nicht den Fehler, auf die Ausstattung zu verzichten. Er fügt vielmehr prächtige Massenszenen und wundervolle Naturaufnahmen ein. so daß man das Gefühl hat. dieses Bild sei nicht in Hollywood, sondern fern im Süd in den Gefilden des schönen Spaniens gedreht. Natürlich kommt das alles nur wirklich zu" Geltung, weil auch die Schauspieler ausgezeichnet sind. Neben der schönen Dolores steht Victor McLaglcn, ein bewährter Charaktcrschau- spielcr. der seinem Stierkämpfer trotz aller Vorbilder auf der Lcinwand und in der Oper ein interessantes neues Gewand gibt. Daneben sicht der Don Josä beinahe blaß aus. Schauspiele¬ risch interessant die geschickte Verwandlung des eleganten Offiziers in den Schmuggler, der äußerlich verkommen in den Bergen lebt. Die musikalische Begleitung von Schmidt-Gentner ist gut. trotz¬ dem es nicht leicht war. die allzu populären Melodien, an die sich bestimmte Vorstellungen vom Theater her knüpfen, zweck¬ entsprechend zu verwerten. lorence Vidor. die für meinen Geschmack schönste und in der Erscheinung damenhafteste Schauspielerin des ameri¬ kanischen Films, auf unserer Leinwand begrüßen zu können, ist immer eine hohe Freude. Ihre Erscheinung, ihr Wesen, ihre Art. Gefühltes in plastische Gebärden umrusetzen, ist so einzig¬ artig. daß man sich ihrer nach längerer Zeit erinnert, wenn der Inhalt des Films längst der Vergessenheit anheimfiel. Sie ist wahrhaft, wie ein moder¬ ner Romantitel sagt: ..Die Frau, nach der man sich Manuskripte lür dieses große Talent müssen schwer zu habet sein. Auch dieser Film, der als ..Artistenliebe" Vorgefühl* wird, bleibt im Inhalt hinter dem aparten Können von Florence Vidor etwas zurück. Er spielt im Milieu eiter russischen Ar¬ tistentruppe. doch ist das Russenti ri vermutlich nur ein Vorwand, um die Schön¬ heit der Hauptdarstellerin in moskowitischcr Gewan¬ dung zu zeigen, die in der Tat geeignet ist. ihre Reize noch zu steigern. Flore.tce Vidor hat als die Vera des Films die Liebe des Partners Iwan mit Freundschaft zu erwidern. Geliebt wird sie außerdem von einem New-Yorker Mil¬ lionär Förster, der sie auf der Straße und während einer Vorstellung vor schwe¬ rem Schaden bewahren kann. Schließlich nimmt sie seinen Ileiratsantrag ar und ent¬ fremdet sich dadurch von ihren Kollegen. Iwan beabsichtigt, als ech- nd DON ALVARADO ter Artist bei einer neuen ».-r »tammt" l‘ho>. ioi■ fUm „Nummer“ zu sterben, deren Produktion so schwierig ist. daß sie nicht glücken kann. Aber da ein Film schließlich am besten mit einem glücklichen Ende ausgehen kann, so taucht Iwan schließlich wieder auf und Vera wird die Seine. Für eine anspruchsvolle Künstlerin ist die Rolle ein wenig naiv. Trotzdem sei nicht verschwiegen, daß es der Drehtech¬ nik des bei uns bisher nicht bekannten Regisseurs Weltmann gelingt, den Film durch interessante Milieuschilderungen packend zu gestalten. Das ist keine leichte Aufgabe, denn Artislenfilme sind sozusagen das tägliche Brot des Kinos. Florence Vidor findet sich mit der Vera, die eigentlich etwas unter jenen Typen liegt, die sie unnachahmlich beherrscht, vor¬ trefflich ab. Manchmal wirkt ihre damenhafte Art in der lustigen von der Regie mit Recht sehr locker gehaltenen Um¬ gebung ein wenig starr. Aber sie hat dann wieder Momente, in denen ihre Meisterschaft das Ensemble mit fortreißt. Clive Brook konnte die Treuherzigkeit. Biederkeit und den Todesmut des Artisten Iwan geschickt zum Ausdruck bringen. Der Film begegnete im Mozartsaal einer sehr freundlichen Aufnahme.