Der Kinematograph (Aug 1907)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

No. 32. W ir leben in dem Zeitalter der Reformen Reform-1 schulen. Rciormg\ iiinasicn werden gegründet wan.nil soll nicht ein Rciormkinetnatographcntheater entstehe»,j itnd Sit. meine verehrten Anwesenden, sind heute ii liebenswürdiger Weise unserem Rute gefolgt, um der Er- öffnung «-'es Riiormkineuiatographcuthcaicrs bcizuw Mi - nen, und w ir sind nun verpflichtet. Ihnen /u sagen, w as wir wollen, welche Wege wir einschlagen wollen, und was uns zu der Oründung dieses l'nternehmens veran- lasst hat. DinM will ich in meinen heutigen Ausiiili- rimgcn drei Pf—Ol streiten: I. Nach welchen Seiten hin sind die bisherigen Kinema- tog.aphtvithcate r reformbedürftig ? J. Nach welchen Richtungen hin soll unser l ntertteh- men reformierei. ? Welchen Beistand müssen wir dabei von Schalen, Behörden und der Presse erwarten? I. her Kinemato^raph hat sich mit Windeseile die Welt erobert und ist ein besonderer Liebling des Volkes geworden; denn das Volk vermag nach langer, ermüden- der ArJieit nicht grosse (iedankenreihen zu vollziehen, und der Kinematograph setzt (iedankenreihen in die Anschauung um. er lässt auf der Leinwand Handlungen entstehen, die mit Leichtigkeit verfingt werden können, und iie dem Zuschauer eine angenehme l'nterhaliimg bieten. D| nun die Kincmatographcnthcatci im Anfang grossen (iewini; abwarfen, so kam es. dass sie wie Pilze NN der Erde schössen. Mit der schnellen Vermehrung selben wuchs aber tftdl die Konkurrenz u id die In- haber miissten nach neuen Reklamemitteln si chen. um ihr < icschäft ins Licht der Peffenthchkeit IS bringen. Da kamen leichtfertige Unternehmer auf den Oe- d.tnkcn. auf die Nerven und grobe Sinnlichkeit zu speku- lieren und brachten die sogenannten >cusati'.>ns-Kiluis z;-r Vorführung, nichts anderes als die Darstellung der Selm idlitcratur ■ lebenden Bildern. Man g'iig dabei vor dem Uedankcn aus: bs ist ja iur das Volk, und das \ ob- will derbere Kost haben ind damit war Jer erste Schritt rückwärts getan. Denn einmal ist das Volk nicht dazu da. um von gewissenlosen tieschaftsleuten ausge- beutet z:i weruen. selbst w enn es an solche« Vorste'h Il- gen (icialicn imden sollte, was icii übrigens aoeh be- zweifle: und selbst wenn der ästhetische liesehmack noch so /uriick sein sollte, s • ist es Pflicht aller derer, die /m geistigen Kührern des Volkes berufen sind, aui das \olk einzuwirken und seinen ästhetische« tie- schmack in die richtigen Dahnen zu lenken. W enn eine Sache anfangt, schlechte Ausw üchse zu treiben. so fin- den sieh in Deutschland noch immer Männer, die diese bekanmfen und zwei Streiter I standen diesmal !em deutschen \olke: I. die deutsche Presse. II. die deutelte Lehrerschaft. Solange das Kinematograplientheater sich in nor- n.aleti Dahnen bewegt hatte, brachte die Tagespreise ruhige Notizen und freute sich mit dem Volke an diesen harmlosen Vergnügungen: ich erinnere bloss au die lu- stige Dttrachtung. die Onkel Mudicke in der ..Morgen- post" an den Kinematographien knüpfte. Sobald sich aber die \uswüchse der Kinematographenthcater zeigten, fing die l'resse an. gegen diese vorzugehen. Man wies aui iie Schädlichkeit der Vorführungen für das deutsche Volk und besonders für die deutsche Jugend hin. und man liess sieh nicht dadurch beirren, dass sich Stimmen der (iegner in recht deutlicher Weise hören liesseu. Nie und