Der Kinematograph (February 1930)

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mW HIN4ACH BU 1 T W «W » > B VERLAG SCHERL* BERLIN SW^8 3 24. Jahrgang Berlin, den 27. Februar 1930 Nummer 49 Anna May Wong im Volkston ANNA MAY WONG und FRANZ LEDERER Langsam finden sich die einzelnen Spielleiter, soweit sie ihre eigene spezielle Note haben, zu ihrer Tonfilmlinie. Eichberg, der soeben sein neuestes Werk im Capitol zeigte, geht zielbewußt auf dem Wege weiter, der sich schon in leisen Umrissen bei dem Schlager ankündigte „Wer wird denn weinen, wenn man lachen kann“. Er nimmt als Vorwurf für die Geschichte seiner „Hai Tang" ein handfestes Kino¬ manuskript. dessen Idee von Direktor Goldschmidt, dem Südfilm-Allgewaitigen, stammt, und läßt es sich von Ludwig Wolff, einem arrivierten Romanschriftstel¬ ler. zurechtmachen. Alles, was an Eichberg bis¬ her erfreulich und geschäft¬ lich erfolgreich war, kehrt nach dem bekannten Nelson- Lied wieder. Es gibt wun¬ dervolle große Bauten. präch¬ tige. wirksame Massenszenen. Sozusagen als Einlage er¬ scheint ein ganzes Variete- programm, Tänzerinnen, Gaukler, Akrobaten. Die guten, saftigen Eich¬ bergwitze haben sich in etwas dezcn ‘e r e. aber doch schlag¬ kräftige Dialogtexte verwan¬ delt. Aber es fehlt doch etwas, was zum ehrlichen Tonfilm¬ erfolg gehört. Es geht vielleicht alles zu sehr auf das Äußerliche. Es fehit der so oit zitierte rote Faden und vielleicht ein klein bißchen auch das Ni¬ veau. auf das wir gerade beim tönenden Film etwas mehr halten sollten, als es hier bei Eichberg geschieht. Allerdings — und das muß hier in einem Fachblatt stark betont werden — bleibt tm- mer noch genug übrig für das große Provinzgeschäft. Die Geschichte selbst ist eine Va¬ riation über die beliebtesten Film- und Operettenthemen. Ein junger Offizier liebt die chinesische Tänzerin Hai- Tang. Es wäre alles in Ord¬ nung, wen nicht eines Abends der Großfürst Pawel ein Auge auf sie geworfen hätte. Der liebende Leutnant muß die Dame seines Her¬ zens in ein russisches Sepa¬ ree bringen. Da wäre es beinah zu et¬ was gekommen, wenn nicht der chinesische Bruder im letzten Augenblick den Re¬ volver gezückt hätte. Ihm droht natürlich Hin¬ richtung. Er kann nur geret¬ tet werden, wenn sich die Schwester opfert. Was auch prompt geschieht und mit der Freiheit des Bruders, aber mit dem Selbstmord der Hai- Tang erkauft wird. Man kann sich schon theo¬ retisch vorstellen, wie schwer es bei diesem Stoff ist, Dia¬ loge zu machen. Viel besser fügen sich schon die beiden Lieder ein. die uns verkünden, daß ein¬ mal das große Wunder der Liebe kommt, oder feststel¬ len, daß ohne Liebe, ohne Wein, kein Russe sein kann. Sonst ist die musikalische Begleitung nett. Unterstreicht geschickt, ohne sich aller¬ dings irgendwo zum Schla¬ ger großen Stils aufzuraffen. Ausgezeichnet die Regie Eichbergs, wenn es sich dar¬ um handelt, Massen zu arran¬ gieren oder hübsche kleine Pointen herauszuarbeiten. Vielleicht etwas zuviel An¬ lehnung an die Operetten¬ technik der Wortbühne, die man, wie an anderen Bei¬ spielen zu sehen ist. beim Film doci nicht ohne weite¬ res übernehmen kann. Am l«sten Hermann Blaß als kleiner klavierspielendcr Nebbich aus Wien. Ausge- zeichnel ,n einer Reihe von Szenen Anna May-Wong. Bei der nur, in ein paar Nahaufnahmen. besonders wenn sie spricht, eine gewisse Ausdruckslosigkeit stört, die heim stammen Film zu ver¬ teidigen und zu ertragen war. die uns im europäischen Tonfilm aber vielleicht doch eine kleine Nuance stört. Offene Frage. ob dieses Manko nicht durch geschick¬ teres Arrangement der Szene im einze.nen oder durch Ver¬ meidung der Großaufnahme auszuglcichen ist. Beachtlich Franz Lederer als jugendlicher Liebhaber und passiver Held, der aus¬ gezeichnet spricht, aber we¬ niger gut singt. Gut im Aussehen Georg Schnei'., den man ab und zu etwas outriert sprechen läßt Nett Werner Kahle. Weni¬ ger nett Edith d’Amara. Zweifellos eine beachtliche Schauspielerin, die nur dies¬ mal aus irgendwelchen Grün¬ den nicht ganz gut kommt. Insgesamt ein Film, der im anspruchsvollen Berliner We¬ sten nur freundlichen Bei¬ fall find. Vielleicht weil man im Capitol etwas mehr lite¬ rarisches Dekorum erwartet, vielleicht aber auch, weil man nach den großen Tonfilm¬ erfolgen der letzten Zeit be¬ sonders anspruchvoll gewor¬ den ist. Anderwärts sicher ein Schlager. bei dem der Theaterbesitzer auf seine Kosten kommt. „HAI - TANG“ Fabrikat: British International Photogr.: H. Gärtner, B. Mondi Verleih: Süd-Film Länge: 2210 Meter. 8 Akte Manuskript: Ludwig Wolff Uraufführung: Capitol