Der Kinematograph (January 1930)

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fr'«. das^iiecte FILM-FACH BLATT VERLAG SCHERL * BERLIN SW 68 Berlin, den 3. Januar 1930 Amerika rüstet für die neue deutsche Saison Es scheint doch nicht ganz so ernst mit dem Boykott der Amerikaner für den deutschen Markt zu sein, wie man im allgemeinen drüben in New York zu erklären pflegt. Jedenfalls rüsten sich die amerikanischen Repräsentan¬ ten in Deutschland langsam, einer nach dem andcien, zu großen Informationsreisen, die auch diesmal, genau so wie früher, in die Zeit der Konvention fallen, die all¬ jährlich von den führenden Firmen mit ihren sämtlichen Auslandsvertretern abgehal¬ ten wird. Gestern abend hat Phil Kaufmann, der deutsche Ver- leihdircktor von Warner- First National, Berlin verlas¬ sen, und in der nächsten Woche folgt ihm General¬ direktor Außenberg. Der Repräsentant von War¬ ner erklärt eindeutig, daß cs seine Hauptaufgabe ist, aus der neuen Produktion das geeignete Material für Deutschland auszusuchen. Er rechnet für seinen Be¬ trieb bestimmt mit dem far¬ bigen Film und verrät uns, daß das erste mehrfarbige Talkie bereits auf dem Damp¬ fer ist und zur selben Zeit in Berlin sein wird, wie er in New York. Er setzt uns auseinander, daß cs auch für einen ameri¬ kanischen Verleiher, der in Berlin sitzt, wesentlich ist, die Entwicklung des ameri- kanischen Marktes zu Studie- ren. Er wird deshalb auch eine Reihe Provinzstädte in U. S. A. aufsuchen, um Er¬ fahrungen über die Entwick¬ lung des Publikutngeschmacks zu machen und sich even¬ tuell mit neuen Methoden beim Herausbringen der Filme in den Theatern ver¬ traut zu machen. In der kommenden Spiel¬ zeit wird die Berliner Natio¬ nal in allererster Linie na¬ türlich hundertprozentige Tonfilme herausbringen. Darunter werden sich zwei Al- Jolson-Filmc befinden, und zwar der berühmte Film „Mammy" und ein Schlager „Sag' es in Liedern'', der augenblicklich bereits in Lon¬ don erfolgreich läuft. Sehr wesentlich in seinem neuen Programm werden die einaktigen Tonfilme sein, die anstelle des bisherigen Bei¬ programms treten und die entweder kleine Gesangs-, Tanz- oder Orchesternum¬ mern darstellen, oder be¬ rühmte Opernsänger in ihren bedeutenden Partien zeigen. Diese kleinen Talkies wer¬ den in Amerika in immer größerer Vollendung heraus¬ gebracht und haben nach Ansicht Phil Kaufmanns auch .n Deutschland geradezu sen¬ sationelle Erfolge erzielt. Die Bilder sollen nach wie vor neben der prozentualen Leihmiete zu einem Fest¬ preis vermietet werden. Der europäische Film¬ boykott, der eventuell von Amerika propagiert wird, kommt für die Warner-Be¬ triebe nicht in Frage. Man scheint sogar die Ab¬ sicht zu haben, eventuell auch bei einer Durchführung der New-Yorker Beschlüsse durch alle anderen Kon- Man läßt sich anscheinend dabei von dem Gesichts¬ punkt leiten, daß Warners kein Interesse haben, sich besonders stark für die Inter¬ essen von Western Electric einzusetzen. Es ist ja bekannt, daß zwi¬ schen Warner und Western Differenzen bestehen. die drüben bereits seit längerer