Der Kinematograph (February 1928)

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Nummer 1097 Seite 15 Von Felix eden Ausländer, der zum ersten Male ein Kino in Japan besucht, wird, wie auch im Theater, die auffallende Eigentümlichkeit der Mimik der Darsteller befremden. Ihm wird ihr Spiel gespreizt, steif und unnatürlich, wenn nicht grotesk erscheinen. Geht er iedoch der Sache auf den Grund und erkundigt sich bei einem Fachmann, so erfährt er, daß die ihm so sonderbar anmutende Mimik auf das Bestreben der Künstler der früheren Zeiten zu¬ rückzuführen ist, das Spiel der noch heute in Japan be¬ liebten Marionetten nachzuahmen. Seit zweieinhalb Jahrhunderten, als während der Blüte¬ zeit der Tokugara-Dynastie das klassische japanische Drama aus den damals in Osaka so populären Puppen¬ spielen entstand, haben die Künstler sich die Mimik der Marionetten zu eigen gemacht — weil sie dem Volke von jeher besser gefallen hat. als das natürliche Spiel bzw. die europäische Darstellungsweise. Und da die Bewegungsfreiheit der mittels Draht ge¬ lenkten Puppen nur eine beschränkte und die dadurch geschaffene ..Bühnenatmosphäre" eine oft recht bom¬ bastische und mehr als eigentümliche gewesen ist. wie sie auch heute noch im Puppentheater „Bunraku" in Osaka zum Ausdruck kommt, so hat sich durch das Be¬ streben der Künstler das Marionettenspiel auf der eigent¬ lichen Bühne eingebürgert. Was zuerst nur als Imitation gedacht war, ist zu einer bleibenden Institution geworden. Und wie die meisten verfilmten älteren Bühnenstücke und ein nicht geringer Teil der Technik des No-Dramas und der „Ayatsuri" genannten Puppenspielc hauptsäch¬ lich chinesischen Vorbildern der Mongolen-Dynastie ent¬ nommen wurden, so finden wir im „Kabuki", dcr.1 klassi¬ schen japanischen Drama, im Theater und im Kino auch die Elemente der Attitüdentänze, der No-Drcmen und Farcen im Verein mit den übertriebenen Gesten der Pup- B a u m a n n. penspiele wieder. Also nicht nur das japanische Schau¬ spiel ist durch die Puppempiele beeinflußt worden, son¬ dern auch die Mimik der Darsteller, was sich natur¬ gemäß auf die Filmkünstler übertragen mußte. Aber hat sich die Gebärdenkunst insbesondere in den alten historischen Stücken, die sich ihre traditionelle An¬ ziehungskraft bewahrt haben und gegen die die moderne Richtung nicht aufkommt, im bisherigen konservativen Kähmen gehalten, so ist doch der Geist der Neuzeit und des Fortschrittes in anderer Hinsicht im japanischen Film¬ wesen eingezogec. Vor allem ist den überlangen Programmen der Mehr¬ zahl der Kinos von den Behörden ein Riegel vorgescho¬ ben worden. Der Japaner war es vom Theater her ge¬ wohnt, dort endlosen Vorstellungen beizuwohnen und den Muscntempe'. zur „Häuslichkeit" zu gestalten. Um das Publikum heranzuziehen, mußten die Kir.obesitzer in die Fußstapfen der Theater treten und wie diese traditions¬ gemäß als , ichibamme“ — als ersten Teil --- ein fünf- cktiges klassisches Drama geben, dem das „nakamaku" — der zweite Teil — in Gestalt eines zweiaktigen Zwi¬ schenspiel und Nr. 3 — „nibamme" — ein fünfaktiges soziales Drama und zum Schluß das „ogiri", ein Einakter. aU Nachspiel folgten. Später wurde das Programm etwas zeitgemäßer (Naturfilme usw.) gestaltet, aber die Länge blieb. Bis die heilige Hermandad sich ins Mittel legte und für Tok o 6000, für Osaka 4500 Meter Film festsetzte. Die Behörden haben überhaupt .ein wachsames Auge auf die Kinos gerichtet. Einerseits um der Überfüllung Einhalt zu gebieten, andererseits, um die Kinobesitzer zu zwingen, Farbe zu bekennen. D. n. wahrheitsgetreu zu berichten, wieviel Plätze für die Besucher vorhanden sind. Denn, um die Vergnügungssteuer zu umgehen, hatten die Besitzer die schlaue Gewohnheit, eine niedrigere Fas-