Der Kinematograph (July 1930)

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der Woche die Kinotheater der Welt besuchen und daB es den Anschein habe, als ob ein Meiaterpsychologe sie dahin sende, um ihnen am besten und am treffendsten Eindrücke des Weltgesche¬ hens zu vermitteln. Hays nennt das lebende Bild ^praktisch angewende¬ tes Eapemnto**. Aber ein Esperanto mit in¬ direktem politischen Ein¬ schlag. „Mehr als ein Drit¬ tel der Wochenschau-Bilder,“ führt er aus, „schildern in unseren amerikanischenThea- tern das Ausland. Lebende Bilder brachten Berlin nach Boston, Paris nach Pittsburg und London nach Los Ange¬ les. Sie machten die Bewoh¬ ner sämtlicher Länder von Europa mit denen Südameri¬ kas und denen des Orients bekannt.“ Unerhört plastisch skiz¬ ziert er dann die dreiaad- dreiBigiShrige Geschichte der Kinf atographie, die wie eine Spielerei anfängt und zu einem Geschäft von enor¬ mem AnsmaB wird. ,J>ie Geschichte der In¬ dustrie," so meint er, „er¬ zählt sich wie ein Märchen aus tausendundeiner Nacht." Krönung der Filmentwick¬ lung ist nach seinen prakti¬ schen Erfahrungen der Ton- fOas, der nie mehr verschwin¬ den werde. Es ist nach Ansicht Hays Pflicht jedes Filmschaffenden und ^es Filmpolitikers, sich mit dieser Tatsache abzufin¬ den und sicfa vom stammen auf den tönenden Film um- zustellen. Das wird in der ganzen Weh so sein, denn der Film hat keine nationalen oder georgrapUschea Grenzen. Deshalb muB der Film in jeder Beziehung unpolitisch sein. Bildstreifen sind von einem Weltgesichtspunkt aus für einen internationalen Markt herzustellen, und zwar so, daB sie in allen Ländern und Zonen der Unterhaltung dienen. Schade, daB die Worte, die Hays über die Unmöglichkeit, den Film zum Propaganda- mittel ctaer Partei zu machen, sagte, nicht von weiteren Kreisen gehört worden sind. Vielleicht hätte m«n ihm eher geglaubt, was hier in dienen Spalten schon seit Monaten immer wieder be¬ tont wird. Vorsichtig leitet er dann zum politischen Teil seiner Rede über. Er spricht von der Zusam¬ menarbeit der verschiedenen Gruppen der amerikanischen Filnindustrie. Skizziert kurz, wie nur durch eine Spitzen¬ organisation grundlegende Regeln für das Filmgeschäft geschaffen werden können. Zieht dann Parallelen zwi¬ schen der kanfmännischen Zusammenarbeit in den ein¬ zelnen Sparten der Filmindu¬ strie und den internationalen Beziehungen zwischen den einzelnen Filmländern. Er nennt das sehr vorsich¬ tig internationale intellek- tnelle Zasammeaarbeit. Er meint in erster Linie das Kaufmännische und betont geschickt immer wieder das Künstlerische. Er unterstreicht immer wie¬ der, daB das Kino in erster Linie dem Vergnügen und der Erholung dient, und warnt deshalb vor allen Dingen vor Monotonie der Programme. Er tut es natürlich immer wieder unter dem Gesichts¬ punkt, daB Monotonie am ehesten vermieden wird, wenn man die inländische Prodnktion mit den aaslän- diseben Firmen mischt. Aber er sagt das nie, deu¬ tet es nur diskret an und führt als Kronzeugen den bayerischen Staatsrat Dr. Franz Kölsch an, der in sei¬ nem Bericht über eine ameri¬ kanische Studienreise folgen¬ des ausffihrt; „Wir sind zu dem Schluß gekommen, daB der Film eia anerläBliches Aktivam der Volkagesandheit ist. Ich als Arzt glaube, daß, wenn diese Erfindung nicht in die¬ ser Zeit gemacht worden wäre und die Produzenten nicht in dem Maße zu ihrer Vervollkommnung beigetra¬ gen hätten, die Einförmigkeit des modernen industriellen Lebens die menschlichen Ge¬ fühle verdrängt und die Nerven der Menschen so ge¬ spannt hätte, daß es zu einer die Gesellschaft zerstörenden Explosion gekommen wäre.