Der Kinematograph (August 1930)

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wollen, und zwar mit den Beiträgen, die direkt und in* direkt von den großen Häu¬ sern geleistet worden sind. Jetzt möchte man einlen¬ ken. Man ist sogar zu Kon¬ zessionen im Vorstand be¬ reit. Wiir der Opposition eventuell Sitz und Stimme in den einzelnen Gremien einräumen. Aber damit wäre aech nicht viel geholfen, nachdem Sachsen allein drei Dele¬ gierte stellen will, und nach¬ dem auf 50 Mitglieder ein Repräsentant für den erwei¬ terten Vorstand gestellt wer¬ den soll. Es muß immer wieder be¬ tont werden, daß der Kine- matograph nie die Absicht gehabt hat, gegen die kleinen Theater irgendwie seine Stimme zu erheben. Er wird im Gegenteil ihre Belange, soweit das möglich ist, vertreten. Aber er be¬ tont immer wieder, daß die Führung in der Politik bei den großen Theatern zu lie¬ gen hat, die die großen Leih¬ mieten zahlen und die damit erst die Möglichkeit schaffen, auch die kleinen zu ver¬ sorgen. Wir haben an der gleichen Stelle vor zwei oder drei Wochen statistisch an objek¬ tivem, einwandfreiem Mate¬ rial nachgewiesen, aus wel¬ chen Städten und aus wel¬ chen Theatern die Hauptein¬ nahmen kommen. Die Herren, die in Ham¬ burg die großen Beschlüsse gefaßt haben, gehören zu einem großen Teil in jene Rubrik, in der zu lesen ist, daß über 2000 Lichtspiel¬ häuser nur 10 Prozent der Einnahme eines Verleihers erbringen. Wenn die Dinge so ge¬ lagert sind, kann man keine großen Ansprüche stellen. Wer das in Versammlungen behauptet, wird niederge- schrien. Wer es schreibt, soll möglichst verfemt werden. Damit bringt man die Sache selbst nicht weiter. Man berauscht sich am Bei¬ fall von 200 oder 300 Men¬ schen, die vom Augenblick mitgerissen werden, und er¬ kennt schon ein paar Tage später, daß Generalversamm- lungsbeifall sehr billig, der dauernde Erfolg aber außer¬ ordentlich schwer ist. Im übrigen sprechen wir hier nur öffentlich aus, was in der Delegiertenversamm¬ lung von den verschiedensten Seiten im geheimen Kämmer¬ lein zum Ausdruck kam. Jedenfalls sieht mar, jetzt klar, wer hinter gewissen Forderungen steht, und es wird Aufgabe des neu zu gründenden Schutzverbandes sein, diese Feststellung auch bei den amtlichen Stellen zu treffen, die in Kinofragen das entscheidende Wort mitzu¬ reden haben. Das Thema Reichsverband ist zunächst abgeschlossen. Jedes Wort gegen ihn und seine Beschlüsse macht aus einer Bagatelle eine Staats¬ aktion. Man behauptet häufig, Kritik sei eine negative An¬ gelegenheit. Wir wollen je¬ denfalls nicht mit dazu bei¬ tragen, daß durch ein allzu heftiges Negativum ein Po- sitivum wird. Der Tag von Hamburg Es beginnt wie im richtigen Kino. Der neue Tonwagen der Fox stellt sich vor. Einige Tonprätendenten wissen nicht recht, was sie gerade heule sagen sollen. So bleibt es bei den erprobten Sätzen von der internationalen Verständigung, die in dieser Stunde einfacher erscheint als die nationale. Zweifellos hat die Grün¬ dung der Erstaufführungs¬ theater starken Eindruck ge¬ macht. Die Führer des alten Verbandes wissen noch nicht recht, wie sie sich zu der neuen Vereinigung stellen sollen. Hinter den Kulissen schmie¬ det man Kompromisse, so daß es später als elf Uhr wird, bis die Tagung beginnt. Der große Saal ist über¬ füllt. Alle Teile Deutschlands haben die prominentesten Ver- bandspolrtiker entsandt. Struckmeyer-Hamburg be¬ grüßt die Erschienenen, wünscht glücklichen Verlauf und bittet Scheer, die Lei¬ tung zu übernehmen. Senat, Polizeiverwaltung, Innenministerium, der Brand¬ direktor, die Presse werden begrüßt. Man verteidigt die