Der Kinematograph (June 1930)

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VERLAG SCHERL« BERLIN SW68 11 Berlin, den 17. Juni 1930 Nummer 138 Tonfilm verdoppelt das Geschäft Bei stummem Film noch schlechtere Kassen Der stellvertretende Vor¬ sitzende des Reichsverban¬ des. Herr Riechmann in Minden, hat dankenswerter¬ weise seine statistischen Aufzeichnungen über die Einnahme in seinen verschie¬ denen Theatern der Schrilt- ieitung des „Kinematograph" zugängig gemacht, um einmal authentische Unterlagen für die Beurteilung der augen¬ blicklichen Theatersituation zu schaffen. Ganz abgesehen davon, daU Herr Riechmann selbst¬ verständlich seine Bücher über jeden Zweiiel erhaben führt, waren gerade Unter¬ lagen aus seiner Händen wertvoll und wichtig, weil er Kinos in verschiedenen kleinen und mittleren Städ¬ ten der Provinz besitzt, in I denen die ganze Situation besonders unübersichtlich ist ln den Theatern des Herrn Riechmann sind die Ein¬ nahmen vom 1. bis 12. Juni fegen das Jahr 1929 wn fünfunddreißig Prozent zurückgegangen. Das ist für ihn natürlich U| n so fühlbarer, ■ als er in dieser Zeit Tonfilme spielte tmd verhältnismäßig hohe Garantien zu leisten hatte. Es lag zunächst die Frage **be. ob dieser Rückgang *“1 die Einführung des Ton¬ films und auf die Ablehnung d*r Talkies durch das Pu¬ blikum zurückzuführen sei. Herr Riechmann spielte d»aufhin in einer Woche J^eh dem Tonfilm bei ver- **hnismäßig günstiger Wit- l * run g zwei vorzügliche «umme Schlager mit Künst¬ lern, die in der Versuchs¬ stadt als besonders zugkräf¬ tig galten. Das Resultat war, daß die Einnahmen beim stummen Film ani die Hälfte der Beträge sanken, die immerhin beim Tonfilm er¬ zielt waren. Herr Riechmann ging aber noch weiter. Er veranstal¬ tete eine Abstimmung bei seinem Publikum in dieser stummen Woche und legte jedem Besucher die Frage vor, ob er stumme oder tö¬ nende Filme wünsche. Es ist interessant, daß sich nur ein Prozent für den stummen Film aussprach. Daß dagegen zwölf Prozent für Tonfilm und der Rest für Abwechs¬ lung zwischen stumm und tönend stimmte. Dieser Wunsch nach Ab¬ wechslung ist einesteils da¬ rauf zurückzuführen, daß in der ersten Zeit die Appara¬ tur vielleicht nicht ganz ein- wanefrei funktionierte und daß sich das Mindener Pu¬ blikum noch kein klares Bild über den Tonfilm machen konnte. Jedenfalls ist im Theater des stellvertretenden Vorsit¬ zenden des Reichsverbandes einwandfrei der Beweis er¬ bracht, daß der Ruf nach dem stummen Film un¬ berechtigt, zum mindesten aber in der apodiktischen Form, wie er jetzt manchmal erhoben wird, weit über¬ trieben ist. . Was ist nun grundsätzlich aus der Einnahmestatistik des Herrn Riechman.v zu schließen? * Fraglos ein empfindlicher Rückgang des Geschäfts, der nicht in dem Tonf lm und in der Qualität des Dargebote¬ nen begründet ist sondern in der allgemeinen Wirt¬ schaftssituation. Die Arbeitslosigkeit ist ge¬ stiegen. Sie beträgt in ein¬ zelnen Mittelstädten ein Viel¬ faches der Winterzahl, wäh¬ rend sonst der Winter ein erhehliches Anwachsen der Arbeitslosigkeit zeigt. Die Mittelschicht, die das Hauptkontingent der Be¬ sucher stellt, muß sparen, leidet unter dem Anziehen aller Preise oder, soweit es sich um selbständig? Perso¬ nen handelt, unter dem Rück¬ gang fast aller Geschäfte. Was ist dagegen zu tun? Die Theaterbesitzer ver¬ langen Herabsetzung der Prozentualquotc. Etwas, was man verstehen oder nicht un¬ bedingt befürworten kann, weil es schließlich zwecklos wäre, wenn zu der schlech¬ ten Wirtschaftslage der The¬ ater nunmehr auch noch die Unrentabilität des Verleihs hinzukäme. Die Höhe der Verleihquote ist abhängig von den Absatz¬ möglichkeiten. Je mehr die Zahl der aufgestellten Ton¬ filmapparate wächst, desto eher kann eine Preissenkung erfolgen. Diese Weisheit wird hier in jeder Woche ein paarmal verkündet. Aber die Führer In Köln gibt’s auch Freibier? Daß die deutschen Kinobesitzer zu einem großen Teil den Kopf verlieren, wird wieder einmal deutlich illustriert an einem Handzeitei. der uns aus Köln zugeht. Die „Kinos für Jedermann", sieben Lichtspielhäuser in den verschiedensten Gegenden von Köln, lassen aus An¬ laß der landwirtschaftlichen Ausstellung Flugzettel ver¬ teilen, aul denen beim Besuch des Kinos 20 Piennig in bar und ein Glas Bier umsonst angeboten werden. Es wirkt beinah wie Selbstverspottung, wenn diese Flug* zettel mit der Ueberschrift beginnen „Eure Not macht Sparen zum Gebot". Auch in diesem Fall wird zweifellos die Arbeitsgemein¬ schaft darauf dringen, daß die prozentuale Leihmiete so berechnet wird, daß man jedem verkauften Platz die zwanzig Pfennig und den Wert des Glases Bier zurechnet. Wir hoffen zuversichtlich, daß der Reichsverband Deut¬ scher Lichtspieltheaterbesitzcr sich in seiner nächsten Vorstandssitzung für die Fälle, die wir im ..Kinemato¬ graph" in der letzten Zeit bekanntgaben, gründlich inter¬ essiert und dafür sorgt, daß das Freibier nicht zu einer ständigen Einrichtung in der. deutschen Kinos wird. gebrauchte Theatermaschinen verkauft man durch „Kleine Anzeigen" im „Kinematograph*