“ ^hlieBlich betont er die Notwendigkeit gegenseitigen Vertrauens. Dieses gegensei¬ tige Vertrauen meint er, über¬ brücke die Meere noch besser als Telegraph, Radio, Flug¬ zeug und Luftschiff. „Als ein Gesandter dieses neuen und ebenso wichtigen Mirakels,“ so leitet Hays den letzten Abschnitt seiner Rede ein, „bin ich verpflichtet, in meinen Worten überlegt und vorsichtig zu sein. Aber des¬ halb kann ich doch behaup¬ ten, daB gerade das hörbare lebende Bild eines der wich¬ tigsten Instrumente ist, die jemals zur Erreichung des Weltfriedens in die Hände der Menschen gelegt worden sind.“ In Amerika sind die Zu¬ hörer in Applaus ausgebro¬ chen, als sie das Bild des Grafen Zeppelin sahen, die Landung der „Bremen" und „Europa". Das ist ein treffen¬ des Beispiel von dem Dienst, den der Film als iatematio- naler Gesandter leisten kann. „Die amerikanische Film¬ industrie", so schließt Hays, „wird sich dafür einsetzen. Der eräic deuitchc Tonfilm in Palasfina Aus Jaffa meldet die „Tür¬ kische Post"; Der erste deutsche Tonfilm, der in Pa¬ lästina zur Aufführung ge¬ langte, war .Jlkeinlandmädel". Sowohl in TsU-Awrw als auch in Jerusalem wurde der Film vom Publikum sehr beifällig aofgenommen und in der Presse sehr aaerkemiend kom¬ mentiert, obwohl der Charakter des Stückes der Mentalität des interaatioaalen Vülker- gemisches, das in Palästina das Kmopublikam bildet, nur wenig liegt Sehr zustatten kam dem deut¬ schen Fihn die Tatsache, daB weitaus der grüBte Teil der jüdischen Bevölkerung des Osutscken mächtig ist oder doch mindestens Deutsch ver¬ steht In dieser Besiehnng er¬ öffnen sich dem deutschen Ton¬ film in Palästina bessere Aus¬ sichten als dem amerikanischen oder englischen. Wie sehr der deutsche Fihn gefallen hat, beweisen folgende Sätze aus dem „Palcstine Bulletin"; „Eine wahre Er¬ lösung von Hollywood. Die Photographie ist gut die Ton¬ wiedergabe ist gutl . . . Wenn Sie der Aufführung eines ame¬ rikanischen Tonfilms beige¬ wohnt und danach geschworen haben ,Nie wieder', so ändern Sie schleunigst Ihren EntschluB und hören Sie, wie wunder¬ schön das Lied von der Lore¬ lei von dem ,Rh einig admäd- chen' gesungen wird." Der nächste deutsche Ton¬ film, der in Tell-Awiw gespielt wir^ kt: ,JIwei Herzen im %-Takf. daB ihre Bilder die Ge¬ bräuche und Ideale aller Län¬ der genau berücksichtigen, daB die nationalen Eigentüm¬ lichkeiten jedes Volkes dem andern Volk sympathisch ge¬ zeigt werden. Wir rücken damit das Ziel des Weltfriedens bestimmt und systematisch näher. Dieser Weg aber znai Welt¬ frieden geht ständig berganL Obwohl sich die Menschen zu einem Teil noch immer in der Rolle des Sisyphut be¬ finden, der bekanntlich von Zeus damit bestraft wurde, daß er unaufhörlich einen schweren Stein einen Berg hinauf rollen muß, der, sobald er den Gipfel erreichte, wie¬ der herabrollte zur Tiefe. Vielleicht ist jetzt eine neue Kraft, mächtiger, sds wir sie erkennen, am Werk. Die uns hilft, den Weg der Verständigung und des Frie¬ dens zu finden. Wer kann sagen, ob nicht das lebende Bild, das jetzt nur in geringem Umfange entfesselt ist, nicht die mäch¬ tigste aller Kräfte für den Weltfrieden ist? Aber ganz egal, was wir endgültig erreichen. Ist es nicht schon ein Glück, zwei¬ hundertfünfzig Millionen Menschen täglich Erholung und Freude zu bringen? Das gibt ein Gefühl der Befriedigung, selbst dann, wenn man den Film in erster Linie als gutes kaufmänni¬ sches Objekt ansiebt. Wir fühlen und arbeiten in dem Bewußtsein, einer der wichtigsten Hillsfaktoren für das gesamte wirtschaftliche und soziale Wohlbefinden der Welt zu sein." * Eine ausgezeichnete große Leistung, überragend in Stil und Vortrag. Aber auch ein diplomati¬ sches Meisterstück, weil über das Thema nicht gesprochen wurde. Es hieße, den Eindruck dieser ausgezeichneten Ver¬ anstaltung der Spitzenorga¬ nisation abschwächen, wenn man heute in die Diskussion eintreten würde. Das soll vielmehr morgen oder über¬ morgen geschehen, wenn die Kontingentbestimmungen im Wortlaut feststchen und wenn im Zusammenhang mit ihnen noch manches Wort über deutsch-amerikanische Zn- sammenarbeit zu sagen sein wird.