nimmer kann es der deutsehen Presse vergessen werden, was sie tür das deutsche Volk und auch für die kuiematoKraplnsche Industrie getan hat. die sie dadurch gerettet hat: denn wäre die htäostik m diesen Bahnen fortgewandelt, so wäre ihr in I»cutschlatid der ' atergaag gca iss gew ese ii. Em zweite» - Streiter, der schoa iMgC :m Stillen zu- gesehen hafte grH mm die Qedaakeu der l'resse auf. i:;imlich II. die deutsche Lehrerschaft. In den \ ereinen wurele zu der Sache Stellung »:c- iiommen. und Herr Lehrer Tews. der bekaratc Rc Jak teur der ..Volksbildung" veröffentlichte in seiner Zeü- schriit ..Volksbildung" häufig Stimmen der deutschen Lehrerschaft. Diese ging einen Schritt weiter: sie warnte nicht nur. sondern sie gab an. in welcher Weise J;csc seliaü- hchen Auswüchse bekämpft und in \elcher Weise Jei Kinematograph der Erziehung nutzbar gemacht urerNH» könne. Ich erinnere an die Ausführungen des ..Dresdner Lehren, ereins". der da in der Vprilnummer sagt: ..Der Kmenu:togruph ist so sehr geeignet, die Kinder mit frem- den Volkcrr und Ländern sowie mit der Geschic h te Jes Landes bekannt zu machen." Durch diese Ausführungen hat sich ebe deutsche Lehrerschaft ebenfalls ein grosses \ erJienst um die In- dustrie und das \ olk erworbei. KNM waren diese Summen verklungen, so machten sich (iegeiistinimen bemerkbar. Die eine:: sagte*: „Wir brauchen "licht zu reforniie*en. d;is Kinematograohen- theater ist gut!" Wer hinter diesen Stimmen steckte. ( raucht wohl nicht erst gesag zu werden! Line zweite Richtung nah n die Pressstimmen eifrig auf und begann nun nach der Polizei zu rufen. Auch diese Richtung muss ich verurteilen. W.irum die Pchzei? Die deutsche Lresse ist mächtig genug, allein iiir die Aufklärung de> Volkes n sorgen. fem ; eder Mensch liest heutzutage die Zeitu.i* und die l'resse ist eine Macht. Auel, die deutsche Lehrerschaft beeiari der Polizei nicht sie kann mit anderen Mitteln aui die Jugend einwirken, u iel wer die lugend hat. elei hat die Zukunft! I nd die deutschen Lehrer fühlen sich stark gel ug. d e im Volke schlummernden Kräfte zu ent- wickeln warum also die Polizei.-' So einstand eine dritte Richtung. zu der / i ge- hören ich auc'i die Ehre habe und zu der unsere K.'ch- /citung ..Der Kinematograph" auch zählt . die da sagte: ..Nicht der Kinematograph ist eine < iefahff für das Volk im Gegenteil, de' Kiiiematov.r.inh kann viel zur Erziehung des \ olkes be tragen :ch .\ ies darauf in meinem Artikel „Berlin, hinemu'ograph und Sit ,! keit" hin , aber der Kinematograph muss in die rich- tigen Lahnen gelenkt und der Volkserzichung dien gemacht w erden. Und diese Richtung wir wollen sie die Reform- richtung nennen verlangt. Reform des Kinematoe phen (iebrauch des Kineunatographcn in- s eigentlichen Zweck! Alle diese liedanken. die in der Luft. resp. in der Zeitung lagen, wurden nun von einem Manne der Praxis aufgegriffen, von Herrn Leo Stachow, und er tx-sch s; sie in die Tat umzusetzen und die bolgc w ar die ( irün- dung des Rcform-Kincmatographcntheaters. Kr sagte sich: I. Ls di.rien nur lebende Ibldcr vorgeführt werden, welche veredelnd und belehrend, auf Kinder und Er wachsene den angenehmsten Lindnick hinterlasset und Jen Wunsch erwecken, derartigen Vorstellungen recht "it beizuwohnen. - , . I>ie Jugend müsste unbedingt vor allen verderb- lichen Einflüssen geschützt werden, welche du- müt durch Vorführung von SensaMonsiilms erregen.