Der Kinematograph (February 1930)

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das Eheste FILM-FACH BUTT II VERLAG SCHERL 4c BERLIN S Berlin, den 13. Februar 1930 Alte Gema-Scherze in neuer Auflage Der Reichsverband der Musikverbraucher versendet eine interessante Denkschrift, die von dem Kapellmeister Albert Schacht stammt und wieder einmal klar zeigt, auf welch tönernen Füßen in den meisten Fallen die Gema- Anzeigen stehen. In einem Prozeß, den die G^ma in Hamburg anstrengte, machte sie die unberechtigte Benutzung von fünfundneun- zv : Musikstücken geltend. Der Kapellmeister konnte na:!iweisen, daß er von die* sc:i fünfundneunzig Stücken ca. ein Viertel schon des¬ wegen nicht gespielt haben kann, weil er die Werke unter seinen Noten überhaupt n>-:lit besitzt und zum Teil üb' rhaupt nicht kennt Sechzehn weitere Werke sind an dem fraglichen Tag bestimmt nicht benutzt wor¬ den. Was die übrigen Stücke angcht, so ist bei einem Teil zunächst die Zuständigkeit der Gema zweifelhaft, weil nämlich die G. D. T. diese W rke für sich reklamiert. Oieser Teil der Schachl- schca Denkschrift ist aber der weniger interessante, weil er sich auf den speziel¬ len Streitfall bezieht. Was für die deutschen Theater¬ besitzer aber unendlich wichtig ist. ist die Tatsache, daß hier ein Dirigent, der die Tantiemefrage einmal ernsthaft erwägt, zu grund¬ sätzlich interessanten Resul¬ taten kommt. Er behauptet nämlich, ge¬ stützt auf beweiskräftiges Material, daß es im allgemei¬ nen gar nicht möglich ist, genau festzustellen, wo ein Werk tantiemepflichtig ist. Das gilt in erster Linie von Bearbeitungen klassischer Werke, die an sich tantieme¬ frei wären und nur unter Umständen deswegen plötz¬ lich wieder unter das Tan¬ tiemegesetz fallen, weil je¬ mand irgendwo ein paar Akkorde anders geordnet, oder weil jemand aus zwan¬ zig Walzern von Johann Strauß durch verbindende Akkorde ein neues Opus gemacht hat. Schacht schlägt bereit; für den gegenwärtigen Zustand mit Recht vor, daß alle No¬ ten einen entsprechenden Hinwc;s über die Tantiemc- pflicht bringen müßten. Die Gerichte stellen sich manchmal auf den Stand¬ punkt. daß der Kapellmeister sich erkundigen müsse. Aber bei den unzähligen Erschei¬ nungen auf dem Musikalien¬ markt ist die Nachprüfung der Tantiemepflicht manch¬ mal eine allzu schwierige und komplizierte Aufgabe. Dazu kommt, wie wir von uns aus noch bemerken möchten, daß eine Reihe von Verlegern dem Kapellmeister Notenmaterial gratis und franko ins Haus schickt, weil man froh ist, wenn — schon aus Reklamegründen — dieser oder jener Schla¬ ger vorgetragen wird. Tut dann wirklich einmal ein Kapellmeister dem Musi- kalienvcrleger einen Gefal¬ len, so macht er sehr schnell sich oder den Theaterbesitzer straffällig und muß selbst nicht nur seine Stellung, sondern auch noch Strafe riskieren. Es wäre unseres Erachtens eine dankenswerte Aufgabe für das Reichskartell der Musikverbraucher, wenn mög¬ lichst schnell darauf gedrun¬ gen w ürde, daß durch irgend¬ eine Gcsetzesnovelle, even¬ tuell durch Stempelauldruck eine zwangsweise Bezeich¬ nung der Tantiemegeseli- schaft auf jedem Notenstück durchgeführt würde. Fehlt ein solcher Aufdruck, so müßte der Musikverbrau¬ cher vor jeder Strafe befreit •ein. Eine derartige Gesetzes¬ bestimmung wirdc kaum irgendeine Belastung für den Musikafienhandel mit sich bringen. In der fraglichen Denk¬ schrift wird darauf hingewie¬ sen. daß dieses Verfahren bereits früher geübt wurde und auch acute noch hier und da vcm Verleger an¬ gewandt wird Es würde sich dabei um eine Art Copyright-Vermerk für das Aufführungsrecht handeln und nur eine Über¬ tragung huchverlegerischer Grundsätze auf den Musik¬ verlag bedeu.en. Interessant ist dann das, was über Kinotheken gesagt wird, deren Tantiemepflicht zumindest wenig geklärt ist. Genau so. wie sich bei dem Hamburger Fall wieder ein¬ mal herausstellt, daß ent¬ weder die Gema-Verzeich- nisse nicht einwandfrei ge¬ druckt sind oder daß von der Gema immer wieder Rechte verlangt werden, die sie nicht besitzt. Man dar! dem Reichskar¬ tell der Musikverbraucher außerordentlich dankbar sein, daß es die Ausführungen Schachts der Öffentlichkeit unterbreitet. Es kann nämlich gerade im Zusammenhang mit ihnen wieder einmal nachdriick- lichst dafür gesorgt wurden, daß bei etwaigen gesetz¬ geberischen Maßnahmen, die sich vielleicht bei uns eben¬ sowenig vermeiden lassen wie in England, nachdrücklichst dafür gesorgt wird, daß auch die Rechte der Musikver¬ braucher geschützt werden.