Der Kinematograph (February 1928)

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Seite 12 Rfnrmatograpft kein Billett gelöst haben. Durch diesen ersten Eindruck soll das Publikum bereits für den Eintritt in das Theater gewonnen werden, da es als sicher annimmt, im Theattr- raum noch größere Bequemlichkeit und Pracht zu finden Ist der Besucher erst drinnen, dann weiß er, daß seine Erwartungen im großen Ausmaße weit iibertroffen sind. Er wandelt zunächst durch herrlich ausgestatt« te Foyers, die saalähnliche Ausdehnung haben. Im Aval« n- Theater zum Beispiel erwartet ihn in diesen Vor¬ sälen. unabhängig raum, ein Orgel¬ konzert. das nur für den warten¬ den. verweilen¬ den Gast spielt. Verspürt der Theatergast Lust zum Rauchen, so erwartet ihn ein luxuriös einge richteter Rauch¬ salon. in dem er sogar kostenlos bedient wird. Er darf auch hier gern zwanglos bleiben. solange er will. Da keine ge¬ schlossener. Vor¬ stellungen exi¬ stieren und auch weder Reihen noch Plätze re¬ serviert sind, so kann der Besu¬ cher. nachdem er seine Zigarette zu Ende geraucht hat. in den Zu¬ schauerraum ge¬ hen und, von einem Platzanwei¬ ser unterstützt, sich einen der durch diskrete Be¬ leuchtung kennt¬ lich gemachten und ihm zusagen¬ den Plätze aus- S'lchen, WO er Ta»p»-Tb«al«ria Tampa ( sich zwei Stun¬ den lang unterhalten kann. Den Fall angenommen, daß er das Theater vor der Vorstellung betritt. Ein raffinier¬ ter Beleuchtungseffekt wirkt wie der heitere Himmel selbst. Die Fenster zu beiden Seiten des Zuschauer- raumes sind von hinten beleuchtet — einzelne aus Spiegelglas angefertigt, um dem Theater eine größere Tiefe zu geben. Ganz geräuschlos finden sich die Musiker auf ihren Plätzen im Orchester ein. die Instrumente wur¬ den bereits in ihrem Warteraum gestimmt. Verborgene, bunte Scheinwerfer beleuchten das Orchester, während ein weißer Scheinwerfer den Dirigenten oder den Solisten besonders hervorhebt. Entzückende Musik. Geräusch¬ los teilt sich der Vorhang — langsam — matt und intim ist die Bühne beleuchtet. Wolken verdunkeln den Himmel. Die Sonne scheint an einem herrlichen Abend in leuchtenden Farben unterzugehen — ein Ballett tanzt — es wird dunkler — eine natürliche Abblendung — die Musik leiser — und unauffällig fällt der Gazevorhang, hinter dem Leinwand folgt. Der Film spielt bereits — dfrr Übergang war kaum merklich Das Bild steht klar und ruhig. Die sogenannte Leinwand ist aus Silber- oder Goldfiber gemacht, ein moderner Fortschritt, um Kopf¬ schmerzen oder Augenschmerzen zu verhindern. Eine solch bequeme und schöne Luxusvorstellur.g wird dem immer wechselnden Publikum täglich von 12 Uhr mittags bis 12 Uhr nachts ununterbrochen für den gewiß geringen Preis von 1 bis 3 Mark je nach der Tageszeit geboten. Nach der Vor¬ stellung geht der Besucher in den hübsch eingerich¬ teten Teeraum, wo er kostenlos eine Tasse Tee oder Kaffee be¬ kommen kann. — Nur ungern trennt man sich von die¬ ser schönen Um¬ gebung. Der Gast hört ein freund¬ liches „Auf Wie¬ dersehen". Auf der Straße blickt er sich ein Setz- tesmal um. Hin¬ ter ihm liegt das „Zauberschloß", in dem zahlreiche Diener für seine Wünsche bereit¬ standen. Hell leuchtet die Front und lockt mit ihren Flammen¬ buchstaben — und er weiß be¬ stimmt. daß er bald wieder¬ kommt. Nachwort der Redaktion: Wir haben vorstehen den Aufsatz ver¬ öffentlicht. weil er für die Richtung, nach der s'ch die amerikanischen Kinos entwickeln, loiida). ia ipaaiichcm Stil bezeichnend ist. Angefangen hat mit dieser Stilisierung der Lichtspielhäuser der ameri¬ kanische Showman Syd Grauman, ein König der Re¬ klame. dessen ägyptisches und chinesisches Theater beim Publikum beliebt sind und auch als künstlerisch gelten. Die Übertragung amerikanischer Theatersitten auf deut¬ sche Verhältnisse ist nicht ohne weiteres möglich. Unser Pu¬ blikum hat z. B. den lang ausgesponnenen Prolog ab¬ gelehnt und würde für das „atmosphärische“ Iheater kaum Begeisterung zeigen. Ein Bau in diesem Stile bedeutete außerdem eine sehr schwere Belastung des Theaters. Auch in Amerika sind ja einzelne Theater an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt und beginnen mit dem Abbau des Beiprogramms. — Das atmosphärische Lichtspielhaus mag in Amerika angebracht sein. Unseren Ansprüchen an Ästhetik des Zuschauerraums genügt es nicht. Denn es ist unruhig und lenkt vom Bilde ab, das in unseren Kinos immer noch die Hauptsache ist.