Der Kinematograph (January 1930)

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AE** das Alteste Mxfm mW FILM-FACH BLATT V m ! ■——— iRLIN SW 68 ‘ m 24. Jahrgang Berlin, den 11. Januar 1930 Nummer 9 Nationale Filme sind international Es kann keinem Zweifel un¬ terliegen. daß eine der wich¬ tigsten Fragen für die deutsche Filmproduktuin — aber auch für den deutschen Theater- bcsitzer und Verleiher — die Internationalität des Ton¬ films ist. Je größer der Verbreitungs¬ kreis unserer Produktion wird, desto höher können die Sum¬ men s»in, die man in das ein¬ zelne Werk investiert. Aus diesen Gedankengän¬ gen heraus ist man zu dem hier oft zitierten „internatio¬ nalen Generalnenner" ge¬ kommen. den man dem Manu- skripl und der Besetzung zu¬ grunde legte. Nun ist es interessant, daß ein genauer Kenner der deut¬ schen und der amerikanischen Mentalität, der erfolgreiche Regisseur Ludwig Berger, bei seinem jetzigen Aufenthalt in Berlin den fundamentalen Grundsatz aufstellt, daß für Deutschland nur eine natio¬ nale Filmproduktion in Frage komme. Selbstverständlich faßt er den Begriff „national" nicht in einem politischen Sinn, sondern meint lediglich, daß wir hier in Deutschland nur dam Chance haben, mit einem Film in die Welt zu dringen, wenn er die spezi¬ fische Anschauung unseres Landes zur Geltung bringt. Berger stellt zwei funda¬ mentale Leitsätze für die deutsche Tonfilmproduktion der Gegenwart auf. Er behauptet zunächst, daß ein guter Tonfilm nicht viel teurer zu sein braucht als das stumme $i!d. Seiner Meinung nach habe man auch nicht mehr nötig, Millionenfilme zu machen, um wirklich hervorragende Leistungen zu bieten. Es ist hier nicht der Raum, diese Feststellungen im ein¬ zelnen zu begründen. Aber es sei versichert, daß Berger den Nachweis beinahe bis ins Kleinste führt und dabei nicht mit Unrecht bemerkt, daß diese Einstellung auf das Nationale außerdem erheb¬ liche ökonomische Vorteile habe. Zunächst stellt er aus der Praxis heraus fest, daß ein Teil der amerikanischen Pro¬ duktion der ganzen Anlage und Art nach in Europa wahrscheinlich nicht gefallen werde. Al Jolson stellt an sich eine Ausnahme dar, weil er erstens einmal nicht als hun¬ dertprozentiges Talkie er¬ scheint, und dann auch eine außergewöhnliche Persönlich¬ keit repräsentiert, die man nicht als Norm bezeichnen kann und darf. Im allgemeinen sind ameri¬ kanische Filme schon in der Grundlage, gerade beim Tal¬ kie, für spezifisch deutsche und österreichische Verhält¬ nisse teils zu kompliziert, teils in der psychologischen Szenen¬ führung zu wenig geeignet. Es wird sich bald zeigen, daß die Einnahmen aus Deutschland und Oesterreich die eigene deutsche Bearbei¬ tung drüben in Hollywood kaum lohnen, so daß ganz von selbst — von Ausnahmen abgesehen — der deutsche Tonfilmmarkt von Deutsch¬ land aus befriedigt werden muß. Berger, den man in diesem Falle als absolut objektiv anzusehen hat, weil er noch auf längere Zeit in Holly¬ wood zu sehr beachtlichen Gagen fest verpflichtet ist, und der als erfolgreicher Bühnen- und Filmregisseur gerace in diesem Falle be¬ sondere Autorität besitzt, deutet übrigens an, daß wir auch in bezug auf Darsteller beim Tonfilm in Deutschland beinahe ideale Verhältnisse haben. Berlin ist immer die Stadt der guten Schauspieler ge¬ wesen. Das würde sich beim Tonfilm besonders auswirken, weil für jede Aufgabe die ge¬ eignete Kraft vorhanden ist. Allerdings sei hinzugefügt, daß auch nach Ansicht Ber¬ gers das hundertprozentige Talkie nur ein Schlagwort darstellt, da man gerade beim sprechenden Film mit dem Wort besonders sparsam sein muß. Aber es gibt Geräusche, cs gibt Musik, es gibt unzählige Möglichkeiten und Kombina¬ tionen, die noch gewaltiger, intensiver und wirkungsvoller werden, wenn man die Farbe hinzuzieht, wie das in Ame¬ rika — heute schon zum Teil und morgen ganz —, eine Selbstverständlichkeit ist. Dieser Farbenfilm gibt uns auch eine neue Chance, wenn es einmal zum Fernsehen kommt. Weil man, vorläufig wenigstens, ja nur Schwarz¬ weißbilder übertragen kann. So daß dem Kino dann — wenn nicht wieder neue Erfindungen kommen — der sprechende Farbenfilm vorüe. halten bleibt.