Der Kinematograph (January 1930)

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DAS itlTESTI IIE.N FACH BLATT VERLAG SCHERL * BERLIN SW< Berlin, den 21. Januar 1930 Vernünftige in Tantiemere England Wie man englischen Fach- zeitungen entnimmt, schei¬ nen die Verhandlungen, die in den englisch sprechenden Ländern zwischen Filmprodu¬ zenten und Musikverlegern schweben, nun zu einem ver¬ nünftigen Abschluß zu kom- Träger der Abmachungen ist auf der einen Seite Western Electric und auf der anderen Seite die Music Publishers Association, kurz M. P. A. genannt. Es ist aber zweifellos, daß sich auf der einen Seite alle anderen Tonfilmfirmen die¬ sem Abkommen anschließen, während auf der anderen Seite sämtliche Autoren und Verleger der englisch spre¬ chenden Länder hinter dem Vertrag stehen. Danach wird der Western Electric für drei Jahre für sich und ihre ..gehörig auto¬ risierten Angestellten" eine „nicht ausschließliche Li¬ zenz" für jeden Tonfilm „auf die Dauer seines Bestehens" erteilt. Unter den „gehörig auto¬ risierten Angestellten" sind wahrscheinlich diejenigen Firmen zu verstehen, die im Aufträge von Western Elec¬ tric fabrizieren und Western Electric - Apparaturen be¬ nutzen. Die Betonung, daß die Li¬ zenz nicht ausschließlich sei, ist wahrscheinlich deshalb aufgenommen, weil vielleicht der eine oder andere Schla¬ ger verschiedenartig in mehreren Tonfilmen verwen¬ det werden kann, die dann beide lizenzberechtigt wären. Die Abgaben, die bezahlt ■werden müssen, betragen für das Weltcopyright hundert Dollar. 'An sich beziehen sich diese hundert Dollar auf jedes Musikstück oder Lied, das in dem betreffenden Tonfilm verwendet wird. Auf unsere deutschen Ver¬ hältnisse übertragen, bedeu¬ tete das an sich eine ganz anständige Abgabe. weil minimal heute doch zehn bis fünfzehn Piecen, tantieme- pflichtige Werke. neben Gema- und G. d. T.-freier Musik verwendet werden. Für einen solchen Film wären dann ' tausend bis fünfzehnhundert Dollar für die Weltrechte zu bezahlen. Man hat aber in dem Ver¬ trag auch mit der Möglich¬ keit gerechnet, daß die M. P. A. nur Lizenzen für bestimmte Teile der Welt be¬ sitzt. In diesem Fall sind bei Verwendung von vollständi¬ gen Kompositionen für die englisch sprechenden Länder 37.50 Dollar, für die Ver¬ einigten Staaten 25,00 Dollar, für die übrigen Länder der Welt 18,75 Dollar zu zahlen. Werden nur Teile von Kompositionen benutzt, so ermäßigen sich die oben¬ genannten Beträge auf die Hälfte. Das Weltcopyright beträgt in solchem Fall auch nur fünfzig Dollar. Man sieht schon aus die¬ ser einschränkenden Be¬ stimmung, daß bei fünfzehn¬ hundert Dollar dreißig ver¬ schiedene tantiemepflichtige Musikstücke benutzt werden ' können. Für den deutschen Kino¬ theaterbesitzer ergibt sich durch diese Abmachung ein besonders interessantes Pro¬ blem. Es ist bekannt, daß die Gema versucht. in Deutschland auch für Ton¬ filme Tantiemen zu erheben. Soweit die Filme der Western Electric in Frage kommen, wird das in Zu¬ gelung kunft nich. möglich sein. Diese Musik ist für den Theate -besilzer tantiemefrei, weil alle Abgaben bereits durch die Herstellerfirma ab- gegolten wurden. Es erscheint angebracht, vor allen Dingen Tobis und Klangfilm sowie die anderen deutschen Tonfilmfabrikanten auf diese Abmachungen hin¬ zuweisen. weil hier mit ver¬ hältnismäßig geringen Mit¬ teln Sicherungen bei Be¬ nutzung der englisch-ameri¬ kanischen Musik zu schaffen sind, die zweifellos heute bei der Beliebtheit der ameri¬ kanischen Schlager eine Rolle spielen. Zumindest ergibt sich aber schon durch diese Vorgänge in England klar und deut¬ lich. wie recht der Verband der Filmindustriellen hatte, als er die Forderungen der Gema zunächst ablehnte. So wie sich die Gema die Angelegenheit denkt, näm¬ lich daß man ohne weiteres beim Tonfilm genau so Ab¬ gaben erhebt wie bisher bei der Musik, kann und darf es auf keinen Fall gehen. Viel¬ leicht findet die Spitzen¬ organisation oder der In¬ dustriellenverband in den englischen Vorgängen einen Anlaß, die behördlichen Stel¬ len mit der ganzen Frage zu betrauen. Es muß jedenfalls Vor¬ sorge getroffen werden, da¬ mit nicht nachher wieder durch Prozesse. die von irgendwelchen Gutachten ab- hängen, Unruhe in die Ton¬ filmentwicklung getragen wird, die an sich in Deutsch¬ land mit genügend großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.