Der Kinematograph (May 1931)

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ihrem Wert mit einer Hand¬ bewegung geheimnisvoll hin¬ ter den Kulissen feststeilt und zum Maßstab der gesam¬ ten deutschen Filmkritik macht? Gibt es überhaupt irgend etwas, an dem man Kritiken messen kann? Es wäre uns außerordentlich interessant, von der Meßkommission des „Film-Kurier" zu erfahren, wie sie etwa die Theater-Iherings und Kerrs nach ihrer Methode punkt¬ weise gegeneinander ab¬ stimmt. Von irgendwelchen Ge¬ sichtspunkten aus gesehen mag die Klassifizierung des „Film-Kuriers" absolut be¬ rechtigt sein. Sie wäre im großen und ganzen verständlich und auch in ihrer Wertungsreihe viel¬ leicht akzeptabel gewesen, wenn sie in irgendeiner Tageszeitung erschienen wäre und nicht in einem Blatt, das die Wahrung der Interessen der Kinematographie in erster Linie auf seine Fahne geschrieben hat. Wir wissen ganz genau, und man braucht uns das nicht erst klarzumachen, daß von einem gewissen Standpunkt aus die Lesart vertretbar ist, daß diejenigen den Film am ehesten weiter¬ bringen müßten, die unabhängig von der Filmindustrie gerade mit negativer Kritik anspornen und zu Überle¬ gung bringen. Wie wenig eine derartige Einstellung aber mit der wirklichen Praxis des Tages übereinstimmt, zeigt die Statistik des „Film-Kurier" auf der Vorderseite über den erfolgreichsten deutschen Film. * Da steht neben den „Drei von der Tankstelle" bereits in zweiter Linie „Drei Tage Mittelarrest", dann das „Flö¬ tenkonzert von Sanssouci". Filme, die zum Teil von den filmkritischen Favoriten des „Film-Kurier“ in Grund und Boden verrissen worden sind. Wir sind absolut nicht der Meinung, daß derjenige Kri¬ tiker als der beste gelten muß, der die Filme am meisten lobt oder der der Industrie am gefälligsten ist. Wir sind auch für die größtmöglichste Frei¬ heit und Unabhängigkeit des Kritikers, ganz egal, ob es sich um eine Fachzeitung handelt oder um ein täglich erscheinendes Blatt. Wir wünschen aber eine Kritik, die mit der Industrie, für die Industrie arbeitet. Die immer offen und aufrichtig ihre Meinung sagt, selbst dann, wenn sie unangenehm in die Ohren klingt. Aber wir möchten nicht, daß man vom hohen Kothurn herab kritisiert und Grundsätze stipuliert, die wir aus dem Grunde nicht befolgen kön¬ nen, weil Filmfabrikation ein Kunstgewerbe ist, dessen erste Aufgabe darin besteht, Werke zu schaffen, die eine möglichst große Reso- in allen Schichten des kino¬ besuchenden Publikums fin¬ den. Man komme nicht damit, daß Filme wie „Unter den Dächern von Paris” oder Rene Clairs „Million" auch volle Häuser brachten. Es ist eine bekannte Tat¬ sache, daß Ausnahmen nur die Regel bestätigen und daß eine Schwalbe noch keinen Sommer macht. Es bleibt in der^Familie Gotthold Künzel, der vor kur¬ zem bekanntlich die Schauburg (’. 