Der Kinematograph (October 1931)

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sich also entweder das Reichsinnennnnisterium oder der Voelger-Ausschuß ent¬ schließen könnte, Wochen¬ schau grundsätzlich für steuerfrei zu erklären. Wir halten das besonders nach dem Studium unzähliger Protokolle über die Zensu- rierung von Wochenschauen für keine weltbewegende An¬ gelegenheit, zu der man sich relativ leicht entschließen könnte. Mit der Steuerfreiheit wäre aber erst eine Vorbe¬ dingung gegeben, denn es er¬ scheint nach dem. was wir in Paris sahen zum Teil not¬ wendig, gleich bei der Auf¬ nahme der einzelnen aktuel¬ len Ereignisse auf die beson¬ deren Bedürfnisse der Wo¬ che ischau-Thcater Rücksicht zu lehmen, indem man näm¬ lich längere Stücke dreht, als sie im Augenblick für die reguläre Wochenschau ver¬ wendbar sind. Zum Teil wird das fraglos bereits geschehen. Es ist nur nötig, daß man die ganze Angelegenheit systematisch betreibt und besonders bei wichtigen Dingen von vorn¬ herein auf die spezifischen Bedürfnisse der Wochen¬ schau - Theater Rücksicht nimmt. Diese Theater sind in Paris einfach, aber durchaus modern eingerichtet. Man sieht von jedem Platz, ganz gleich ob man vorn oder hinten sitzt, ausgezeichnet. Es sind helle, luftige, tadel¬ lose Räume mit ausgezeich¬ neter Vorführung. Die Rentabilität ergibt sich von selbst, wenn man be¬ denkt, daß ein derartiges Theater von morgens elf bis abends elf zehn bis zwölf Vorstellungen geben kann und daß vor allen Dingen die Besetzung mit Personal ver¬ hältnismäßig einfach ist, weil der Einheitspreis so gut wie gar keine Platzanweiser not¬ wendig macht und weil die Karten zum größten Teil durch Automaten an das Publikum verabfolgt werden. Entscheidend wird natür¬ lich die Frage sein, wie sich der Filmverleiher und der Theaterbesitzer in einem solchen Falle auseinander¬ setzen. Vielleicht findet man ner eine prozentuale Basis, v enn man Einnahmen und \us- gaben der Pariser Th« «ter zugrunde legt und die s< ge¬ wonnenen Zahlen auf d tit¬ sche Verhältnisse über! jt. Es wäre zu diesem Th m* noch mancherlei und vi les zu sagen, das aber ms Zweckmäßigkeitsgründen -if eine spätere Zeit zuru k- gestellt wird, weil zunä« st überhaupt nur notwendig st. das Interesse für das Th« na wachzurütteln, das eit --in neuen Gebiet gilt, dem t an nicht nur in Berlin, sond rn auch noch in ein paar n- deren deutschen Städten > te glückliche, ertragreiche u- kunft Voraussagen kann. Der Film in den neuen Notverordnungen In der Aktuellen Abteilung des Rundfunks sprach gestern Mini¬ sterialdirigent Dr. Häntzschel über die Bestimmungen de- neuen Notverordnungen. ln bezug auf den Film führte Einen weiteren entscheiden¬ den Schritt macht die neue Not¬ verordnung, indem sie nun auch das Gebiet des Films in den Kreis ihrer Regelungen einbe¬ zieht. Durch die neuen Vor¬ schriften ist die Möglichkeit ge¬ geben, einen Bildstreifen des¬ halb zu verbieten, weil er ge¬ eignet ist, lebenswichtige Inter¬ essen des Staates zu gefährden. Dieser neue Verbotsgrund kann zunächst überraschend erschei¬ nen, wenn man berücksichtigt, daß jeder Film schon heute aui Grund des Lichtspielgesetzes dann von der Vorführung ausge¬ schlossen werden kann, wenn er die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Inneren oder die Beziehungen zu auswärtigen Staaten nach außen gefährdet. Man könnte also meinen, daß durch den neuen Verbotsgrund praktisch nicht viel Neues in das Gesetz eingefügt wird. In Wirklichkeit aber liegen die Dinge anders. Die Filmober- prüfstelie, die ein unabhängiges Gericht darstellt, hat sich in ständiger Rechtsprechung auf den Standpunkt gestellt, daß die Frage, ob eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ord¬ nung vorliegt, nicht danach zu beurteilen ist, ob unter den be¬ sonderer. zeitlichen oder ört¬ lichen Umständen eine solche Wirkung zu besorgen ist, viel¬ mehr steht die