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Mithaftung des Film Verleihers für Verträge zwischen der Filmproduktion und dem Regisseur ? Kein S c h r i i 11 i c h k • i t s • r i o r d • r n i s für Verträge mit F i I tn k ü n s 11 e r n Von Dr. jur. Willy Franke. Berlin. Nicht immer beschränkt sich der Kreis der an der Ausgestal¬ tung eines Filmwerkes rechtlich beteiligten Personen auf die Filmproduktionsseite (als Ar¬ beitgeber-Seite) und auf die filmschaffenden Künstler |als Arbeitnehmer-Seite); es kom¬ men in der Praxis des Film¬ lebens häufiger auch Fälle vor. in denen der Film Verleiher bzw. die Filmverleih-Gesell¬ schaft bei den Verhandlungen über die Schaffung und Ausge¬ staltung. insbesondere der Her¬ anziehungfilmschaffender Künst¬ ler. so maßgeblich in Erscheinung tritt, daß auch die rechtliche Inanspruchnahme des Filmver¬ leihers für dieAnsprüche der Film¬ künstler usw. nicht ausgeschlos¬ sen ist. Eine solche Haftungs- verpflichtung wird sich zwar nicht aus dem Rechtsgebilde des Arbeitsvertrages, wohl aber aus dem der zusätzlichen Schuld- ubernahme herleiten lassen. Daß derartige Ansprüche auch nicht nur theoretisch bestehen, son¬ dern auch praktisch von der Gerichtsbarkeit anerkannt wer¬ den zeigt ein im vergangenen Monat vom Reichsarbeitsgericht in Leipzig entschiedener Prozeß, den ein bekannter Berliner Theater-Intendant als Kläger gegen eine Berliner Filmverleih¬ gesellschaft angestrengt hatte. Die Filmverleih-Firma hatte mit einer Filmproduktionsgesell¬ schaft einen Vertrag geschlos¬ sen. nach welchem sich die letz¬ tere verpflichtete, einen Ton- und Sprechfiim unter dem Titel ..Mörder gesucht' 1 herzustellen. Der Film Verleiher übernahm da alleinige Ausnutzungs- und Vor- fuhrungsrecht und versprach der Produktion 50 Prozent aus der Filmvermietung In dem Ver¬ trage war ausdrücklich vorge¬ sehen. daß für die künstlerische Mitarbeit an diesem Film der erwähnte Intendant zeichnen würde. Dieser irtendant hatte dann mit der Fi’raproduktions- gesellschaft in Anwesenheit des Filmverleihers und des Autors des Filmmanuskriptes (nach dem Roman „Der geschlossene Ring" von Frank Arnau) Verhandlun¬ gen über die Durchführung des Filmproiektes geführt und dabei eine mündliche Vereinbarung über die Vertragsbedingungen erzielt. In weiteren Besprechun¬ gen zwischen dem Kläger und dem Filmverleiher. die den Zweck gehabt hätten, die künst¬ lerische Linie des Films festzu¬ legen. hatte dann die Filmver¬ leihfirma dem Intendanten Zu¬ sagen dahingehend gemacht, daß sie dafür einstehen würde. daß der Intendant sein Honorar von der Produktionsgesellschaft erhalten würde; die Verleih¬ firma hatte auch in der Zwi¬ schenzeit mit cur Reklame für den Film in der Fachpresse begonnen; zu einer Herstel¬ lung durch dir Produktions¬ gesellschaft kan es aber in¬ folge Finanzierungsschwierigkei¬ len nicht, ebensowenig durch eine andere Filmgesellschaft, die die Herstellung in Aussicht ge¬ nommen hatte. Der Film ist dann schließlich bekanntlich von der Karl-I tinz-Wolff-Film G. m. b. H. ohne Mitwirkung des Klägers hergestel t worden. Die Filmverleihgesellschaft, ar die sich der lntendap wegen seiner Ansprüche wegen Niditbcschäf- tigung in dem genannten Film gewandt hatte, lehnte diese An¬ sprüche mit dem Hinweis ab. daß sie lediglich Käufer des Films sei. die Tätigkeit des Ii tendanten aber die Fabrika¬ tionsgruppe betreffe. De' Intendant erhob daran anschließend Klage beim Ar¬ beitsgericht Ber in gegen die Yerleihtirua und ihren Inhaber auf Zahlung von 6100.- RM entgangenen Honorars. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. das Landesarbeits¬ gericht Berlin dagegen ver¬ urteilte die Verleihfirma zur Zahlung des eingeklagten Betra¬ ges der Firma (einer Gesell¬ schaft mit beschränkter Haftung) und wies die gegen den Inhaber persönlich gerichtete Klage ab. Dieses Urteil hat nunmehr das R ei chsarbeitsgericht in seiner oben erwähnten Ent¬ scheidung bestätigt. Es hat in der selbständigen Mitwirkung der Fiimverleihfirraa an den Verhandlungen mit dem Kläger im vorliegenden Falle eine so¬ genannte zusätzliche Schuldübernahm e er¬ blickt. die die Verleihfirma zur Haftung gegenüber dem Kläger verpflichtet. Diese Schuldüber¬ nahme bedürfe, da der Verleiher ein eigenes wirtschaftliches In¬ teresse an der künstlerischen Mitwirkung des Klägers gehabt habe, im übrigen auch die Ini¬ tiative an der Herstellung an den Tag gelegt habe, keiner Schriftform: einer solchen hätte es nur bedurft, wenn es sich um eine Bürgschaft gehan¬ delt