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Aullage: 4900 «F FILM-FACH BUTT V VERLAGSCHERL* BERLIN SW 68 SS-rtfJ— 23. Jahrgang Berlin, den 5. Juli 1929 Man kann schon fernsehen Die Reichspost als Fernfilm-Verleiher Die Amerikaner verlassen die Chambre Syndicale Der französisch-amerikanische Kontingentkonflikt, dessen friedliche Beilegung inan mit einer gewissen Regelmäßigkeit alle zwei bis drei Tage aus Paris meldet, scheint doch noch nicht so ganz in Ordnung zu sein. Jedenfalls meldet ucs ein eigenes Telegramm aus Paris, daß die Vertreter der amerikanischen Filmgesellschaften ihren Aus¬ tritt aus der Chambre Syndicale erklärt haben Offiziell und nach acBe.n hin wird bei dieser Gelegenheit von amerikanischer Seite trnent erklärt, daß nun lieber ganz auf den französischen Markt verzichten wolle, als sich den neuen Finfuhrbcstimmungen zu unterwerfen Wenn nicht alles trägt, haben sich sowohl die Führer der Verhandlungen auf französischer wie auf amerikanischer Seite in eine Sackgasse verrannt, aus der man ietzt viel schwerer herauskann, als man hineingelangt ist Auch in Amerika schreit man nach dem stummen Film In den führenden New-Yorker Tageszeitungen erscheinen Proteste des Publikums gegen die völlige „Vertreibung" der stummen Filme durch d-: „Talkies". Die .Herald-Tribune" ent¬ hält sie wie der „New York American", die „World wie die ,N. Y. Times", und sie sind alle wesentlich auf den gleichen Ton gestimmt: Das Publikum wittert eine Diktatur der Film¬ produzenten und lehnt sich gegen die ausschließliche Vorfüh¬ rung der „Talkies" auf: es fordert die „stummen" Filme zurück. In der „Herald-Tribunt" behaupten einige Zuschiiften, daß Theater, die nur stumme Filme brächten, bis auf den letzten Platz besetzt seien. In der „N. Y. Times" sagt Mrs. Irving Cornes. die eine führende Rolle in der Sozialpolitik spielt: „Ich konnte täglich die Proteste gegen die Ausschließlichkeit der .Talkies' lesen Viele Personen hahen sich mir gegenüber ge¬ äußert, daß sie die unnatürlichen Stimmen und Töne nicht lieben. So hoffe ich mit den andern, daß die Produzenten wieder zu den stummen Filmen zurückkehren." Es erscheint nicht ganz ohne Interesse, auch einer breiteren Öffentlichkeit da¬ von Kenntnis zu gehen, daß bereits seit einiger Zeit über den Berliner Rundfunksen¬ der regelrechte Fcrnsch- iibertragungen vorgenom- men werden. Map. will anscheinend, ge¬ nau so wie beim Funk, eine Monopolisierung des Fern¬ sehens vornehmen und denkt auch bereits daran, sobald man technisch soweit ist, neben dem bisherigen Funk¬ programm. das durch Sehen ergänzt wird. Filme über den Fernsehsender zu über¬ mitteln. Wie weit die Dinge sind, geht daraus hervor, dali in diesen Tagen bereits ein Fernsehkonstruktionsplan im Handel erscheint, der von einem der bekanntesten Pioniere der Radiotechnik, Dr Fügen N es per, stammt.*) Es heißt in den Ankündi¬ gungen dieser Schrift, daß cs jedem, der am Basteln Freude hal. an Hand dieses Plans möglich ist, sich einen Fernsehempfänger selbst herzustellen. Irgendwelche theoretischen Kenntnisse der Radiotechnik seien nicht er¬ forderlich. \X ir erinnern daran, daß »'■r vor mehreren Monaten an dci gleichen Stelle sehr nachdrücklich auf die Fort¬ schi itle in der Fernsehicch- nik hingewiesen haben. Daß wir vor allen Dingen darauf aufmerksam machten. daß sehr schnell von seiten der Industrie aus Schritte getan werden müßten, die eine Monopolisierung des Fern- sehhetriebs. soweit der Film in Frage kommt, verhinder- Man soll die Dinge, die jetzt durch das Erscheinen des Nespcrschen Buchs be¬ kanntwerden, nicht allzu leicht nehmen. Der Tonfilm — darüber kann kein Zweifel sein — ist der beste Wegbereiter für diese zentralisierten Fernschubertragungen, die allerdings aus hundert und tausend Gründen nicht von heut auf morgen zu reali¬ sieren sind. Bei denen aber immerhin die Gefahr besteht, daß die Reichspos*. — also der Staat — Mitunlcrnch- mer werden will. Jedenfalls kann also heute schon jeder in Deutschland, genau so wie in England, wenn er sich eine entspre¬ chende Apparatur besorgt, das Resultat der Fcrnseh- versuche auffangen. Es wäre außerordentlich .-rwünschl gewesen, wenn man von seiten der Reichs¬ post im seihen Augenblick, wo mar. ernsthaft die ersten Sendefilmexperimente machte, auch sachverständige Mitar¬ beiter aus den Kreiser un- se-ei Industrie gesucht h<tte Schließlich ist die Film¬ industrie, wie Minister bei allen Gelegenheiten betonen, auct eine kulturell wichtige Angelegenheit. Gestern erst war hier in diesen Spalten zu lesen, wie' man Filmdinge in Amerika sicht. Vielleicht kann man in Aussprachen zwischen Spitzenorganisation und Re chspost zunächst die Si¬ tuation einmal authentisch klären. Vielleicht ist hier auch ein dankbares Feld für den Herrn Reichstagsabge- ordieten Siegfried und seine Partei, die sicher genau so wie andere Fraktionen, rechts oder links, kaum ein Interesse daran haben, daß nach dem Radio über kurz oder lang auch der Film ver- staatkeht wird. Es handelt sich bei dieser Sozialisierung nicht etwa allein darum, ob die Inter¬ essen des Filmkapitals ge¬ schädigt werden, sondern es kann sich hier auch eine Be¬ vormundung und Beeinflus¬ sung der großen Masse her¬ ausbilden. die im Interesse keiner der Parteien liegt. Wir warnen zum zweiten¬ mal und hoffen, daß jetzt, wo Nespers Buch vorliegt, das ausdrücklich mit dem Hin¬ weis angekündigt wird, daß schließlich jeder, der Lust und Liehe h; t. bereits un¬ vollendet fernsehen kann, von den zuständigen Indu¬ strieinstanzen die Schritt? getan werden, die zur Wah rung unserer berechtigten Interessen notwendig sind.