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leicht sogar noch vor fünf¬ zehn Jahren, die Achseln zuckte. Wir konstatieren das hier rein bilanzmäßig und selbst¬ verständlich gleichzeitig mit Stolz darüber, daU aus dem kleinen Laden ein so großes, prächtiges, gewaltiges Haus geworden ist. Im Geleit wort zur ersten Nummer war noch vom Wan¬ derkino an erster Stelle die Rede, vom Rezitator und so ganz nebenbei auch vom Spiei film Wie schnell hat sich das Blättchen gewendet! Es ver¬ gingen ein. zwei Jahre, bis der erste Mehrakter abrollte, und es war nur ein kleiner Schritt weiter bis zum Au¬ torenfilm. Man begann schon von einem Überangebot an Kino¬ plätzen zu sprechen, und man fühlte die drückende Last einer undiskutierbaren Lust- harkeitssteuer. Vielleicht wird hier man¬ cher, der sich noch an alte Zeiten erinnert, einwenden: damals lief man gegen die zehn Prozent Sturm, und heute hat man schon jahre¬ lang fünfzehn Prozent er¬ tragen. Selbstverständlich einTrug- schiuU. Denn heute sind die Herstellungskosten eines Films mit dem. was die ersten Fabrikanten ausgaben, nicht in einem Atemzug zu nennen. Der alte Papa Porten er¬ zählt heute noch stolz, wie ihm eine Firma in der unteren Friedrichstraße für acht Ton¬ filme, einschließlich Manu¬ skript. Schauspielergagen. Re¬ giehonorar und Kosten für Dekoration eintausenc Mark bezahlt habe. Man muß sich die Hohe der Materialpreise von früher und heute r.ebeneinanderhalten, die Kop ; .erkosten und viele andere Dinge, wenn man den Wandel der Filmdinge in einem Viertel Jahrhundert einigermaßen erfassen will. ★ Wer erinnert sich noch an die Bilder von Lubin, der in Philadelphia vielleicht das erste amerikanische Film¬ fabrikationsunternehmen hatte und der mit einer Faust¬ kampfaufnahme Weltsensa¬ tion erregte! Erst viel später erfuhr man. daß die beiden berühmten Faustkämpfer Fitzsimmnns und Corhett, die man dem staunenden Publikum vor¬ führte eigentlich gar nicht diesellie't waren, sondern das, was ira 1 heute Doubles nennt. Aber das störte damals kei¬ nen Menschen im Vergnügen. Genau so wenig, wie es auf¬ fiel. de U Skladanowsky sei¬ nen Bismarck irgendwo in einer 3örse oder in irgend¬ einem kleinen Theater für seinen Film engagierte. Ist es nicht spaßig, daß auch it ersten Jahrgang des „Kinematograph" zu lesen ist: ..Sie verletzen kein Patent, wenn Sie zur Darstellung sin¬ gender. sprechender Photo¬ graphien meine neueste Syn¬ chron - Einrichtung verwen¬ den." Spricht es nicht Bände, wenr. dann weiter erzählt wird: „Zwischen dein Gram¬ mophon und Kinematograph ist keine elektrische oder me¬ chanische Verbindung vor¬ handen, und dennoch hat der Operateur ständig eine Kon¬ trolle im Vorführraum über den Gleichlauf beider Appa¬ rate." Man könnte beinahe sagen, daß es geradezu sensationell wirkt, wenn schließlich in je¬ nem Inserat bekanntgegeben wird, daß die ganze Anlage mit lautsprechendem Gram¬ mophon, mit einer doppelten Telephonanlage und mit dem Fernausschalter für das Grammophon nur siebenhun¬ dert Mark gekostet hat. Gemahnt es nicht an heute, wenn zwei Seiten dahinter Herr Arthur Leiser mit der schönen Telegrammadresse Arleion ein Inserat mit der schreienden Überschrift „Große Aufregung” veröffent¬ licht und dann furtfährt: „in der Branche der singenden und sprechenden Photogra¬ phien erregt die soeben ver¬ öffentlichte Bekanntmachung der Firma Messter. der Gleichlaufapparal der Firma Arthur Leiser. Berlin,- kolli¬ diert mit den Messtcrscben Patenten nicht." Schon eine Nummer später zeigen Gaumont und Messter vereint das Chronophon- lich ebenfalls eine Tonfilm¬ apparatur. die sich stolz erste und vollendetste Synchron¬ einrichtung der Welt nennt. ★ Eine Anzeige des Herrn Alfred Duskes wirkt wie ein Entwurf zu späteren, ein¬ schlägigen, vielleicht sogar noch aktuellen Veröffent¬ lichungen. Da liest man von Patent¬ klagen vor dem Reichsgericht, von abgewiesenen Prozessen der höchsten Instanz, die überhaupt noch nicht verhan¬ delt sind, von acht Patenten und ebensoviel Gebrauchs¬ mustern und schließlich die Feststellung, daß der Ton¬ filmapparat des Herrn Duskes das Patent Nr. 175 605 nicht In einer Ausstellungs-Son¬ dernummer steht der tech¬ nische Artikel unmittelbar neben dem Leiter. Wobei nebenbei erwähnt werden soll, daß die pro¬ grammatische Rede auf dieser kinematographischen Ausstel¬ lung in Hamburg von dem Vorsitzenden des Internatio¬ nalen Vereins reisender Schau¬ steller und Berufsgenossen gehalten wurde. Gleich in den ersten Num¬ mern wird vom Bild in na¬ türlichen Farben gesprochen, dessen erste Proben noch im Jahre 1908 gezeigt werden sollen. Wie ein roter Faden zieht sich durci. die fünfundzwanzig Jahre der Kampf gegen un¬ reelle und verwerfliche Mani¬ pulationen, nur daß man da¬ mals noch keine falschen Ab¬ rechnungen kannte, sondern einfach gleich die Filme iin ganzen kopierte oder imi¬ tierte. Es hat sich, wenn man will, also im Prinzip in diesem Vierteljahrhundert, in dem der „Kinematograph" er¬ scheint nicht viel geändert. Nur ist ailes giößcr, vollen¬ deter. besser, geordneter gc- Die Probleme haben ge¬ wechselt, die Materie ist ge¬ blieben. Der„Kinematograph". einstmals ein Anhängsel des „Artist", ist zum selbständigen Blatt geworden, zu einem Organ, das sich Beachtung verschaffte und das gerade in den letzten Jahren täglich vor seinen Leser tritt. Wir haben in dieser Num¬ mer erprobten, bewährten Pionieren das Wort gegeben Es soll hier nicht viel Pro¬ grammatisches für die Zu- kuntt gesagt werden, weil das in diesen Zeiten besonders schwer ist. Es soll sich der Blick rück¬ wärts wenden ii. die Kinde: - jahre des Films, und es soll an dem, was damals erstrebt wurde, erkannt werden, daß viel mehr Tatsächliches er¬ reicht worden ist. Diese Feststellung soll uns Mut machen für die Zukunft und soll uns immer dann sagen, wenn wir zaudern, den neuen Weg zu betreten, daß wir in einem Jahrhundert leben, wo die Technik rapide vorwärts schreitet und wo das Morgen das Gestern über den Haufen wirft.