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31 Dezembci Kcllage stum „KInemaloQraftfi' l«>30 Das Jahr der sdiwankenden Konjunktur Ein Rackblick auf 1930 Zweifellos wird in der Wirtschaftsgeschichte des deutschen Films das ab¬ gelaufene Jahr eine beson¬ dere Stellung einnehmen, weil es der entscheidende Zeitraum in der größten Um¬ wälzung ist, die technisch und wirtschaftlich der deut¬ sche Film in den dreißig Jahren seines Lebens zu ver¬ zeichnen hat. ★ Es ist zunächst als der Zeitraum der vollzogenen Umstellung vom stummen auf den tönenden Film zu bezeichnen. Heute, am Ende des Be- richtsfahres, besteht kein Zweifel mehr darüber, daß sich zunächst einmal das Talkie auch in Deutschland in jeder Beziehung durch¬ gesetzt hat und daß der stumme Film — wenigstens im Augenblick —- eine erle¬ digte Angelegenheit ist. Der „Kinematograph" darf es sich als besonderen Vor¬ zug anrechnen, daß er als erstes Blatt rechtzeitig auf diese Entwicklung hingewie¬ sen hat und daß er energisch noch zu einer Zeit, wo der Reichsverband deutscher Lichtspieltheaterbesitzer sich grundsätzlich gegen den Ton¬ film erklärte, darauf auf¬ merksam machte, daß es erste Pflicht eines jeden Ki¬ nos sei, sich möglichst schnell auf Tonfilm um¬ zustellen, weil man aller Voraussicht nach im Jahre 1930 kaum noch auf Liefe¬ rung stummer Filme rech¬ nen könne. Tatsächlich ist die Pro¬ duktion stummer Filme im abgclaufenen Jahr so gut wie vollständig eingestellt worden. Soweit stumme Erzeug¬ nisse überhaupt noch aus zwingenden Gründen heraus¬ gebracht werden mußten, wurden sie mit synchroni¬ sierter Begleitung versehen,* so daß sie im Prinzip eben¬ falls nach außen hin als Ton¬ filme in den Spielplan der wichtigsten Theater kamen. ♦ Auch in einer anderen Beziehung hat der „Kinema¬ tograph" mit seiner Auffas¬ sung recht behalten. Man prophezeite gegen Ende des vorigen Jahres in Kreisen der Theaterbesitzer und auch in einem Teil der Fachpresse eine Filmknapp¬ heit, wie sie Deutschland noch nicht zu verzeichnen gehabt hätte. Nur unser Blatt stand schon damals, wie man in den einzelnen Numnern nachlesen kann, auf dem Standpunkt, daß wir nicht nur genügend deutsche Filme zur Verfügung hätten, son¬ dern daß darüber hinaus aller Wahrscheinlichkeit nach sogar ein Überangebot zu verzeichnen wäre. ■k Tatsächlich hört man auch heute, am Ende des Jahres, bereits von einem Mangel an Spielterminen mit einer ein¬ zigen Ausnahme. Nämlich für alle Orte außerhalb Berlins. Berlin aber darf gerade in dieser Hinsicht nicht als Maßslab für das Deutsche Reich angenommen werden, weil hier eine derartige Mas¬ sierung von Uraufführungr- theatem vorliegt, die restlos nur bei einem Überangebot auf dem Fiimmarkt zu be¬ friedigen wäre. Allerdings wird dieser große Berliner Bedarf zum Teil dadurch ausgeglichen, daß die Spieldauer in den Uraufführungstheatern sich im Durchschnitt auf das Doppelte und mehr vermehrt hat. Während früher eine Spiel¬ zeit von einem Monat oder gar von drei Monaten eine Sensation darstellte, läuft heute jeder wirklich gute und große Film mindestens vier bis fünf Vf ochen und in vielen Fällen sogar noch über diese Zc-.t hinaus Im übrigen ist in Berlin mit Erfolg auch das System angewandt isorden, daß myn zugkräftige Bildstreifen von einem Urauff ihrungstheater ins andere übernahm. Vielfach sind auch gün¬ stige Erfahrungen mit dop¬ pelten Uraufführungen in Berlin gemacht worden. So spielten Atrium und Titania-Palast, Titania-Palast und Primus-Palast, Ufa-Pa¬ villon und Universum mehr¬ fach gute, zugkräftige Film¬ stücke zu gleicher Zeit in Uraufführung, ohne daß da¬ durch das finanzielle Resul¬ tat im einzelnen Theater be¬ einträchtigt wurde. ♦ Überhaupt hat man in vie¬ len Fällen versucht, die Um¬ laufdauer eines Films in Deutschland dadurch zu ver¬ kürzen, daß man möglichst viele Kopien gleichzeitig ein¬ setzte. Aus Zeitungsanzeigen war mehrfach zu ersehen, daß der eine oder andere Film in zwanzig, ja sogar dreißig Theatern allein im Bezirk Groß-Berlin lief. Manche Firmen hatten in einzelnen Fällen bis zu sech¬ zig Kopien gleichzeitig in Deutschland in den verschie¬ densten Gegenden eingesetzt und erreichten dadurch, daß die Realisierung des Films, die man früher meistens mit einem oder anderthalb Jah¬ ren ansetzte, sich auf einen erheblich kürzeren Zeitraum erstreckte. k Diese genügende Befriedi¬ gung des Marktes, die zum mindesten erreicht ist, wenn man cie Situation nur zah- lenm.ißig erfaßt, konnte so¬ gar erfolgen, obwohl die Amerikaner das ihnen zur Verfügung gestellte Kontin¬ gent nur teilweise ausnutzten. Die Zahl der benötigten Filme wäre noch geringer gewesen, wenn mehr auf eine Steigerung der Qualität beim einzelnen Fabrikat geachtet worden wäre. Vielleicht ist die mangel¬ hafte Durcharbeitung der ein¬ zelnen Filme darauf zurück¬ zuführen, daß vielfach nicht rechtzeitig oder nicht genü¬ gend lange Ateliers zur Ver¬ fügung standen. Es kam aber auch hinzu, daß die bedeutend verteuer¬ ten Herstellungskosten zu einer möglichst kurzen Pro¬ duktionszeit zwangen, ein Verfahren, das natürlich letz¬ ten Endes auf Kosten der Qualität gehen mußte. Auch heute, am Ende des Jahres, sind trotz verschie¬ dener Ermäßigungen bei Ko¬ pierpreis, Lizenzgebühren, Positiv- und Negativ-Abgabe, die grundlegenden Herstel¬ lungskosten noch zu hoch und müssen entweder im Weg der freien Vereinbarung oder