hätte. Diese habe aber hier nicht Vorgelegen. Diese Schuld- i bernahme würde aber auch da¬ durch nicht ihrer rechtlichen Mi irksamkeit entkleidet, daß der Vertrag zwischen der Filmpro¬ duktionsgesellschaft bzw. deren Verhandlungsführer und dem klagenden Intendanten als künst- Die Einigung zwischen der Filmproduktions¬ gesellschaft und dem Kläger über die wesent¬ lichen Vertragsbedin¬ gungen iHühe des Honorars und Tätigwerden des Klägers als künstlerischer Mitarbeiter in einem in Aussicht genommenen Film) habe einer Schrift¬ form nicht bedurft und sei daher auch vor ihrer in Aus¬ sicht genommenen, aber nicht erfolgten schriftlichen Fixierung rechtswirksam gewesen, so daß die Filmverleihfirma, als sie ihre Haftung neben der Produktions¬ gesellschaft für das Honorar des Klägers diesem zusagte, diese Zusage auf der Grundlage eines bereits bestehenden Vertrages zwischen der Produktionsgesell¬ schaft und dem Kläger gegeben hatte. Das Reichsarbeitsgericht nimm'. am Schluß seiner Entscheidungs¬ gründe übrigens auch zu der weiteren des öfteren akut wer¬ denden Rechtsfrage Stellung, ob der Kläger nicht dadurch, daß er erst viereinhalb Monate nach Abschluß des zwischen den Par¬ teien gepflogenen Schriftver¬ kehrs die Klage erhoben hat, gegen Treu und Glauben ver¬ stoßen hätte und sein Verhalten als Verzicht auf seinen Anspruch gegen die Verleihfirma gelten lassen müßte. Es verneint diese Frage, weil in dieser nicht so¬ fortigen Geltendmachung seines Anspruches ein rechtliches Be¬ denken nicht erblickt werden Mit dieser Entscheidung hat das Reichsarbeitsgericht zu einer Frage abschließend Stellung ge¬ nommen. die des öfteren in der Filmverleih-Praxis akut werden und den in F'rage kommenden Beteiligten Anlaß geben dürfte, bei ihren Verhandlungen über die Ausgestaltung eines Films sich dessen bewußt zu sein, daß in ihrer Mitwirkung möglicher¬ weise ein rechtlich verpflichten¬ des Verhalten gegenüber den für die Schaffung des Films in Aus¬ sicht genommenen Filmkünstlern usw. erblickt werden kann. In¬ teressant in diesem Zusammen¬ hang ist übrigens die Stellung des Reichsarbeitsgerichts zu der — wie bekannt — augenblick¬ lich in einem akuten Fall zur Entscheidung stehenden Frage derschriftlichen Fixie¬ rung von Verträgen zwischen der Filmpro¬ duktion und Künstlern. Aus den Entscheidungsgründen des reichsarbeitsgerichtlichen Erkenntnisses ergibt sich, daß i f t I i c h e Fi c h t a ung i r k- s a m k e i t veriangt, soweit die mündlichen Verhandlungen zu einer Einigung über die wesent- lichenVertragsbedingungen (über die Höhe des Honorars und über die Art der in Aussicht genom¬ menen Tätigkeit) geführt haben. Aus der vom Reichsarbeits- gericht gebilligten Stellung¬ nahme des Landesarbeitsgerichts Berlin ergibt sich auch weiter, daß selbst eine in Aussicht ge¬ nommene Fixierung des Vertra¬ ges nicht etwa die Vereinba¬ rung einer Schriftform in dem Sinne Jarstelle, daß vorher die Abmachungen nicht gültig sein sollten. Damit hat nunmehr auch das Reichsorbeiisgericht zu er¬ kennen gegeben, daß es Ver¬ tragsabschlüssen zwischen Pro- dukiionsfirmi r und Filrrkünst- lern auch Rechtswirksamkeit zu¬ spricht. wenn sie nicht schrift¬ lich getätigt sind (selbstver¬ ständlich nur in den Fällen, in denen nicht etwa die „Allge¬ meinen Anstzliungsbedingungen" Grundlage des Vertrages gewor¬ den sind, die ia bekanntlich im § 1 die Erfordernis schrift¬ licher Verträge als Vorausset¬ zung ihres rechtlichen Zustande¬ kommens eufstellen.) Die vom Landesarbeitsgericht Berlin und auch von mir in dem Aufsatz ..Vertragsabschlüsse mit Produk¬ tionsleitern und Regisseuren" im Kinematograph vom 17. 10. 31 vertretene Ansicht, daß kein rechtlich anerkannter Brauch in der deutschen Filmindustrie be¬ stehe. wirtschaftlich bedeu¬ tungsvolle Verträge erst bei schriftlicher Fixierung als ge¬ schlossen gelten zu lassen, muß danach als in diesem Sinne auch vom Reichsarbeitsgericht gebil¬ ligt angesehen werden. Wenn¬ gleich cs auch in der Filmindu¬ strie üblich ist. derartige Ver¬ träge von wirtschaftlich weittra¬ gender Bedeutung schriftlich ab- zuschließen, so kann diese Ublichkeil nicht dazu führen, anzunehmen, daß etwa nach dem übereinstimmenden Willen bei¬ der Vertragsteile die Gültigkeit von der schriftlichen Abfassung abhängig ist. Die schrift¬ liche Abfassung oder auch nur Bestätigung eines Vertrages erleich¬ tert lediglich die spätere Kennt¬ nisnahme von seinem Dasein und seinem Inhalt, kann aber in den erwähnten Fällen nicht ner Rechtswirksamkeit aufgefaßt werden.