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ZAHLEN SEHEN UNS AN ... VonDr. ALEXANDER JASON, Berlin D ie industrielle Entwicklung des Films hat alle Erwartun¬ gen in den Schatten gestellt. Die Filmindustrie stellt heute einen Wirlschaftsfakt>r und Kulturträger von grö߬ ter Bedeutung dar. Eine systematische Pflege der Filmwirtschaft aber, eine Erfassung der wirtschaftlichen Vorgänge über den Tag hinaus seitens der Industrie existiert bislang nicht. Auch behördlicherseits gibt cs keine Stelle, die zentral das not¬ wendige statistische Material gesammelt hätte. Die Bedeu¬ tung des Zahlenmaterials und statistischer Nachweise, die sich für eine Industrie in ihrer Verkettung mit der Gesamt¬ wirtschaft ergeben, ist noch nicht voll erkannt. Wohl wurden verschiedentlich Ansätze zur Durchführung einer FilirslatistiL gemacht, die aber stets aus irgend¬ welchen Gründen nicht durchgcführl werden ke nnten. Sn wurden u. a. Vorbereitungen zu einer europäischen Filni- statistik 1926 in Paris auf dem ersten internationalen Film¬ kongreß unter Oberhoheit des Völkerbundes getroffen, wo die Einrichtung einer Zentralstelle beschlossen wurde, die die Filmstatistik in großem Umfange einleiten und durch¬ führen solUe. Zum Sitz dieser Zentralstelle wurde Berlin bestimmt, weil der deutsche „Zcntralverband der Film- vcrlciher" die Anregung zu dieser Gründung gegeben hatte. Es blieb jedoch bei diesem Pariser Beschluß, und die offizielle Filmstatistik ruht seitdem vollständig. Nur einige Fachblätter bringen ab und zu statistische Arbeiten. So hat der „Kinematograph" sich seit Jahren mit dem Thema der Filmstatistik befaßt und bringt in den letzten Jahren eme Beilage ..Die deutsche Filmwirtschaft", die ausschließlich filmstatistischc Fragen behandelt. In neuerer Zeit ist durch Veröffentlichung der Ergebnisse außerordentlich umfangreicher Untersuchungen im „Hand¬ buch der Filmwirlschafl" vom Verfasser der Versuch ge¬ macht worden, dem stets wachsenden Bedürfris nach syste¬ matischer Bcarbe’tung des filmwirtschafts-stalistischen Roh¬ materials. das in Fachkreisen und auch sonst in weiten Kreisen der Wirtschaft und Wissenschaft Lesteht, Rccn- nung zu ragen. Ein Rückblick, der hier auf Grund dieses Zahlenmaterials vorgenommen wird, ergibt eine ganz klare Entwicklungs- linie für die Filmindustrie. Das Angebot an Filmen und damit die deutsche Film¬ produktion wäre vielleicht folgendermaßen zu gliedern: 1. Die ersten Filme: 1895 bis 1905 erste Filmvorführungen in Wanderkinos, und zwar Aktualitäten und Kurzfilme. 1905 bis 1912 Zeit der Tonbilder, vorwiegend französi¬ sche, italienische und dänische. 2. Der lange Spielfilm: 1913 - 1914 erstes Auf¬ tauchen lan¬ ger Spielfil- 1914-1918 Sperrung der Grenzen durch ( den Weltkrieg. - Hochkon¬ junktur der Filmproduk¬ tion. 1919 bis 1925 Inflation - Valutakonjunktur. Deflation Jüinflufi des Auslandes. 19^i bis 1928 kulturelle Entwicklung des langen stum¬ men Spielfilms. 3. Der Tonfilm: 1929 1930 erste Tonfilme — Elektro-Gruppcn und Filmindustrie. Parallel mit der Entwicklung der Filmproduktion lief die Entwicklung und der Aushau des Theaterparks. Auch hier lassen sich deutlich drei verschiedene Perioden erkennen: 1. Die ersten Kinos: 1895 1900 Zeit der Wanderkinos. 1900 Gründung der ersten ständigen Kinos. 2. Entwicklung und Ausbau des deutschen Theatcrparks: 1900 1912 Kurz vor dem Weltkrieg . . ca. 1500 Kinos 1913 2371 „ i“I t Kriegs.!nf mg.» . .. .Ile 1917 Während d»s Krieges.3130 1918 Kriegsende — Revolution ... , 2491 „ 1919 Beginn dci Inflation. 2836 „ 1925 Deflation .... 3618 .. 3. Umstellung auf Tonfilmkinos: 1928 1929 erste Tonfilmkinns 223, von insgesamt 5'-67 Kinos 1930 1931 weitere Verbreitung 2446. von insgesan.'5071 Im einzelnen spielt sieh das. was in diesem Schema zu- •ammcngcr.tellt ist. etwa wie folgt ab: Während der Zeit von 1895 bis 1905 wurden Aktualitäten und Kurz’ilme, vorwiegend von Pathe und Gaumont, in Wanderkinos vorgeführt. Mit den Jahren 1904 1905 setzte dann die Gründung der ersten ständigen Kinotheater ein, und zwar haben nach den Angaben des ältesten Filmverbandes, des „Vereins der l.ichtspiellheatcrbesitzcr EV.” Ende 1904 (oder Anfang 1905) ir Berlin drei ständige Kinotheater bestanden. Vorgeführt wurden Kürzt.lme urd Tonb.lder, die vom Publikum begeistert aufgenommen wurden, s > daß Tages¬ einnahmen von 200 bis 600 Mark keine Seltenheiten waren. < bwohl die Eintrittspreise durchschnittlich r ar 30 Pfennig betrugen Man spielte oft von vormittags bis zum späten Abend, bei einer Vorstellungsdauer von 30 his 60 Minuten. Zahlenmäßige Nachweise über diese frühe Zeit der Film¬ produktion liegen nicht vor, wenngleich mit dem 1. Oktober '908 die Polizeiverordnung betreffend die Kinematogra- phenzensur in Kraft getreten war. Vorwiegend bcherrsch- ,en ausländische Filme, insbesondere französische, italieni¬ sche und dänische, den deutschen Markt. Mit den Jahren 1913 1914 erschienen in de' Hauptsache lange Spielfilme, die seit dicserZci t für die Beurtei¬ lung der Marktla¬ ge von ausschlag¬ gebender Bedeu¬ tung sind. Gleichzeitig stellte der Welt¬ krieg die junge Filmproduktion in eine Hochkon¬ junktur, die die Entwicklung der ganzen Industrie beschleunigte.