Der Kinematograph (June 1929)

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Amerika plant wirtschaftspolitische Filmzensur Das amerikanische Kongre߬ mitglied Grant M. Hudson will im Weißen Hause demnächst ein eigenartiges Gesetz «inbrin¬ gen. Sein Plan, der eine Art wirtschaftliche und politisch* Zensur für exportierte Filme vorsieht, läuft darauf hinaus, daß das amerikanische Han¬ delsministerium das Recht haben soll, jeden Film vom Ex¬ port auszuschließen, der irgend¬ wie den amerikanischen Außen¬ handel oder die Beziehungen Amerikas zum Ausland schädi¬ gen könnte. Es wird ausdrücklich betont, daß das Gesetz keine mora¬ lische Zensur bedeuten soll, daß alles, was in Deutschland bei der Filmprüfung im Vorder¬ grund steht, das Verrohende. Entrittlichende, erst in zweiter und letzter Linie kommt. Es handelt sich für dea An¬ tragsteller vielmehr darum, die¬ jenigen Filme vom Export aus- zuschl.eUen, die der amerikani sehen Wirtschaft und den po- litis :hen Interessen der U.S.A. Schaden bereiten könnten. Er heißt in dem Antrag un¬ gefähr wörtlich, daß es viele amc Manische Filme gebe, die Angehörige anderer Nationen in einet Weise darstellen, daß das ausla tdische Publikum an den betreffenden Filmen so lebhaf¬ ten Anstoß nähme, daß sie als eine Gefahr nicht nur für den Außenhandel Amerikas, son¬ dern auch für dessen freur.d- schaft iche Beziehungen zu jenen Nationen betrachtet wer¬ den könnten Es wird weiter in dem An¬ trag betont, daß der Film zwei¬ fellos eine große Reklame für amer'kanische Produkte dar¬ stellen könne. Aber gerade deshalb sei e.ne Überwachung notwendig, damit im Interesse des allgemeinen Exports nichts geschehe, was eher Schaden als Nutzen bereiten konnte. Hudson führt übrigens inter¬ essanterweise aus, daß eine Zensur ja schon deswegen ohne weiteres durchgeführt werden sonne, weil der Absatz nach Europa, den er für ausschlag¬ gebend für den amerikanischen Filmexport ansieht, sciior an sich kontingentiert sei. Selbst ein Verbot des einen oder an¬ deren Films wäre deshalb für die amerikanische Filmindustrie ohne irgendwelchen Schaden tragbar. Ein anderes Kongreßmitglied namens Brockhart propagiert die „Überwachung der Film¬ produktion an der Quelle '. Er regt an, daß amtliche Zensoren bei der Herstellung oder min¬ destens beim Schneiden der Filme zugegen sein sollen. Nebenbei sei noch bemerkt, deß sich der amerikanische Kongreß demnach.* I auch r.iit dem System des Block Boo- king beschäftigen soll, das man in Amerika genau so wie in England grundsätzlich unter¬ sagen will. Alle diese Dinge werden jetzt natürlich die großen Filmorga- ni'ationen beschäftigen, und es kann heute schon als ganz selbstverständlich voraasg-stgt werden, daß der amerikanische Kongreß seine Maßnahmen m engsten Einvernehmen mit der Industrie trifft. Man weiß drü¬ ben, daß wirtschaftliche Ma߬ nahmen eben nur mit den in Frage stehenden Industriellen gemeinsam beschlossen und durchgeführt werden können. Bei uns stehen die leitenden Beamten an den verschiedenen Stellen meist auf dem selben Standpunkt. Sie sonnen nur leider mit ihrer Ansicht häufig nicht so leicht durchdringen, weil in den Parlamenten partei¬ taktische Rücksichten über gesun¬ den Wirtschaftsverstand siegen. Vom römischen Ende Juni fand in Rom die Sitzung des Ständigen Aus¬ schusses des Internationalen Institutes für Lehrfilmwesen statt. Deutschland war durch Herrn Geheimrat Professor Dr. Krüß. Generaldirektoi der Preu¬ ßischen Staatsbibliothek, and der Generalsekretär des Völ¬ kerbundes durch Minister Al¬ bert Dufour-Feronce vertreten. Das Komitee hat mit großer Genugtuung von der Arbe t. d,c das Institut auf allen einschlä¬ gigen Gebieten leistet, Kennt¬ nis genommen. Nach kaum sechsmonatigem Bestehen ver¬ fügt das Institut heute über eine vollständige Organisation in jeder Abteilung: der hygieni¬ schen und sozial-fürsorglichen Propaganda-, der Berufsbera¬ tung*der landwirtschaftlichen, der technischen, der Lehrfilm- Abteilung und des Quellennach¬ weises usw. Für den Quellennachweis wurde eine Archivkartei, die