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9 VILM-FACH BUTT '9 VERLAG SCHERL * BERLIN S W 68 25. Jahrgang Berlin, den 7. Januar 1931 Nummer 5 Russisches Tonfilm-Fiasko Nun können es auch die amtlichen Sowjetstern nicht mehr verheimlichen, die rus¬ sischen Tonfilmexperimente sind glänzend mißglückt. Der Moskauer Vorstand der kommunistischen Partei hat mit einem Großreine¬ machen bei Sojuskino, Me- shrabpom, Wostokkino und innerhalb des Photo-Chemi¬ schen Trusts begonnen. Die Moskauer Blätter schreiben spaltenlang über den sowjetrussischen Film¬ skandal und stellen fest, daß man zwar ungeheure Sum men für die Begründung eines eigenen sowjetistischen Tonfilmsystems ausgegeben habe, die man aber jetzt als unnütze Ausgaben abbuchen Der russische Tonfilm sollte mit eigenen Aufnahme- und Wiedergabeapparaturen auf die Beine gestellt werden. Man erinnert sich noch, daß eine Reihe führender Kinotechniker aus Moskau und Petersburg uns vor eini¬ gen Jahren besuchten und mit einer gewissen Verach¬ tung auf das herunterblick¬ ten, was hier geschaffen wurde. Auch die Amerikaner fan¬ den mit ihrer Tonfilmarbeit keine Gnade vor den russi¬ schen Augen, denn man wußte alles besser und konnte, wenigstens mit dem Mund, alles billiger her stellen. Die sowjetistische F rung stellte erheblich .id- mittel zur Verfüg und ließ ihre „Fächlet .c arbei¬ ten, bis jetzt das große Debakel eingetreten ist. Der Ost-Expreß berichtet in seiner Aufgabe vom 2. Ja¬ nuar, daß die technische Ausrüstung der Tonfilm- atcrliers geradezu jämmer¬ lich sei. Die Atelieranlagen seien keine Produktions¬ zentren, sondern im besten Falle Experimentierwerk¬ stätten. Das gesamte Produktions¬ programm des technischen Planausschusses und der Musikabteilung der Sojuskino sei illusorisch. Die eigens eingerichtete ’filmtechnische Zentrale . . ihren Plänen genieße keinerlei Autorität. Ein Moskauer Abendblatt geht sogar soweit, die Be¬ hauptung aufzustellen, daß in der ganzen Sowjet-Union kein einziger qualifizierter Tonfilm fachmann vorhanden sei. Das Blatt schreibt weiter, die wenigen Tonfilme, die man sähe, zeichneten sich noch ständig durch Krächzen und Röcheln aus. Außerdem werden Klagen über einen „ungesunden Preiswucher der Tonfilm¬ autoren" laut. Es sind sogar Stimmen ver¬ nehmlich, die die Ansicht vertreten, daß man schon nicht mehr von einer Krise reden könne, sondern von einer völligen Kopflosigkeit und Unfähigkeit zumArbeiten. Die Verleihpolitik im in¬ nerrussischen Betrieb findet auch wenig Beifall. Ein großer Teil der herge¬ stellten Filme soll so schlecht sein, daß sie überhaupt nicht bis an das Publikum leran- kommen. Deshalb wird die Ver.riehs- abteilung von Spöttern, wie die russischen Blätter sagen, mit Recht, als „Kremato¬ rium" bezeichnet. Man bedauert diese voll¬ ständig zerfahrene Tonfilm¬ situation besonders deshalb, weil man im Film eine hoch¬ wertige Exportware sieht. Beziffert deshalb den ide¬ ellen und materiellen Scha¬ den viel höher als die tat¬ sächlich enormen Aufwen¬ dungen, die nutzlos vertan sind. Die Frage des Sowjet-Ton¬ films soll nun vor dem Prä¬ sidium des Obersten Volks- wirtschaftsrats neu aufge- rollt werden. Vielleicht gelingt es Ru߬ land wirklich, seine Tonfilm¬ produktion auf eine ver¬ nünftige Basis zu stellen. Es scheint jetzt Neigung vorhanden zu sein, auf den eigenen Tonfilm zu verzich¬ ten und sich fremder Appa¬ raturen zu bedienen. Wenn dieser Fall eintritt, wird man sich dafür inter¬ essieren müssen, zu wel¬ chen Lizenzbedingungen Auf¬ nahmeapparaturenabgegeben werden, weil wir uns an sich nicht vorstellen können, daß Sowjetrußland mit seinem Riesen - Meterverbrauch im Inland sich bereitfinden wird, diese Prozentsätze an die Patentinhaberabzuführen.w ie Sie beachten doch auch unsere „Kleinen Anzeigen“ im „Kinematograph“?