Rechtsprechung auf den Standpunkt, daß diese Frage zeitlos lediglich danach zu beurteilen ist, ob der Film selbst, ohne Rücksicht auf be¬ sondere Zeitverhältnisse, eine solche Störung besorgen läßt. Diese Rechtslage aber trägt der gegenwärtigen gespannten Lage naturgemäß nicht genügend Rechnung. Sie hat dazu geführt, daß Filme zugelassen worden sind, die zwar nicht durch ihren Inhalt allein, wohl aber durch den Inhalt in Verbindung mit den besonderen gespannten poli¬ tischen Verhältnissen der Gegen¬ wart eine geradezu revolutio¬ näre Stimmung erzeugen und da¬ durch lebenswichtige Interessen des Staates gefährden können. Durch die Aufnahme des neuen Verbotsgrundes. wonach ein Film auch wegen Gefährdung lebenswichtiger Interessen des Staates verboten werden kann, soll also die Möglichkeit ge¬ schaffen werden, bei der Beur¬ teilung der Filme auch den Zeit¬ umständen Rechnung zu tragen und auch solche Filme zu ver¬ bieten, die zwar nicht unmittel¬ bar durch ihren Inhalt die öf¬ fentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, die aber doch ihrer Cesamt'.endenz nach dazu e- stimmt sind und unter den .Ge¬ gebenen Verhältnissen auch eignet sind, einen gewaltsa en Umsturz geistig vorzubere: et Wir haben es hier also mit e er Bestimmung zu tun, die auf n> Gebiete des Films das nachl & was auf dem Gebiet der Pr ■» bereits durch die Rechtsprecl nf des Reichsgerichts über den te- rarischen Hochverrat heute ah gültig festgestellt ist. A« ier diesem neuen Verbotsgrund ge¬ währt die Notverordnung <•<» Reichsminister des Innern un- mehr auch das selbstäi ig« Recht, ein Widerrufsverfa re* zu beantragen und stellt d mit seine Befugnisse denen der an- desregicrungen gleich. Wäh end der Dauer des Widerrufsve: ah- rens ist der Reichsminister de» Innern berechtigt, die Vor üb" rung des Filmes mit Wir unf für das gesamte Reichsgebi« r» versagen. „Amerikanische Tragödie" Die Paramount zeigte gestern abend einem Teil der Berliner Presse die filmische Version Josef v. Sternbergs über das bekannte Dreysersche Buch „Amerikanische Tragödie". Dieser Film hatte bereits einen sensationellen Ruf, weil Dreyser. genau so wie manch anderer amerikanischer Autor, glaubte, daß seine literarischen Urheberrechte bei der Umwand¬ lung in das sprechende Bild verletzt seien. Die amerikanischen Gerichte, die in solchen Fällen im allge¬ meinen praktischer denken als manche dafür zuständige deut¬ sche Instanz, haben seinerzeit der Paramount Recht gegeben und wurden durch die überaus große und günstige Aufnahme des Werks im amerikanischen Publikum gewissermaßen unter¬ stützt und bestätigt. Das Bild wird leider in Deutschland nicht an das Publikum kommen. Das ist be¬ dauerlich, weil es tatsächlich eine Leistung ist. die weit über dem Durchschnitt steht und die in die Spitzenklasse der Weltfilmproduktion gehört. Inhaltlich handelt es sich um einen jungen Mann, der einmal ein Autounglück verschuldet und der später - man weiß nicht recht, ob mit 75 oder 100 Prozent Schuld — ein jun¬ ges Mädchen ertrinken läßt. Grund dafür: Immer wieder die Liebe zu einer anderen. Glanz- und Höhepunkt des Ganzen: Die große Gerichts¬ verhandlung mit ihrem ameri¬ kanischen Kreuzverhör und ihrer dramatischen Zu¬ spitzung der Konflikte zwischen Ankläger und Verteidiger. Das Ende: Ebenfalls im Film eine etwas ungelöste Frage. Der Angeklagte wird zwar schuldig gesprochen, aber es schwingt immer so leise, viel¬ leicht mit Absicht, der G*‘ danke mit, daß es doch noefc einen Weg gibt, aus dem Ge¬ fängnis in die Freiheit zu Kom¬ men. Es wird über diesen Film noch ausführlich zu sprecht* sein, weil grundsätzliche P ro j bleme der Filmdarstellun uD “ der Filmregie bei diesem Ster*" bergfilm angeschnitten werde* Es handelt sich dabei nie* nur um die Frage der Fil®' mentalität hüben und drüb*» sondern um allgemeinilüH'd* I Grundsätze für Behandlung attt Anordnung aktueller dram»*" scher Filmstoffe.