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No. 110 Der Klncmatograph — Düsseldorf. V’urteile, die unbestritten wieder d-n Filmfabriken zugute kommen würtlen. Im entgegengesetzten Falle hat auch der Fihnkäufer die mannigfachsten Vorteile. Mi der Einfüh- rung einer solchen Maasregel wird zunächst de schranken¬ lose Konkurrenzneid aus der Welt geschafft, da wo mehrere Kinos in einer Stadt bestehen, käme eine Interessen¬ gemeinschaft zustande, die besonders die Eintrittspreise auf eine den jetzigen Zeit Verhältnissen »ntsprechende Höhe zu bringen hätte. Ist es doch als eine Untergrabung des Geschäfts zu betrachten, dass überhaupt m>ch 10 Pfg. Eintrittsgeld erhoben werden. Man muss zugeben, dass dort nur Minderwertiges dem Publikum vorgefiihrt werden kann. Das Schlimme ist: die breite Öffentlichkeit ist nur zu leicht geneigt, von solchen Unternehmungen auf alle anderen zu schliessen. Der ganze Stand wird verurteilt, statt Stärkung des Ansehens wird lustig bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit auf das Kinematographen- theater geschimpft, das die halbwüchsige Jugend zu Ver¬ brechen in mancherlei Gestalt verführe. Stehen wir doch vor der betrübenden Tatsache, dass gemeinnützige Vereine, so zuletzt mich der über ganz Deutschland verbreitete Verein zur Verbreitung von Volksbildung, kin«mat ««graphi¬ sche Vorführungen mit Vorträgen von Wanderrednern in die Hand nehmen. Mache sich ein jeder Unternehmer die Folgen solcher Einrichtungen klar, sie sind von weit- tragender Bedeutung. Ist es d«mn nicht die höchste Zeit, in dieser Beziehung gründlich Wandel zu schaffen und die durch solche Einrichtungen schwer bedrohte Kinemato- graphenbranche mit allen Mitteln wieder in die Höhe zu bringen? Soll sie lebensfähig bleiben, dann muss nach aussen hin dokumentiert werden, dass die geschilderten Auswüchse mit Stumpf und Stiel ausgerottet sind, und dass nur ausgewählte Bilder in den Theatern gezeigt werden. Eine weitere Folge des vorgeschlagenen Weges würde sein, dass mit der Zeit die Kinos ein theatermässiges Aus¬ seher« bekämen, also eine Erstarkung des Berufs erfahren würden. In dieser Richtung ist übrigens noch manches nachzuholen, besonders in der Ausschmückung der Theater von aussen sowohl wie im Innern. Es wäre wirklich ein¬ seitig, wollte inan die Nachteile unerörtert lassen, denn dass die schlecht geleiteten Kinematograohentheater auf die Dauer nicht lebensfähig sind und den Krebsgang unter allen Umständen gehen müssen, versteht sich von selbst Diejenigen Unternehmer aber, die sich mit Tatkraft und dem nötigen Ernst den Bestrebungen zur Verbesserung des kinematographischen Gewerbes anschliessen wollen, werden schon Mittel und Wege hierzu finden. Selbstzucht und Selbsterkenntnis kann, wie schon so oft. Grosses voll¬ bringen. Was nun die Frage der Film-Verleihinstitute anbetrifft, so soll nur auf den grossen Aerger und die vielen Unzu¬ träglichkeiten hingewiesen werden. Tägliche Auseinander¬ setzungen durch Briefe, Telegramme und vor allem durch das Telephon sind an der Tagesordnung, von sonstigen Sachen ganz zu schweigen. Der hier kurz skizzierte Vor¬ schlag bringt geregelte Verhältnisse in die Branche hinein, verhindert die Vorführung bedenklicher Bilder, hebt das Ansehen des Standes um! bedeutet eine weitere Verbesse¬ rung und Schulung im kinematogranhischen Betriebe Deshalb können alle Interessenten, Filmfabriken sowohl wie Kinematographenbesitzer, die eine Regelung dieser bedeutsamen Frage herbei wünschen, unserm Vorschläge unbedenklich zustimmen Von einer Konferenz, dies wurde schon auf der Hamburger Ausstellung von verschiedenen Seiten betont, verspricht man sich in beteiligten Kreisen bei reiflicher und eingehender Besprechung eine Klärung der jetzigen unhaltbaren Zustände Wohlan denn Frisch ans Werk, der Erfolg