Der Kinematograph (January 1909)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

No. 106. Düsseldorf. 6. Januar 1909. Erscheint jeden Mittwoch. Nachdruck des Inhalts, auch auszugsweise, verboten. Zur Zensur der Films. Eine Mahnung für Kinnhetriebe. In einer ganzen Anzahl der grösseren deutschen Städte hat man die Zensur der Films eingeführt und damit nicht nur den Beitzem der Kinematograohen-Theater. sondern auch den Fabrikanten der Films das (Jeschäft in einer Weise erschwert, welche geradezu unerträglich geworden ist. Für mich persönlich steht die Erfindung des Kinerna- tographen auf viel zu hoher kultureller Stufe, als dass ich ruhig der Zensurfrage zusehen kennte und eben deshalb habe ich schon seit Jahren in den Fachblättern des Reise¬ standes die Frage behandelt. Allerdings konnte dies nicht so eingehend geschehen wie es wohl notwendig gewesen wäre, da diese Blätter auch noch zahlreichen anderen Interessen dienen und so gestatte ich mir denn an dieser Stelle noch¬ mals das Wort zur Zensurfragc zu ergreifen. Es besteht zunächst ein gewaltiger Unterschied zwi¬ schen den Films, die in Varietes vorgeführt werden, die heute, wenn sie Anspruch auf Bedeutung erheben wollen, einen Kinematographen besitzen müssen und den ständigen, also in irgend einem Orte sesshaften und den wandernden Kinematographen-Theatem. Im Variete sind Kinder nur ausnahmsweise, in den Abends stattfindenden Vorstellungen aber fast gar nicht vertreten. Die Vorführungen können also so frei sein, wie die Bilder überhaupt hergestellt werden, ja sie müssen es zu einem Teile sogar sein, denn das Publikum besucht den Tempel der zehnten Muse nicht, um sich dort Trauer¬ und Schauerkomödien verzapfen zu lassen, sondern es will lachen und sich so gut als es jedem Einzelnen nur möglich ist unterhalten. In den Spezial-Kinos dagegen, die lediglich der Vor¬ führung der Films gewidmet sind, ist das moderne Kind zu Hause, ja, wie mir durch Gespräche mit zahlreichen Kindern zu ermitteln gelang, ist ihm das Kinematographen- Theater geradezu ein Bedürfnis geworden, da es. auch in der grossen Stadt, nur ausnahmsweise etwas anderes hat. was seine Schaulust, die übrigens im kindlichen Alter intensiver ist, als später, zu befriedigen. Hier ist der Be¬ sitzer des Theaters also gezwungen, auf das Kind Rück sicht zu nehmen Das Kind al»er ist für den Besitzer des Kino gar nic ht zu entbehren. Lokalmiete, sonstige Spesen. Steuern und Abgaben sind so hoch geworden, dass man eben jeden Groschen zu Rate ziehen muss, wenn man bestehen will Also muss auch ein nicht unl>edeutender Teil des Film materials so sein, dass er auch Kindern vorgeführt werden kann. Ich bin übrigens der Meinung, dass dies auch jeder Besitzer eines Kinotheaters seihst weiss und so wie ic! die Herren kenne, die |a zum grossen Teil dem Schausteller¬ stande angehören, weiss ich auch, dass jeder ein zelne imstande wäre, sich demgemäss sein Programm zusammenzustellen und mithin die Polizei als Kunstrichterin gar nicht in Frage kommen brauchte. Jeder Mensch hat geziemenden Respekt vor der Polize auch dann, wenn er mit ihr absolut nichts zu tun hat, auch i c h besitze diesen Respekt, indessen hindert er mich nicht daran, dass ich der Polizei weder die Befähigung noch ein striktes Recht zusprechen kann, als Kunstrichterin zu wirken. Der höhere Polizeibeamte besitzt wissen schaftliche Bildung, er hat Jurisprudenz studiert, diese hat aber mit der Kunst nur dann etwas zu tun. wenn sie mit ihr in Konflikt gerät. Nun kann allerdings der lurist sehr wohl aus Neigung nicht nur ausgesprochenes Kunst Verständnis besitzen, sondern auch ausübender Künstler sein, darnach wird aber bei den Examinas nicht ge¬ fragt. Der mittlere und niedere Polizeibeamte ist aus dem Heere hervorgegangen. in dem derjenige die besten Chancen besitzt, resp. besitzen muss, der seine Griffe peinlich genau nach den Vorschriften des Exerzier-Reg lements „kloppt“, und bei irgend einer Besichtigung die am besten „abgerichteten” Rekruten vorführen kann Die höchste Kunstleistung ist beim Militär ein tadelloser Parademarsch, dann hört’s auf und wenn heute der Sänger Caruso, augenblicklich ja der Clou unserer Kinos zum deutschen Heere käme, so würde er l»ei seinem Feldwebel Sergeanten und Unteroffizier erst dann Beachtung finden, wenn er sein Zeug richtig in Ordnung hielt und tadellos die Griffe kloppte, geschähe dies nicht, erhielte schlies-ln ein Bauernknecht den Vorzug.