Der Kinematograph (February 1928)

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Seite 16 Rinemntograpfj Nummer 1097 sungszahl anzugeben, als den Tatsachen entsprach. Die Zahl der neuen Kinos wächst beständig in Japan, aber die meisten können nur als primitiv und vielfach als unsauber bezeichnet werden, weil gewöhnl.ch kein Foyer vorhanden ist und die Besucher, insbesondere an Regentagen, den ganzen Straßenschmutz in das Haus hineintragen. Und — tout cumme chez nous im Grune- waid — hinterlassen die Kinobesucher im Lande ier auf¬ gehenden Sonne die bekannten ..Picknickspuren" als da sind Erdnußschalen. Papierrcste, Apfelsinenschalen und unzählige Zigarettenstummel. Der Erfolg des großen von der „Nikkatsu" mit einem Kostenaufwand von etwa 135 000 M. nach dem berühm¬ testen National-Roman der Japaner hergestellten Films ..Cushingura". der von der Geschichte der 47 Ronin (unter dem Titel „Vasallentrcue" von Dr. F. A. Junker von Langegg ins Deutsche übertragen) handelt, mit ihrem ge¬ meinsam begangenen Harikiri endet und das Volk in allen seinen Lebenslagen zeichnet, beweist, daß, trotzdem der Zeitgeist auf mächtigen Schwingen klärend und segnend über das Land gebraust ist. den Nipponsöhnen die Schil¬ derung des alten Japans, des Japans vor der umstalten- den Umwälzung des Jahres 1868. wodurch viele seiner Eigentümlichkeiten in den Hintergrund gedrängt wurden, noch sehr am Herzen liegt. Gerade die Filme, die den alten sprichwörtlichen Samurari-Geist. den Bushido, den ungeschriebenen Kodex der von den Rittern zu befolgen¬ den moralischen Grundsätze, also die ,,Seele des alten Japans" offenbaren, nehmen durch ihre kriegerischen Szenen den Japaner gefangen. Von Mehmed Nadji-Bey. chon in einem Aufsatz vor etwa 2 Jahren hatte ich an dieser Stelle vom türkischen Kino und Filmwesen aus¬ führlich erzählt und u. a. erwähnt, daß man auch dort kleinere Gesellschaften zur Herstellung von türkischen nationalen Schauspielen als Film gegründet hatte, diese jedoch noch nicht reif ge¬ nug wären, in einem west¬ europäischen Kino vorge¬ führt zu werden. Darstel¬ lung und Ausstattung lie¬ ßen viel zu wünschen übrig. Als ich in diesem Win¬ ter wieder in Konstanti¬ nopel war und Gelegen¬ heit hatte, eine Anzahl türkischer Filme und Ate¬ liers studieren zu können, war mein Erstaunen groß, zu beobachten, daß die türkischen Filme in der Qualität besser waren, als ich geglaubt hatte, die Fortschritte des europäi¬ schen und amerikanischen Films sind nicht ohne Ein¬ fluß geblieben. Die Filme wurden schon deshalb bes¬ ser, weil man in der Tür¬ kei nationale Stoffe ver¬ filmte und den Orient in seiner Realistik zeigte, wozu man sich der besten literarischen Werke be¬ diente. welche die türki¬ sche Sprache besitzt. Der gelungenste türki¬ sche Film, ein Achlakter. war „Atesch Gömlek" (..Das Feuerhemd") nach dem gleichnamigen Ro¬ mane der türkischen Schriftstellerin Halide-Edibe-Hanim (hergestellt vom Film-Kemal in Konstantinopel), obwohl ein Kriegsfilm, so doch ohne Tendenz, da man keinen einzigen feindlichen Soldaten erblickt. Trotzdem werden alle Schrecken des Krieges ausführlich dargestellt. Ein zweiter ist der Detektivfilm „Kiss-Kulesi-Fadschiasi" („Die Tragödie des Leanderturms") nach Art der ameri¬ kanischen Verbrechergeschichten, der jedoch nur im Orient denkbar ist. Der Film zeigt landschaftlich wunderbar gelungene Aufnahmen von Konstantinopel und Umgebung. Man sah ferner einen historischen Film „Suitan Mehmed Fatich" („Sultan Mehmed. der Sieger"), in dem die Er¬ oberung Konstantinopels dargestzllt wird und in welchem auch aktive türkische Soldaten mitgewirkt haben. In allen diesen Filmen wird sehr wenig mit A'.elier- und Innenaufnahmen, in manchen nahezu mit neun Zehntel Außenaufnahmen gearbeitet. Dazu bietet nicht nur die schöne Um¬ gebung Konstantinopels Gelegenheit, sondern auch der Umstand, daß auf die¬ sem Wege die Filme nicht zu teuer werden. Vor allem muß erwähnt werden, daß die türkische Bühne, die bis vor kurzem auf Armenierinnen und Griechinnen als Schau¬ spielerinnen angewiesen war. nach der Aufhebung der traditionellen Ver¬ schleierung der Frauen nunmehr vom fremden Elemente vollkommen frei ist und man von einer reinen nationaler, türki¬ schen Bühne bzw. von einem reinen nationalen türkische Film überhaupt erst jetzt sprechen kann. Die beste türkische Film- schauspielcrin ist zurzeit Nadjie-Hanim, eine junge Dame aus bester Konstan- tinopeler Familie, die sich auf der Bühne und auch literarisch betätigt. Ich habe die Gelegenheit be¬ nützt. sie im Konstanti- nopcler Theater Schehsade-Baschi zu sprechen. „Man wun¬ dert sich hier in Konstatinopel über mein Können, obwohl nicht nur ich, Sündern alle türkischen Schauspielerinnen noch Anfängerinnen sind und eigentlich noch die jüngsten Schülerinnen der alten, aber für uns neuen Kunst sind. Wir haben den Weg freigemacht für die neue Generation. ' Als Ateliers zur Innenaufnahme der türkischen Filme werden zurzeit Konstantinopeler Theaterbühnen ge¬ braucht. Man erzielt damit Szenen, die meist sehr eng, aber in der Regel doch gute Bilder sind.