Der Kinematograph (February 1928)

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KincmatoprnpQ Nummer 1096 wieder Agitationsstoff gegen die gesamte Industrie her- leiU-n. Soweit wir informiert sind, hat man die zuständi¬ gen Stellen des Reichstags schleunigst aufgeklärt, ein Vor¬ gehen. das doppelt dringend ist, gerade im gegenwärtigen Augenblick, wo wir vor den Entscheidungen in einer der wichtigsten Fragen stehen. Die Herrschaften, die gerade in diesen Tugen derartige Filme anzeigen. begehen schon durch ein nserat Hoch¬ verrat an den Interessen des deutschen Films. Es muß ihnen deutlich zum Bewußtsein gebracht werden, daß die Zeiten vorüber sind, wo der einzelne Spekulationen auf Instinkte unternahm, mit denen der wirkliche und wahre deutsche Film nichts zu tun haben will. Wir verlangen gegenwärtig Anerkennung und Gleich¬ stellung des Films mit dem Theater. Wir haben so oft stolz darauf hingewie¬ sen. daß unsere Filme hundertmal besser sind als manche Operetten und als manche der sogenannten Lustspiele der Wortbuhne. die wir hauptsächlich aus Frankreich beziehen. Diesen Hinweis, daß das Kino mo¬ ralisch und künst¬ lerisch höher siehe als manches Lustspiclhaus oder Operetten¬ theater, halten wir auch heute voll aufrecht. Genau so wie eine Schwalbe keinen Sommer macht, genau so wenig bedeutet an sich diese Entgleisung eines einzelnen irgend etwas für den Standpunkt der ganzen Industrie. Man könnte über die Angelegenheit überhaupt zur Tages¬ ordnung übergehen und sich mit einem Ordnungsruf für die Väter dieser iairosen Filmplänc begnügen, wenn eben hier nicht eine Schädigung des Allgcmcininteresses einträte, wie sic schlimmer nicht zu denken ist, und die nur dadurch eingeschränkt, aber leider nicht beseitigt werden kann, daß man dieses merkwürdige Vorgehen öffentlich niedriger hängt. Maßgebende Kreise sehen in Berlin mit Recht ein euro¬ päisches Hollywood. Sie arbeiten mit allen Kräften daran. Deutschland eine Art Vormachtsstellung in der euro¬ päischen Filmindustrie zu sichern. Unsere heimische In¬ dustrie will Führer sein, will die anderen europäischen Län¬ der sammeln zu gemeinsamer Politik, zum gemeinsamen Kampf gegen Amerika. Diesem Zweck soll ein großer Kongreß im kommenden August dienen, den der Reichsverband der deutschen Lichl- spielthcalcrbesitzer einberuft und der im Anschluß an die ordentliche Generalversammlung der .deutschen Kinos die prominenten Kinobesitzer aller Länder vereinigen soll. Wo derartige weitgehende Pläne erwogen und auch durchgeführt werden, dürfen derartige Experimente, wie 3ic die „Krantzfilmc" darstellen, nicht gemacht werden, ganz abgesehen davon, daß es auch nicht gerade zur Erleich¬ terung der Filmprüfung beiträgt, wenn derartige Seiten¬ sprünge gemacht werden. Wenn man hört, daß es immer noch Theaterbesitzer gibt, die Herrn Domcla persönlich auftreten lassen, wenn man hört, daß cs tüchtigen Managern gelingt, diesen Mann auf Monate hinaus für das Variete und für das Theater zu ver¬ pflichten. muß man bedenklich den Kopf schütteln, denn schließlich sind das alles Dinge, die Unternehmungen, die zu den Kulturfaktoren gerechnet werden woilen. weit von sich weisen sollten. Wir sind weit entfernt davon, der Filmfabrikation eine Einschränkung in den Sujets vorschreiben zu wollen. Aber die Kirche muß im Dorf bleiben, und was zu viel ist. ist zu viel. Es hat keiner Zweck, sich den Kopf darüber zu zer¬ brechen. wie man die Klippen der Zensur umgehen könnte. Wir müssen uns auf den Boden der gegebenen Tatsachen stellen und sollen uns lieber den Kopf darüber zerbrechen, wo wir richtige Themen herneh¬ men. als darüber, wie man etwa die Zensur umgehen kann. Es hat be¬ reits unliebsames Aufseher, erregt, daß eine kleine Firma, die kaum zur Filmindustrie zu rechnen ist, zur Vorführung in geschlossenen Kreisen Verbote von Filmaus- schnitten dadurch umgehen wollte, daß sic an diesen Stellen Diaposi¬ tive, also Stand¬ bilder einschob. Wir haben mit Genugtuung ge¬ hört, daß man sich mehrfach ge¬ weigert hat, zu derartigen, an sich rechtsgültigen Maßnahmen die Hand zu geben, immer wieder aus dem Grunde, weil wir alles tun wollen und tun müssen, um die bestehenden Vorschriften loyal zu erfüllen. Man soll das Gefühl bei den maßgebenden und ver¬ antwortlichen Stellen haben, daß wir alle Versprechungen genau so wie alle Vorschriften so erfüllen, wie ts dem Geist des Gesetzgebers entspricht. Genau so, wie wir uns dagegen wenden, daß man amt- lichcrscits bestehende Vorschriften engherzig auslegt. Wir wünschen den Verkehr zwischen den amtlichen Faktoren und der Industrie getragen zu sehen von einem Geist gegen¬ seitigen Vertrauens. Wir sind heute stark genug, selbst Ordnung in unseren eigenen Reihen zu schaffen. Das wird sich in diesem Fall erweisen und cs wird gut sein, wenn man hier energisch durchgreift, weil man dann durch den Fall Hilde auf ein Schulbeispiel hinweisen kann, dafür, daß wir selbst dafür sorgen, daß gewisse Grenzen nicht überschritten werden und daß die deutsche Filmindustrie aus sich heraus schon für Ordnung und für ein gewisses Niveau sorgt, so daß behördliche Bevormundung nach und nach einschließlich der Zensurvorschriften gänzlich überflüssig werden. Erstaunlich genug, daß man für die Abgründe, die der Fall offenbarte, nicht den üblichen Sündenbock, das „Kino” verantwortlich machte. Die Aktualität des Falles auszuschlachten, wollen wir gern die Sprechbühnc, für die ja ein „entsprechendes Stück bereits angekündigt ist, überlassen.