100 Plätze) in der Großen Steinstraße in Halle übernahm, hat seinen Sohn Max Künzel. Halle, zum Geschäftsführer sei¬ nes neuen Unternehmens be¬ stellt. Damit tritt der Sohn eines be¬ kannten Fachmanns erstmalig in eine leitende Stellung inner¬ halb der Industrie. Die Oberleitung der drei Künzelschen Theater in Halle bleibt allerdings weiterhin in den Händen von Gotthold Künzel. Wir wollen ebensowenig wie der ..Film-Kurier", daß auf „Drei Tage Mittelarrest" nun noch „Sechs Tage stren¬ ger Arrest" und „Ein Monat Festung" folgen. Wir sind nie dafür gewe¬ sen, daß ein guter Militär¬ schwank gleich fünfzig ähn¬ liche Sujets auslösen muß. Aber wir sind der Mei¬ nung. man seilte freundlichst die filmkritische Arbeit in Deutschland gerade in einem Fachblatt nicht nach ethi¬ schen, ästhetischen und aka¬ demischen Gesichtspunkten, sondern vom Boden der Praxis und von dem der gegebenen Tatsache aus beurteilen. Gewiß soll Filmkritik er¬ zieherisch sein, aber immer nur in den Grenzen und in dem Rahmen, den die Abhängigkeit des Film- produzenten vom Publikum nun einmal vorschreibt. Sicher mögen Herrn Iherings Forderungen hier und da eine gewisse Berechtigung hnben. aber nur dann, wenn Herr Ihering auch die Mittel auf¬ bringt oder aufbringen hilft, aus denen diese Produktion geschaffen werden kann. Es ist ja nicht ganz unbe¬ kannt, daß gerade Herr Ihering. der Favorit des „Film-Kurier", einmal selbst den Versuch gemacht hat, praktische Theaterarbeit zu leisten. Wer in Wiener Theater¬ kritiken aus jenen Tagen blättert, oder wer sich mit Schauspielern unterhält die heute anerkannte Kräfte sind und damals im Schatten Iherings wirkten, wird frag¬ los zu dem Resultat kommen, das auch an Iherings charak- Neuc Beisitzer Auf Vorschlag der Spitzen¬ organisation der Deutschen Filmindustrie sind die Herren Hans Lübel, München-Pullach (Mitglied der Arbeitsgemein¬ schaft der Film Verleiher Deutsch¬ lands), und Adolf Engel, Mün¬ chen (Mitglied des Reichsver¬ bandes Deutscher Lichtspiel¬ theaterbesitzer) mit Wirkung vom 1. Juni 1931 auf die Dauer von drei Jahren zu Beisitzern der Filmprüfstelle München, Gruppe Lichtspielgewerbe, er¬ nannt worden. teristischer Arbeit sich er¬ weist, daß es leichter ist, zu kriti sieren, als selbst positive Leistunge: auf die Beine zu stellen. * Von diesem Standpunk aus ist es natürlich auef leichter, Werturteile über Kritiken zu fällen, die an sich sicher¬ lich streng unparteiisch, ob¬ jektiv durchgearbeitet und aufbereitet worden sind, als unter Berücksichtigung der praktischen Erfordernisse. Vom Standpunkt der Film¬ industrie aus — und wir sagen das nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Name-i einer Reihe von Pro¬ duzenten, die sehr gut abge¬ schnitten haben — ist das eine müßige Arbeit. Genau so undankbar, wie die Abstimmung der Kinos über den Film des größten Geschäfts dankbar und anerkennens¬ wert ist. Wir empfehlen aber dem „Film-Kurier", wenn er schon die große Organisation zur Durchsicht der Kritiken ge¬ schaffen hat, einmal festzu¬ stellen. wie sich die von ihm als führend bezeichneten Kri¬ tiker zu den Filmen geäußert haben, die nach dem Urteil seiner Leser die besten waren. Schon diese Gegenüber¬ stellung wird unserer ver¬ ehrten Kollegin zeigen, daß es schade um die Arbeit ist, die nämlich letzten Endes noch dazu führt, daß diejeni¬ gen Herren, die bereits jetzt schon glauben, klüger zu sein als die gesamten Filmprodu¬ zenten, in Zukunft noch rigo¬ roser vorgehen werden als bisher. Daran dürfte man in der Köthener Straße ebenso¬ wenig Interesse haben wie in der Filmindustrie. Selbst auf die Gefahr hin, daß die Ver¬ bindungen nach dieser oder jener Tageszeitung nicht grö¬ ßer und enger werden als bisher und daß man einmal weniger zitiert wird, als man vom Standpunkt des berech tigten Ehrgeizes aus möchte