Der Kinematograph (October 1930)

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Der deuisdie Tonfilm in Norwegen Aufnahme, Erfolge, Aussichten. Absatzgebiete Von Leif Sinding. Ncrwegen an sich ist für •n Film kein so geringes iüizgebiet, wie man viel- h; glaubt. Das Land hat ■ nur 2V< Millionen Ein- I er, aber sehr viele > . da die Einwohner¬ hai: sich mit Ausnahme der ier .>i$ fünf gröSeren Städte 1 lauter kleine Ortschaften .trpjut. Fast jede, auch • t^gensten am Nord- und in Finnmarken, n ihre Kino, und der Schmack der Bevölkerung ehr gut, oft verwöhnt. Ibsl auf einsamen Inseln, nur einige hundert Ein- hn.-r haben, wird zwei- d:cimal die Woche Kino •spielt. * An sich ist der deutsche unfi'm ln Norwegen mit «icm grö OVn Interesse auf- i'imen worden, sowohl Publikum wie von der isc. Die Aufnahme des ten deutschsprachigenTon- „Atlantik“ war beinahe ithusiasli^h. Wie kommt 1, daO-DeAsch in Norwegen :vo:zogt’wird? Weil von •en orei Weltsprachen • «uts.:h diejenige ist, die Norwegischen am näch- tn liegt. Der Deutsch¬ oterricht in der Schule oimml in Norwegen einen iröBcrcr Platz ein als die ^«ren Sprachen, und ^«tsch ist auch die Sprache er U issenschaft, denn alle, studiert haben, haben deutsche Lehrbücher •'»raucht. Deutsch ist die ^Prache, die der gebildete gCÄlis zu einem ge- i'.‘' -o Grad beherrschen »nnen muß. Und noch eins: putsch ist am leichtesten *rstandlich. Das Englische ^ *'’‘oer . eigenartigen Aus- '* seiner vielen üschen Fremdwörter .,■-11 dem norwegischen ■r viel fremder als das Deutsche. So kam es, daß das zuerst rasch aufgeflamm¬ te Interesse für den amerika¬ nischen Tonfilm (als erster kam „the singing fool") bald abflaute, und jetzt begann eine kritische Periode für den Tonfilm, d. h. den ameri¬ kanischen. Die amerikanischen Film¬ büros suchten sich mit dem Einsatz von norwegischen Titeln zu helfen. In erster Reihe benutzten Warner Brothers dieses System. Aber cs half wenig. Das Interesse sank ganz bedenklich, denn, hoch gerechnet, verstand ja nur ein ganz geringer Pro¬ zentsatz im Publikum die ge¬ sprochenen Worte. Selbst der gebildete Norweger mit einigermaßen guter Kenntnis des Englischen mußte vor dem für sein Ohr wie Kau¬ derwelsch lautenden ameri¬ kanischen Slang kapitulieren. Jetzt kamen die deutschen Tonfilme auf den Markt und schufen ein erneutes Inter¬ esse. Die Filme, die in Nor¬ wegen am besten gega.igen sind, sind u. a. „Atlantic“, „Zwei Herzen im Dreiviertel¬ takt“, „Der blaue Engel“ und „Westfront 1918". (Man sicH, daß im allgemeinen aas ern¬ stere Genre unter den deut¬ schen Ton- und Sprechfilme n bevorzugt wurde. Das ga- schieht vielleicht deshalb, weil der typisch zentrel- europäische Humor in d'»n Wiener und Berliner Operet¬ tenfilmen und anderen der norwegischen Mentalität fremd ist und nicht recht verstanden wird. Dagegen hat man im Nor¬ den immer Sinn für eine packende.spannende.mensch- lich ergreifende, wenn auch heitere und humorvolle Handlung.) Man muß jedoch beden¬ ken. daß die günstige Auf¬ nahme des deutschen Ton- und Sprechfilms nur durch das gebildete norwegische Publikum geschehen ist. Es ist leicht möglich, daß der gewöhnliche Mann, der keine Sprachkenntnissc hat, mit der Zeit auch der deutschen Sprechfilme müde wird. Das Problem, auch in den kleineren Sprachgebieten Europas den Tonfilmmarkt zu erobern, suchten zuerst die Schweden zu lösen. Sie haben bekanntlich ihre große Produktion auch für das schwedische Sprachgebiet auf Tonfilm eingestellt und damit gerechnet, daß ihnen diese Filme auch in Norwegen große Einkünfte bringen würden. Das war ein Irr¬ tum- die schwedische Sprache ist zwar mit der norwegi¬ schen nahe verwandt, aber doch in vielem von dieser sehr verschieden. Dann kamen — selbstver¬ ständlich! — die Amerikaner. Aber hier blieb es nur bei dem Plan (zun Glück für Norwegen). Die Paramount hatte geplant, ihre Inszenie¬ rungen in Paris auch in einer norwegischen Version drehen zu lassen, und zu diesem Zweck war einer ihrer Direk¬ toren nach Oslo gereist und hatte mit Schauspielern und Theaterdirektoren verhandelt. Die meisten Schauspieler wa¬ ren jedoch fest an ihre Thea¬ ter gebunden, und die Direk¬ toren wollten sie für diese Konkurrenz natürlich nicht freigeben. Der amerikanische Film¬ direktor, Mr. Yorck, reiste in naivem Erstaunen über „die¬ sen Mangel an Entgegenkom¬ men“ wieder ab. Es kann mit Sicherheit an¬ genommen werden, daß ein einheimischer Sprechfilm auf dem norwegischen Markt gut gehen wird. Gewiß, dieser Markt ist klein, aber gut und ertragsfähig, denn das nor¬ wegische Publil'.um bleibt dem treu, was sich bei ihm einen festen Platz erobert hat. Wo bleiben hier die deut¬ schen Filmproduzenten? An sich besitzt der deutsche Film schon lange die Sympathie des norwegischen Kinobesii- zers (dies ist keine freund¬ liche Redensart, sondern aus sachlichen Gründen eine Tat- Sache). Die deutschen Film¬ produzenten würden die Auf¬ gabe. eine norwegische Ver¬ sion ihrer Filme zu drehen, bestimmt mit mehr Glück Es gibt in Norwegen sehr gute Künst er und Künstlerin¬ nen, die alle durch ihren Na¬ men beim Publikum ein¬ geführt sind. Früher oder später werden wir bei dem enormen Aufschwung, den der Tonfilm nimmt, in Europa doch dahin kommen, daß auch in den kleineren Sprach¬ gebieten Versionen der gro¬ ßen Sprechfilme gedreht wer¬ den; weri tstens in den Gebie¬ ten. in denen die Bevölkerung auf kultureller Höhe steht, so daß der größte Teil der Einwohner zur ständigen Be¬ sucherzahl der Kinos zählt. Natürlich hat man auch von norwegischer Seite daran ge¬ dacht. norwegische Tonfilme zu drehen. Aber das wird sich nie lohnen. Der Gesamtauf¬ wand ist zu groß. Viel gerin¬ ger ist er für eine deutsche Filmgesellschaft, wenn diese nebenbei eine norwegische Sprech-P'assung aufnimmt. Es dürfte natürlich kein Sujet mit Massenszenen oder sehr vielen Schauspielern sein, sondern ein Stück mit weni¬ gen, abet guten Rollen. Dies ein Zukunftsausblick, jedoch ein sehr wichtiger. Man wird auch unter den deutschen Filmproduzenten, die am nordischen Markt in¬ teressiert sind, in kurzer Zeit nicht umhin können, diese Frage zu erörtern. (Deutsch von Hermann R ö s s 1 e r.)