Lehrfüminstitut schon heute 11000 Karten auf¬ weist, angelegt. Für den Aus¬ kunftsdienst werden über 200 Zeitungen und Zeitschriften be¬ arbeitet. Monatlich werden über 1200 Karten für die Infor¬ mationskartei hergestellt. Es wurde ferner eia Patent- Archiv eingerichtet, welches sämtliche auf dem Gebiete der Kinematographie seit 1800 bis heute erteilten Patente enthält. Das Internationale Institut für Lehrfilmwesen ist das erste Völkrrbutidnrgan, welches eine über 120 Seiten starke Monats¬ zeitschrift in fünf verschiedenen Sprachen and in 5000 Exem¬ plaren gratis in allen Ländern zur Verteilung bringt. Das In¬ stitut ist das erste Völkerbund¬ institut. welches auch die deut¬ sche Sprache zu seinen offi¬ ziellen zahlt und seine Monats¬ schrift auch in deutscher Sprache herausbringt In Ergänzung der in Nr. 146 des „Kinematograph" ange¬ führten, für die Filmmusik be¬ achtenswerten Nummern ist noch besonders hinzuwei- weisen auf die beiden ent¬ zückenden Lieder „Ich schleich* zur Nacht" und „Salbst die roten Rosen küssen" aus der Operette „Der blonde Zi¬ geuner" des Komponisten Mar¬ tin Knopf, der viel zu wenig gewürdigt wird. — Diese bei¬ den Nummern eignen sich be¬ sonders für musikalische Unter¬ malung von blühender Land¬ schaft und Nachtstimmung. — Sehr melodiös mit echt Wiener Einschlag wirkt „Ohne Frau und Musik", ein Boston von Dr. Ralph Benatzky, ruhige, bar ist der mehr rezitatorische Oncstep espagnole „San Se¬ bastian" desselben Kompo¬ nisten. — Ohne bestimmten Char. kter, neutral verwendbar, amoiaöse Stimmung. — Für Film-Musik weniger verwend- tich will dir rote Nelken bringen — mein Schatz", Foxt.-olt von Harry Waldau. — Das RolKschiid-Lied von Willy Präger kann ich mir gut zu einem Film wie „Das alte Ge¬ setz" oder ähnlichem denken. Ohne Text, also nur orchestral, ist es kaum verwendbar wegen seines ausgesprochenen Cou¬ plet-Charakters. — Der flotte Foxtrott „Kurfürstendamm" von Hans Georg Pfeffer ist als mo¬ dern und mondän gehaltene Musiknummer ein freundliches Beiwerk für Großstadtszenen. — Ein schmissiger Marsch, lür Militär- und Sportszenen ge¬ eignet, ist „Deutscher Sport“ von Siegwart Ehrlich. — Eine nette Beigabe für zusammen¬ hängende lustige Filmhandtun¬ gen repräsentiert das Pot¬ pourri aus der „Sechscr-Ope- retie" von Walter Bromme. — Im allgemeinen darf man die¬ sem Verlage sagen: „Weniger wäre mehr.“ H. Leonard. Neue Film -Musik das nette Wiener Tonfilmpremiere Von unserem ständigen J. J. - Berichterstatter Am 2. Juli d. J. fand 12 Uhr mittags im großen Saale der Urania ein für die österreichi¬ sche Kinematographie sehr be¬ deutungsvolles Ereignis, die ge¬ schlossene Vorführung der ersten Proben von verschiede¬ nen Ton- und Sprechfilmen nach dem System Thirring. statt, die sowohl bei der an¬ wesenden Fachwelt, als auch bei der gesamten Presse volle Anerkennung fand. Generaldirektor Oskar Czcija von der Rawag begrüßte die Gäste und machte die An¬ wesenden mit den Zielen der Selenophon-Licht- und Ton- hi Id-Gesellschaft m. b. H. be¬ kannt. Professor Dr. Thirring und Regierungsrat Professor Dr Richtera von der Ravag erläu¬ terten hierauf die technische Einrichtung der Selcnophon-Ge Seilschaft. Die Vorführung selbst erfolg¬ te auf die Weise, daß der Ton- filmwiedargabeapparai an den Filmprojektor der Urania an¬ geschlossen und der Großlaut¬ sprecher hinter der Leinwand installiert wurde. Die Vorfüh¬ rung selbst begann mit einer im sprechenden Film aufgenomme¬ nen Begrüßungsansprache des technischen Direktors der Se- lenophon, Olkmar Hampel. Hier¬ auf erfolgte die Wiedergabe einiger Filmaktualitäten, wie das Anfahren einer Großloko¬ motive, Szenen der Semmering¬ feier. verschiedene T onkurz- filme, Zigeunermusik, Heurigen¬ quartett, Ballcttevolutionen der Staatsoperntänzerinnen und ein Singspiel des Deutschen Volks¬ gesangsvereins. Das Neuartige der Erfindung Professor Thirrings erstreckt sich sowohl aul die Tonauf¬ zeichnung als auch auf die Ton¬ wiedergabe. Die Reproduktion der Tonhöhe und der Ton¬ stärke ist durchaus exakt und dem natürlichen Klang ent¬ sprechend.