Politik des Reichsverbandes, behaup¬ tet, daß man stets für Ton- iilm gewesen sei. Polemisiert gegen Ufa und plädiert für den stummen Film. Alle Argumente werden von Scheer hintereinander vorgebracht, die hier seit Mo¬ naten wiederlegt sind. Der Tobis und Klangfilm w : rft man vor, daß sic licht termiugemaß geliefert habe. Ein Teil der Apparaturen sei nicht erstklassig gewesen. Die große Rede des Gene¬ raldirektors Klitzsch hat es Herrn Scheer besonders an¬ getan. Die Schlüsse, die er für die Theaterbesitzer aus den be¬ kannten Darlegungen zog, waren entweder demagogisch oder zeigten, daß Herr Scheer klare Ausführungen nicht versteht. Man nahm seine Darlegun¬ gen mit eisigem Schweigen auf und wurde erst etwas munter, als er „Songs'* aus der Dreigroschenoper zitierte, von denen noch gar nicht feststeht, ob sie überhaupt in den Film aufgenommen werden. Diskreditierung des deut¬ schen Films, vor der Tages¬ presse, vor den Behördenver¬ tretern, die wirklich glauben, wir drehen nur Zuhälterfilme. Ein geschmackvoller Aus¬ druck, den Herr Scheer kreierte. Man will kein Blind-book- ing mehr. Wünscht freie Ein¬ fuhr für Gemeinschaftsfilme. Ruft nach weiteren Auf¬ nahmeapparaturen und be¬ schwört den Reichswirtschafts¬ minister, darauf zu achten, daß die Fabrikanten nicht zu schnell arbeiten. Schließlich spricht Scheer über das Mevdamsche Wort von der „Schicksalsgemein¬ schaft", macht ein paar Be¬ merkungen von geplatzten Verleiherwechseln und wen¬ det sich dann an Hays. In einem Satz ist er vorn für das Kontingent und hin¬ ten dagegen. Er verspricht den Amerikanern freie Ein¬ fuhr und schützt in gleichem Atemzug das Inland. Er propagiert Wahlneutra¬ lität und versucht — man kann wohl sagen, unter Ver¬ kennung der Tatsachen —.die Neugründung der Erstauffüh- rungst.iealer als eine Ufa¬ gründung hinzustellen. Scheer schließt mit den Worten, daß man den Reichs¬ verband schützen wolle bis zum „letzten Mann". Dieser Ufatitel wird lebhaft applaudiert, dann spricht Se¬ nator Schönfelder vom Ham¬ burger Senat, der die Mei¬ nung vertritt, daß es dem Kino beute konjunkturgemäß nicht am schlechtesten geht. Sobald die wirtschaftlichen Verhältnisse besser seien, würden auch für die Kinos bessere Zeiten kommen. Aus den Reihen des Frank¬ furter Verbandes tönt's dar¬ auf: „Sein Wort, in Gottes Gehör." Generalsekretär Noll ver¬ liest den Jahresbericht. Tedrahn berichtet über die Kasse. Es wird festgestellt, daß die Vorstands- und Dele¬ giertensitzung allein 33 000 Mark gekostet haben und daß man bei 103 000 Mark Ein¬ nahmen 20 000 Mark zurück¬ gelegt habe. Distier schlägt Wiederwahl des Vorstandes durch Akkla¬ mation vor. Nur Richter-Ber¬ lin tritt neu hinzu. Ein Ber¬ liner zum erstenmal ein¬ stimmig. Beginn der neuen Tonfilmsaison in Wien Die neue Wiener Tonfilmsai¬ son wurde hier gleich mit zwei neuen jedes in seiner Art gleich interessanten Tonbild¬ werken eingeleitet, die beim hiesigen Publikum kräftig ein¬ schlugen. Das Schweden-Kino des Kibakonzerns in der Tabor¬ straße eröffnete die neue Sai¬ son mit dem Terra-Film „Der Andere", der sehr gefiel. Die Wiener Tagespresse be¬ sprach diesen Film durchweg mit Ausdrücken der größten Anerkennung. Im benachbarten Ufa-Ton¬ kino wurde die neue Saison mit einem Amerikaner, dem Historienbild „Das Lied der Freiheit", eröffnet. Dieser Film spielt in der Zeit der französi¬ schen Revolution und behandelt die Persönlichkeit Rouget de Lisles und das Entstehen seiner Marseillaise. Diese* historische Tonbild wurde mit verschwenderischer Gro߬ zügigkeit, di* man bei solchen amerikanischen Großfilmen ge¬ wöhnt ist, inszeniert