Der Kinematograph (October 1931)

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für den geschickten Spiel¬ leiter immer noch eine kleine Möglichkeit bleibt, so weit zu steigern, daß es beinahe überhaupt keine Grenze gibt. * Hauptpersonen: Der Zar, der sich in die kleine Hand¬ schuhmacherin verliebt und dann keine Zeit findet, die süße, kleine Wienerin in der Villa zu besuchen, die er für sie eingerichtet hat. Nebenhandlung: Das Be¬ mühen Metternichs, den Zaren vom Kongreß fernzu¬ halten, weil er seine Pläne durchkreuzt. Schlußpointe: Die Tat¬ sache, daß Napoleon ausge¬ rechnet in dem AugenbUck von Elba nach Frankreich zu¬ rückkehrt, als Fürst Metter¬ nich seine lebenslängliche Verbannung durchsetzt. * Eine Mischung von Historie und Liebesspiel. Eine ge¬ schickte Komposition, die die diplomatische Staatsaktion mit dem leichten Wiener Milieu durcheinanderbring'.. Wenn nicht zwei so feine Köpfe wie Norbert Falk und Robert Liebmann sich hier zusammengefunden hätten, hätte leicht aus der Grund¬ idee ein Nebeneinander und Durcheinander werden kön¬ nen, bei dem sich beschwing¬ tes Lustspiel und Ausstat¬ tungsstück hart im Raum ge¬ stoßen hätten. So aber gab man Charell ein Buch für seine Filmrevue, wie er es im Großen Schau¬ spielhaus noch nie besessen. Einen Text voll mit Pointen und bildlichen Möglichkeiten, die drei Drehbühner, mit fünf- zigfacher Verwendung nicht hätten bewältigen können. * Dem Publikum wird das, so paradox es klingt, unbe¬ wußt bewußt. Weil alles mit einer Leich¬ tigkeit und Selbstverständ¬ lichkeit dargeboten wird, die auf den Fachmann faszinierend wirkt, und die im Gro߬ theater wie im kleinsten Nest die gleiche Begeisterung hervorrulen muß, wie man sie gestern in Ber¬ lin erlebte. Dabei wird das Ganze mit einer unerhörten Virtuo¬ sität photographiert. Das Künstlerauge ersinnt Lichteffekte, die in Schwarz- weiß-.Manier feiner, intensi¬ ver und tiefer wirken, als wenn sämtliche Regenbogen¬ farben hätten aufleuchten können. Hier werden seit langem wieder einmal der Kamera neue Effekte entlockt. Wird Filmnalerei durchs Objektiv gesehen vorgeführt, eine Überfülle von neuen opti¬ schen Möglichkeiten geboten, die die übrige deutsche Filmregie ruhig zwei Jahre lang nachahmen kann, ohne daß sie an Wir¬ kung verliert. Karl Hoffmann, der Photo¬ graph, fügt seinen Großtaten der Kamerakunst ein neues, glänzendes und unverge߬ liches Blatt hinzu. * Es ist, um das Allgemeine vorweg zu nehmen: ein musikalischer Film. Ein Werk, bei dem die Musik nicht aufgepfropft ist und kein Füllsel bedeutet, sondern bei dem sie Glied einer großen einheitlichen filmischen Komposition ist. Wie man Schlager insze¬ nieren soll, sieht man schon bei dem ganz entzückenden „Das gibt's nur einmal". Der straffe Rhythmus der glücklichen Erfindung Wer¬ ner Richard Heymanns geht durch die ganze Szene. Wirkt sich auf das ganze Drum und Dran aus. Erweckt sogar die Illusion, als ob die Pferde im Takt der Musik gehen, genau so wie die Waschermadln, die Spazier¬ gänger in den Wiener Stra¬ ßen, die Reiter draußen auf der Au, und all das, was in Überfülle an uns vorbeiströmt. ★ Ein Kabinettstück: die Heurigenszene und der Heu- rigensänger, den, wie man nachher erfreut und über¬ rascht aus dem Programm feststellt, Paul Hörbiger spielt. Wie viele Sänger haben schon Wiener Lieder gesun¬ gen. Wie oft hat man da¬ bei trotz glänzender Summe und allem Grinzinger Brim¬ borium darin ein überflüssi¬ ges Lokalkolorit gesehen, von dem kein Mensch etwas wissen wollte. Hier auf einmal wird es ein riesiger Erfolg. Eine kleine filmische Sen¬ sation. Weil endlich ein Regisseur kommt, der nicht aus Wien ist und sich sein Grinzing so baut, wie er es sich denkt. Der bewußt filmische Revue inszeniert. Nicht an strengste Logik denkt und trotzdem oder gerade des¬ wegen nur mit genialer glücklicher Hand selbst¬ schöpferisch den Spielleiter¬ stab schwingt, um eine unerreichte Wirkung zu erzielen. *. Aber genug von der Re¬ gie. weil dieser Hymnus auf einen großen Spiel¬ leiter, der uns nach Lubitsch vom Himmel gefallen ist, Sonder¬ nummern füllen könnte. Schließlich haben die Dar¬ steller auch ein Recht. groß und breit genannt zu werden. Willy Fritsch allerding' diesmal in doppelter Größe Nicht nur weil er zwei Rol len auf einmal spielt, son dern weil er ein Meister Stückchen liefert, das ganz im Sinn des Schlagertexte' — „auf Erden erdacht, abe: doch himmlisch gemacht" — isL Er spielt hier zur Freude der großen internationalen Kinogemeinde wieder mit Lilian Harvey zusammen, die, von der „Tankstelle" an- gefangen, eine künstlerische Entwicklung genommen hat. wie sie in der Geschichte des deutschen Films — und das ist mehr als Phrase und mit voller Übeilegung nie dergeschrieben — noch nicht erlebt Hier konzentriert sich was wir an fünf oder zehn Flimmersternen erster Ord nung einzeln bewundern, zu einem phantastischen Gan¬ zen und bringt der Darstel lerin und dem Film einer Erfolg, der unbeschreiblich groß ist. * Daneben Otto Wailburg in ganz großer Form. Conra Veidt mit der nonchalanter überlegenen Liebenswürdig¬ keit des großen Schauspn lers von Klasse. Dazwischen eine lang lange Reihe erster Name'' mit erstklassiger Leistung Ganz gleich, ob es Alfred Abel als König von Sachsen, Lil Dagover als elegane Komteß, die immer zugkri t- tige Adele Sandrock -tls Fürstin oder der geschnv dige, masken- und spiel¬ sichere Julius Falkenste in als Finanzminister ist. Ein Ensemble von seltener Ausgeglichen¬ heit, wie es so leicht in einem Film nicht wieder zusammen¬ gebracht werden kann. ★ Ein Film, bei dem man nicht aufhören kann, zu loben, und bei dem man, wenn er noch einmal am geistigen Auge vorüberzieht, immer neue Schönheiten entdeckt. Ein Werk, von dem man ruhig behaupten kann: „Das gibt's nur einmal. Das kommt nicht wieder, Das muß ein Stück vom Himmel seinl“