wird und kann nicht ausblcibcn! Religiöse Kinofheater in Indien. (Eigenbericht aus Kalkutta.) Unsere Leser, die wir fortlaufend über die Kinover¬ hältnisse im Auslande unterrichten, werden mit Interesse hören, dass man in vielen exotischen Ländern recht sprung¬ weise vorgeht, d. h., dass die neuesten Ereignisse uns ge¬ zeigt haben, dass man in der Kinematographie durchaus nicht einen geregelten schritt weisen Weg zurücklegt, sondern dass es auf diesem neuen Ge bi* t recht unmotiviert herzu¬ gehen scheint. Wir halsm über das Kino im fernen Orient bereits lierichtet, während an religiöse Kinoheater damals noch gar kein Gedanke war. Nächst den Amerikanern erlauben die Engländer jedem religiösen Sektenwesen «len tollsten Humbug, und wenn die religiösen Gemeinschaften in England in dieser Beziehung tatsächlich schon B«*deutendes leisten, so gehen sie in den englischen Kolonialgebieten noch weit possenhafter vor. Solch ein religiöses Kinotheater hat sich soeben in Kalkutta, der Hauptstadt Britisch-Ind : ens, aufgetan. Alle frommen Heuchler in Kalkutta werden nun Feuer und Flamme auf uns herabwünschen für diese Behauptung, weil die Kino-Vorführungen in einer Kirche vor sich gehen, unmittelbar im Anschluss an die Predigt. Arrangeur und Spassmaeher des Ganzen uird wohl der geschäftstüchtige Pastor sein Und dabei bedenke man. dass dieses religiöse Varietetheater kein Eintrittsgeld kostet. Nur an der Ausgangstür werden milde Gaben ge¬ sammelt. Als sogenannte Vorhangs- «ider Eröffnungsnummer nach der Predigt eröffnet irgend ein frommer Sänger die Vorstellung mit der in natura gesungenen Arie: ..Hen Gott Abrahams". Dann werden die einzelnen Vorstellungen prachtvoll und natürlich interessant vorgeführt. Da sehen wir Petrus mit verzweifelten Geliärden vor Jesus auf dem Wasser liegend. Wir sehen Jesus im Schiff, wie er die Tau¬ sende mit Fisch und Brot speist, wir sehen den Säemann, der auf gutem und schlechten Boden sät. Der zweite „Akt“ zeigt uns die zehn schlummernden Jungfrauen, die den Bräutigam vergassen, die da Oel verlangen und keins be¬ kommen, und zum ersten Male wird der kritisch-ernsthafte Beobachter angesichts dieser religiösen Vorführungen einer¬ seits in herzliches Lachen ausbrechen und andererseits tief entrüstet sein, dass der schlaue Pastor und dessen ..Komplicen" dies« Bilderserie so eingerichtet haben, dass die schlaf**nden Jungfrauen durch ihre Nachlässigkeit, dass sie nicht auf den Mann aufpassen, jetzt nicht zum Heiraten kommen. Diese Szene ist «vahrhaft widerlich dumm dargestellt. Im dritten Akt wirkt eine gewisse Roh¬ heit ebenso auf das Publikum: denn die Szen« des Wein- bergbesitzers mit seinen Knechten, welche die Abgesandten steinigen, wird scheusslich drastisch «largestellt Im so¬ genannten letzten Akt kommt die Samariter-Szene zur Vorführung, bei der sehr köstlich das eine wirkt, dass der gleichgültig vorübergehende Priester hier so g«>sch’ldert wird, als tib dieser fmmme Mann in der Ferne vorüb«*rgeht, so dass er den Unglücklichen unmöglich sehen kann; sonst hätte er ihm sicher doch auch geholfen. Das muss natür¬ lich so dargestellt werden, sonst würde ja die ganze Abend¬ vorstellung in der Kirche das Publikum womöglich re¬ bellieren Nach tlieser Vorstellung tritt ein Auxetophon in Tätigkeit, das allerdings nur religiöse Melodien vorführt, aber nach der Art von Opernsängern vorgetragen. Jedenfalls werden di«*se Kirchen-Vorstellungen, die für jeden ehrlichen Menschen nichts als eine Variete-Vor¬ sehung anderer Art sind, der Mission«-Gesellschaft durch Sammeln an de{ Ausgangst üv von Seiten de» dankbaren Publikums so viel einbringen. dass man die Sache in aus¬ gedehntem Masse und mit reicher Abwechslung erweitern wird. Nach und nach wird man ein ganz kleines, sehr bescheiden grösser werdendes Eintrittsgeld verlangen, so