Der Kinematograph (February 1930)

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Ai**^^*’*»* ¥I IN'FACH BUTT W - — VERLAG SCHERL* BERLIN SW 68 i l t m» - 24 . Jahrgang Berlin, den 6. Februar 1930 Nummer 31 Vorn dagegen — hinten dafür CONSTANCE TALMADGE in dem Terra -United Artiiti-Film „Venue* Wir erleben merkwürdige Wunder und Zeichen. Auf der einen Seite wird in den Versammlungen gegen den Tonfilm gewettert, gegen die teuren, unerschwinglichen Apparate. Auf der anderen stehen die Hauptredner in diesem Kampf schon auf der Liste derjenigen Fortschritt¬ ler, die eine Tonfilmappara- tui in Bestellung gegeben Vorgestern verkündete man laut, daß Kinoton eine Erlösung sei, weil ihn die Theaterbesitzer halb ge¬ schenkt erhalten. Heute hört man. daß in einem großen Theater unter Um¬ ständen auch für diese neue Tonfilmschöpfung zehn- bis zwölftausend Mark bezahlt werden müssen. Also genau soviel, wie die Klangfilm und die Tobis für ihre Nadeltoneinrichtung verlangen, die dann nach¬ her durch einen Zusatzappa¬ rat auch für Lichtton ver¬ wendet werden kann. Man c-llle sich in den lei¬ tenden Kreisen der Theater¬ besitzer das Prophezeien langsam abgewühnen und allmählich einsehen, daß es gar keinen Zweck hat, Be¬ schlüsse zu fassen und Re¬ den zu halten, die lediglich dazu angetan sein sollen, der einen oder anderen Sparte Sand in die Augen zu streuen. Ganz abgesehen davon, daß das nicht so einfach ist, ergeben sich auch sonst einige nicht gerade sehr schöne Widersprüche. Auf der einen Seite be¬ schweren sich die Berliner, daß man von ihnen Zwangs¬ termine verlangt, und for¬ dern — mehr dringend als höflich —, daß man gefälligst Rücksicht nehme. Die Nachspicler geben um¬ gekehrt dem Verleiher Zwangstermine und scheren sich den Teufel darum, was die Erstaufführungstheater für Sorgen haben. Früher lief der Verleiher hinter dem Theatcrbesitzer her, damit er terminieren sollte. Viel Erfolg hat er dabei oft trotz Bitten und Drohungen nicht erzielt. Heute klagen die Theater¬ besitzer zum Teil, daß sie keine Termine bekommen können Ohne einzuschen, daß das nicht Schuld des Verleihers ist, der gern lie¬ fern würde. Die Schuldigen sind jene Erstaufführungstheater, die einen Tonfilm viel länger als einen stummen Film auf dem Spielplan hallen und die vielleicht deswegen, weil sie mit dem Tonfilm bessere Geschäfte machen. gegen den Tonfilm wettern. Vor einem Jahr war das Stille-Verfahren der Reiter am Tonfilmhimmel. Damals sandte man den berühmten Draht als Paket mit sieben Siegeln rund durch Deutsch- Der Vorstand des Reichs¬ verbands machte aus die¬ sem Versuch einen feier¬ lichen Akt, der sogar so feierlich war, daß man so¬ gar die Fachpresse in ihrer Gesamtheit — von Ausnah¬ men selbstverständlich ab¬ gesehen — nicht für würdig hielt, der Zeremonie beizu¬ wohnen. Das Geheimnis dieser Rundreise ist bis heute noch nicht gelüftet. Warum, ist allen denjenigen klar, die Stille von Anfang an schon aus technischen Gründen als ein indiskutables Experi¬ ment ansahen. Wir schreiben das nicht aus Schadenfreude, aus Lust an der Sensation, sondern lediglich deswegen, um ein¬ mal klar aufzuzeiren, daß es gar keinen Zweck mehr hat zu diskutieren, sondern, daß man sich praktisch bis zum kleinster. Theatcbesitzer mit dem Tonfilm beschäf¬ tigen muß Wir haben heute gerade dadurch, caß man die Not¬ wendigkeit des Nadeltoncer¬ fahrens für Deutschland ein- geschen hat, Zukunfts¬ chancen bis ins kleinste Kino hinunter. Wir s.nd stolz darauf, schon von Anfang an, uns genau so wie der Altmeister der Kinematographie Oscar Meßter für das Nadelton¬ verfahren eingesetzt zu haben. Es ist für Deutsch¬ land, vor allem für die klei¬ nen und mittleren Kinos, wie man jetzt richtig erkennt, das einzig Richtige. Es ist nicht uninteressant, daß die meisten Vorstands¬ mitglieder und Delegierten des Reichsverbands für ihre eigenen Tneatcr die Konse¬ quenzen gezogen haben und Tonfilmapparate aufstellen ließen. Es entbehrt auch nicht der Komik, daß das Licht¬ spielsyndikat, die wirtschaft¬ liche Vertretung von über sechshundert deutschen Lichtspiel - Theaterbesitzern, sich restlos auf Tonfilme umstellt, während der Reichsverband Proklama¬ tionen für den stummen Film erläßt. Man ist eben vorn gegen den Tonfilm und hinten da¬ für. Man hält etwas für kluge, wohlüberlegte Taktik, was jeder als einen nicht ernst zu nehmenden Schach¬ zug erkennt.