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m Norden Berlins, in der v iclgcnanntcn Ackcrstraßc. steht ein Gebäude, das eines der interessantesten des ganzen Reiches ist — trotzdem man seiner einfachen, grauen Front so gar nichts davon anmcrkl. Das ist der „Meyershot" — das „Haus der tausend Seelen" ein Gebäude, das in einem Vorderhaus und sechs Hinter¬ häusern über 2000 Personen beherbergt. Auf demselben Grund und Boden gebaut, den der Alte Fritz einst als „unverkäuf¬ liches“ Siedelungsland be¬ stimmte. steht heute das tvpischste Produkt der Ber¬ liner Bauentwicklung — das Haus mit den vielen Höfen und Hinterhäusern! — Grund und Boden wurden immer teurer durch das lawincn- gleiche Anwachsen der haupt¬ städtischen Bevölkerung jeder Quadratfuß mußte ge¬ nutzt werden! — und der Fremde ahnt kaum, was sich manchmal hinter den Stra¬ ßenfassaden mancher Häuser verbirgt! v Auch auf die Entwicklung besonderer Eigenarten im Berliner Kinobau sind diese Umstände nicht ohne Einfluß geblieben. Manche Gegend war rasch reif geworden für ein größeres Kino — die klei¬ ner. Läden reichten nicht mehr aus. Aber — was tun? Häuser kaufen und umbauen?! Oder gar neu bauen?! Bei den Preisen? Nein! — Man verfiel auf ein einfacheres Mittel. Man suchte die Ge¬ legenheiten auszunutzen, die gewisse Anlagen auf den an sich schmalen, aber tiefen Grundstücken boten: ehe¬ malige Festsäle, große Lager¬ räume usw„ die „hinten" lagen, wurden zum Licht¬ spieltheater umgebaut! Und so findet man heute noch manche „Fassaden" von Lichtspieltheatern, die ledig¬ lich in c.nem Torbogen be¬ stehen, durch den nan erst das erste Haus durchschrei¬ ten muß — um über einen Hof ins Kino zu kommen! So entsteht eine Absur¬ dität: die Straße beherrschenden Rcklamccntfaltung! Kaum ein unigcbautcs Schaufenster — nur ein Torbogen und. soweit die Hauswirte und Nachbarn es erlauben, eine reichlichere Plakaticrung . . . Wer glaubt, hinter dem Eingang des Concordiapalastes ein derart monumentales Gebäude zu finden?! Und doch führt dieser Tor¬ bogen zu einem Lichtspiel¬ theater von 1400 Plätzen! Durch einen einfachen Tor¬ bogen schreitet man auch in einen weil ausladenden Gar¬ ten. um in die fast 1000 Plätze große Alhambra-SchöncherM zu kommen. Und wer glaubt, daß hinter dem Wirtsgarten, durch den man zun- „Lichtspielpalast Schweizergarten" schreitet, ein Kino von 730 Platzen liegt?! Wie eine seltsame Erinne¬ rung an vergangene Zeiten muten dagegen Eingang und „Innenfront" der Llhulicht- spicle in Alt-Moabit an, die nur 250 Plätze zählen und die sicher an diesem Platz nie entstanden wären, wenn nicht seinerzeit die Bedürf¬ nisfrage eine sehr große ge- Die Uhulichtspielc entstan¬ den 1906. und ihr Fassungs¬ raum war für die damalige Zeit ein ganz anständiger! Schwcizcrgarlen und Con- cordiapalast entstanden 1018! Man tragt in diesen Jah¬ ren nicht nach dem geeigne¬ ten Platz, wo ein Lichtspiel¬ theater eigentlich hingehört — sondern nach der Lokali¬ tät, die sich allenfalls am besten zum Kino eignet! So entstehen die „Kinos abseits der Straße", — diese Lichtspieltheater, die zwar dem ausgesprochenen Be¬ dürfnis der Umgegend ent¬ sprachen. für die man aber vor dem Kriege wie gleich nach dem Kriege keinen bes¬ seren Platz finden konnte - weil er viel zu teuer gewesen Auf diese Weise entsteht das große Paradoxon des Kinos, das sich von der Stra ßenfront entfernen muß. trotz¬ dem sein innerstes Wesen gerade die breite, leuchtende Straßenfront verlangt! Dies ist aber gleichzeitig auch ein Beweis dafür, wie innig das Kino mit dem Leben der Großstadt ver¬ wachsen ist, weil cs soga - leben und gedeihen kann - „Das Kino abseits der Straße!" Die Straße gibt sozusagen nur eine „leere Front". Nur Plakate, Schaukästen und Anzeigen! Keine architekto¬ nisch auffallende Fassade, die allein schon den Blick fes¬ seln könnte, keine Möglich¬ keiten zu einer machtvollen,