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dcr Kc^iss«ur des Films „Zucht- haus", zu den AUerjüngsten ge¬ höre Daß er langsam v.m Hilfsregisseur zum Spielleiter aufgestiegen sei, und daß man ein Erstlingswerk zu beurteilen nabe. Was um diese Tatsache hcr- i'm über die ernste Arbeit auch der anerkannten Regisseure und ^tars an der Filmhochschule in Moskau erzählt wurde, gibt zu denken. Es hat selbstverständ¬ lich theoretisch außerordentlich viel für sich, aber ob in der raxi * Höchstleistungen durch eine Filmhochschule zu erzielen smd. dürfte zunächst noch viel umstritten sein. Dieses theoretische Moment «der _ wenn man will _ der -kadcmische Charakter der russischen Filmkunst zeigt sich Mar und deutlich in dem Sibi- ricnfilm. Er erinnert an die ersten tiastspicle des Moskauer Thea- Icr* Deutschland, das uns olstoi näherbringen wollte «nd das beinahe iede Vorstel- damit eröffnelc. daß man unachst einmal minutenlang 'ine leere Dekoration sah. so¬ usagen als Stimmungsfang, au dann die eine oder andere “erson über die Szene ging. ohne ein Wort zu sagen, bis dann schließlich nach einer ver¬ hältnismäßig langen Wartezeit das Spiel begann. Dieses System, das irgendwie fundamental für die russische Darstellungskunst zu sein scheint, hat man auch hier im Film angewandt. Es beginnt mit Naturaufnah¬ men, die Stimmungsfaktor sein sollen. An sich keine schlechte Idee, aber für unseren deut¬ schen Geschmack und vor allem für den größten Teil des Kinopublikums deswegen un¬ erträglich, weil sich dieses Spiel mit der Landschaft, die¬ ses Überblenden in hundert und tausend kleine Details ohne Menschen allzu oft wiederholt. Auch sonst vermißt man in diesem Film das starke drama¬ tische Moment. Vielleicht liegt uns hier in Deutschland der ganze Stoff nicht. Vielleicht ist cs die Grundtendenz, die uns abstößt. Dieser allzu schroffe Gegensatz zwischen dem Gc- fäcgnisdircktor Peter Scharf- sky, der ab und zu wie ein Clown wirkt, und der über¬ ethischen Schilderung der poli¬ tischen Gefangenen. Leute, die den Fiim von früher kennen, führen das zum Teil auf die Bearbeitung durch Ernst Toller zurück Es zeigt sich wieder einmal, daß ein Ly¬ riker und Dichter nicht un¬ bedingt der richtige Mann zur Bearbeitung eines Kinodramas ist. An sich sind die Titel be¬ langlos. Nicht besser und schlechter als sie jeder Durch¬ schnittsdramaturg macht. Eine leise Erinnerung an das Titel¬ fiasko des großen Gerhart Hauptmann, aus dem die „De¬ nisse“ im Falle Toller hätte lernen sollen, steigt auf. Eigentlich schade, daß diesem Film die Wirkung versagt bleibt. Bedauerlich, daß die starke Auftragung der Tendenz einen an sich guten Entwurf zur Wirkungslosigkeit verur¬ teilt. Aber schließlich sind die deutschen Lichtspielhäuser, im ganzen genommen, keine Ez- perimcnticranstaltcn. Keine Stätten zur Ausprobierung an sich interessanter künstlerischer Probleme. schwer ist, generell zu entscheiden, inwieweit die¬ ses Bild in den Spiclpian des einen oder anderen Theaters hineinpaCt. Mit ccr Grundtendenz könnte man sich schließlich noch ein¬ verstanden erklären. denn schließlich besteht darüber in der ganzen Kulturwelt nur eine Meinung, daß Sibirien nicht ge¬ rade der humanste und idealste Aufenthaltsort für Gefangene Aufenthalt gewesen ist. Aber es darf nicht vergessen werden — und das muß gerade bei diesem Sowjetfilm betont werden, daß Sibirien auch heute noch besteht. Es ist einer der kleinen Trep¬ penwitze, der Weltgeschichte, daß am selben Tag. wo dieser Film seine Uraufführung erlebt, die Nachricht durch die Welt¬ presse geht, daß der Genosse Trotzki aus Rußland nach der Türkei geflüchtet ist. Es löst eigenartige Gefühle aus, die Karikatur auf den ab¬ soluten Zarismus in höchster Übertreibung zu sehen, wenn man kurz vorher die Flucht des Revolutionärs Trotzki vor den Revolutionären zur Kenntnis genommen hat. Aber das sind Reflexionen, die das Kinopublikum vielleicht nicht in dem Maße hat. Schlie߬ lich entscheidet gerade bei der Beurteilung dieses Films eine gewisse Sympathie oder Anti¬ pathie, so daß jeder selbst mit sich abmachen muß? ob er die¬ sen Film in seinen Spiclpian aufnehmen soll oder nicht.