Der Kinematograph (February 1928)

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Nummer 1095 Seile 7 Von Dr. Richard T r e i t c I ie Filmindustrie führt einen sehr energischen Ka ipt gegen die Lustharkeitssteucr. Sie stellt alles in den Dienst dieses Kampfes: Wort und Schrift und Film. Es ist ein Film „Ein Film vom deutschen Film" von der Spitzenorganisation der deutschen Filmindustrie her¬ gesteilt worden, der ein ausgesprochener Zweckfilm dieser Art ist. Er zeigt, was der Film lei¬ stet und leisten kann, seine Viel¬ seitigkeit, seine kulturelle Bedeu¬ tung. Und er zeigt weiterhin, wie ihn die Lustbarkeits¬ steuer in seiner Entfaltung behin¬ dert. Der Film ist der Presse und den Behörden vor¬ geführt worden. Die Rcichstag?- und Landtagsfrak¬ tionen sollen ihn ebenfalls sehen Da die deutschen Städte so unein¬ sichtig sind, auf die Besteuerung der Filmtheater nicht zu verzich¬ ten, sollen sie durch das Reich gezwungen werden. — So erstrebt es die Filmindustrie. * Daß die Filmindustrie gegen die Lustbarkeitssteuer. also gegen die Besteuerung der Lichtspieltheater kämpft, is! ihr gutes Recht. Die deutschen Städte sind auch gar nicht so uneinsichtig, wie es die Filmindustrie behauptet. Einflußreiche Fraktionen stehen der Lustbarkeitssteuer wenig sympathisch gegenüber. Sie meinen: Rummel. Schlemmerei und ähnliche „Lustbarkeiten" möge man be¬ steuern, nicht aber den Kunstgenuß und die seelische Ent¬ spannung und Erholung; das ist eine Verkennung kul¬ tureller, sozialer und politischer Notwendigkeiten. Das ist der Standpunkt der Sozialdemokratischen Partei, mit dem die Filmindustrie ebenso einverstanden sein wird wie Theater, Varietes und Zirkusse. Wenn trotz dieser Einstellung auch die Sozialdemokra¬ tische Partei zur Zeit noch für Lustbarkeitssteuern ein- Iritt, So nur darum, weil sie bei der engen Begrenzung des Gebiets kommunaler Steuern keinen Ersatz für die Lustbarkeitssteuer weiß. Soll die Grundsteuer erhöht werden, die mieteverteuernd wirkt? Will man die Ge¬ werbesteuern erhöhen, die allgemein preisverteuernd w > r ken? Die Fraktionen glauben, das nicht vertreten zu können. Andererseits kann der Betrag von etwa 80 Millionen Reichsmark Lustbarkeitssteuern, die im Reich, »der von 16 Millionen Reichsmark, die in Berlin verein¬ nahmt werden, nicht entbehit werden. Die Filmindustrie sagt: Sie habe keine Veranlassung, auf die Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer zu ver¬ weisen oder sie zu empfehlen. Sie wünsche keine Sonder- ?teuer. Die Lustbarkeitssteuer sei eine solche Sonder- sleucr, die ein bestimmtes Gewerbe belastet. Wenn man für den Haushalt Mittel braucht, so sollen die Mittel durch gleichmä¬ ßige Verteilung auf die Stuer- zahlcr herbeige¬ schafft werden. Ganz unrecht hat die Filmin¬ dustrie in diesem Punkte nicht. Warum werden d e Lustbarkeiten mit Sondersteuern besteuert? War¬ um nicht der Ver¬ kauf von Büchern •and Backwaren? Eine Antwort darauf ist nicht zu erwarten. Die Gemeinden kön¬ nen und sollen die Lustbarkeiten besteuern. Lust¬ barkeiten sind nach mancher Mei¬ nung besonders geeignete Steuer¬ objekte, weil sie angeblich reiner Luxus sind. Man schafft zwar die Luxus- stcucrn ab, nicht aber die Lustbarkeitssteuern. Das ist un¬ logisch. unzweckmäßig und mit modernen Anschauungen kaum noch vereinbar. Auch Theater v/erden besteuert, wenn sie nicht gemein¬ nützig sind. Außer der Staatlichen und Städtischen Oper ist der Betrieb des Deutschen Theaters und der Kammer- spicle in Berlin für gemeinnützig erklärt. So hat es der Kunstminister bestimmt. Deutsches Theater und Kammer¬ spiele sind das vorläufig einzige Privattheater Berlins, das gemeinnützig ist. Ebenso unterliegen Variete und Zirkus der Lustbarkeits¬ steuer. Man hält es für richtig, die Theater anders zu besteuern als die Filmtheater, diese wiederum anders als die Varietes und Zirkusse. Man kommt zu der unterschiedlichen Be¬ steuerung der einzelnen Kategorien, weil man künstlerische und kulturelle Wertungen mitsprechen läßt, obwohl man sich darüber einig sein sollte, daß die Steuerbehörde vielleicht am ungeeignetsten zur Vornahme künstlerischer und kultureller Wertungen ist. Eine Steuer soll einheitlich und gerecht sein. Das beste wäre cs, wenn man so bald als möglich dazu käme, auf die Lustbarkeilsbestzuerunfc zu verzichten. Solange es aus Gründen des städtischen Haushalts nicht angeht, Theater. Varietes. Zirkusse und Filmtheater von der Lustbarkeitssteuer freizustellen, sollte