Der Kinematograph (February 1928)

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Seite 12 Nummer 1095 ernsten, erhöhten Sockel, auf dem urscre Oper bisher gestanden hat. wagt sich neuerdings die Jazzmusik, und das siegreiche Saxophon, das rohe Schlagzeug drängen alle anderen Tonwerkzeuge immer mehr beiseite. Soll nun auch das Kino, diese meistbesuchte und geschätzte heutige Vo'.ksunterhaltung, vollständig den Amerikanern ausgeliefert werden? Soll die neue und neureiche Welt über dem Wasser, die ohne starken inneren Zusammen¬ hang mit alten Zeiten aus einem Völkermischmasch em¬ porgeschossen ist, soll sie mit ihrem vernegerten Ge¬ schmack nun auch die ßilderwand ganz an sich reißen, vor der unser Volk allabendlich zu Millionen sich zu ent¬ spannen und zu ergötzen sucht? Und soll Amerika, auch in der Filmherstellung die Allcinherrscha't ausüben, die der ganzen gebildeten Welt ihren Geschmack, ihre Nei¬ gungen und ihre Lebensweise aufdrängt? Die Antwort aus Deutschland auf diese Fragen muß. unbeschadet jeder persönlichen Parteimeinung und jeder künstlerischen Ein¬ stellung, lauten: Nein! Das darf nicht sein! Unsere Sin¬ nesart wie unsere Geistigkeit und unser Stammeswesen dürfen auf einem so tagwichtigen Gebiete, wie es der Film heutzutage ist, nicht verschwinden oder ausgemerzt werden. Die Bevorzugung des Fremden, diese verfluchte Hochachtung des Deutschen vor der Ausländerei hat un- serm Theater schon derart zugesetzt, daß wir kaum noch von einem eigenen deutschen Nationalthcater mehr reden können. Und nun droht die gleiche Gefahr auch unseren Lichtspielbühnen. Wir haben soeben einige Bruchstücke aus unsern klassi¬ schen Filmen der Vergangenheit — um sie einmal so zu nennen — vorführen sehen und uns dabei der Großtaten unserer Filmindustrie erinnern können. Sie werden spur¬ los vergangen und verloren sein, diese Großtaten, wenn der Amerikanismus die Weiterentwicklung unserer eige¬ nen Kinoherstellung erstickt. Mit vollem Recht hat man heute auch geltend gemacht, daß der Heimatsinn, die Freude an seinem Land und sei¬ ner Landschaft für jeden Menschen durch den Film ge¬ fördert würde. Welch ein Verlust, wenn nun in Zukunft das deutsche Landschaftsbild immer mehr in Wegfall kommt, wenn unsere Wälder, unsere Ströme und unsere alten Städte nicht mehr in der Bilderschrift der flimmern¬ den Leinwand zu uns sprechen werden! Es wird natürlich ein in Amerika aufgenommenes Kinostück etwas ganz an¬ deres sein als ein hier gedrehtes Werk, weil eben der Massengeschmack drüben ein anderer ist. Gewiß, die Bildersprache des Kinos ist übervölkisch, ist internatio¬ nal. Aber auch in dieser Sprache schreibt ein jedes Volk seine eigene charakteristische Handschrift. Und es wäre ein Jammer und, ganz abgesehen von dem wirtschaft¬ lichen. auch geistig ein ganz unersetzlicher Verlust, wenn wir Deutschen, die wir alleir. noch auf dem Filmmarkt, wenn auch schon lange nicht mehr so laut wie früher, mitreden, für die Zukunft auch auf diesem Gebiet wieder mundtot gemacht würden. Der Film, den wir soeben gesehen haben, der uns nur einen Ausschn : tt aus den reichen Aufnahmen des Lehr¬ end Kulturfilms geboten hat — einer wissenschaftlichen Abteilung des Filmbetriebs, den wir uns allein noch, leisten —, hat uns das einfache Rezept gezeigt, wie dem Übelstand der schleichenden Schwindsucht unserer Film¬ fabrikation beizukommen wäre. Schnelle Hilfe tut not, auf daß nicht aus der schleichenden Schwindsucht eine galoppierende werde. Zahlen reden uft mit Menschen¬ zungen. Aber die Menschen müssen auch Ohren haben, diesen Zahlen zu lauschen. Einsichtige Männer haben uns Europäern schon vor dem Kriege vurgerechnct, in welche Verschuldung ein Kampf uns alle auf unserm Fest¬ land — England miteingeschlossen! — stürzen würde. Glauben wir diesmal den Zahlen! Sie sind stets verlä߬ licher, wenn sie warnen, als wenn sie uns etwas Vortäu¬ schen wollen. Unsere Filmindustrie, derer Ausfuhr heute noch unsere Ausfuhr von Nähmaschinen. Fahrrädern und Automobilen um viele Millionen übersteigt, darf nicht durch eine falsche, kleinliche Stcuerpo.itik zugrunde ge¬ lichtet werden. Der einfache kleine Mann, die große Menge hat ihr Kino nötig. Schon kurz nach dem Dreißig¬ jährigen Kriege gab es bei uns ein Sprüchlein, das be¬ sagte: ..Was G'lehrte durch die Schrift \erstchn. das lehn das Gmäl dem gmeinen Mann." Was damit unsere Volksweisheit kindlich ausgedrückt hat. das besteht noch Leute zu Recht Das Volk will schauen, will sich abends auf den Flügeln seiner Augen mühelos von dem Alltag und seiner Arbeit, seiner engen Häuslichkeit, erheben. Man soll darum alles daransetzen und lieber auf einen kleinen, flüchtigen Gewinn verzichten, ehe man ihm die Vermittler nimmt, die ihm das, was es sehen will, auf seine ihm rb- und eigentümliche Weise vorsetzen." Däeeeldorfcr Filapllnc Wie d», Großkino . E or o p . • P. 1. , I - nn der G r . I - A d o 11 - S t r . ß e .uneben .olL