Der Kinematograph (March 1909)

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No. 115. Der Klnematograph — Düsseldorf. giessen verschoben wird. Auch die Kamera muss ihre sichere (Stellung behalten. Die Aufnahmen — Moment — möchten bei Blitzlicht gemacht werden. Denn zu gewissen Tages¬ stunden reicht die natürliche Beleuchtung nicht aus; und wenn sie genügt, so ist sie doch noch immer gleich. Grelle« Blitzlicht iibcrtäubt die natürliche Tageshelle so, dass die¬ selbe nicht ernstlich abgeblendet werden muss; das Vor¬ ziehen eines Vorhanges mag genügen, um nur noch jenes diffuse Licht hereinzulass*-n, welches keine scharfen Schatten mehr wirft. Alle 20 Minuten müsste dann zu einer Auf¬ nahme geschritten werden. Ich weiss, dass die Realisierung eines solchen Vor¬ schlages sehr unbequem sein würde. Uebrigens ist mir be¬ kannt, dass es einen Film gibt, d«-r das Aufblühen der Vic¬ toria regia zeigt. Aber hier drängen sich doch die photo¬ graphischen Arbeiten in die .Spanne einer verhältnismässig kurzen Zeit zusammen. Ich würde auch eine derartige Aufnahme nicht empfehlen, wenn ich nicht annehmen dürfte, dass dieselbe mehr verspricht, als die interessante Unter¬ haltung einer flüchtigen Minute, ich glaube vielmehr an die ernste wissenschattliche Bedeutung eines solchen Films. Wird es uns nicht selbst oft klar, dass wir einen Vorgang erst dann tiefer erkennen, wenn wir Uebcrschau über seinen gedrängten Zusammenhang gewinnen ? Würde nicht auch die Wissenschaft interessante Aufklärungen über einen derartigen Werdeprozess erhalten, wenn sie ihn in solcher Kürze an sich vorüber ziehen lassen könnte ? Und dann noch ein anderer Umstand: in ÖOO (Stadien hätte man den Prozess zerlegt; wenn jetzt jedes einzelne Bild für sich studiert wird — die Idee des Kinematographen sei dabei aufgegeben — was für ein reiches Material gewinnt der Botaniker für seine biologischen Forschungen! Dresdner Brief. Von unserem Spezial-Berichterstatter. Der riesige Aufschwung, den die moderne Kinemato¬ graphie in letzter Zeit genommen hat und der sich allerorts liemerkbar macht, ist auch an Dresden nicht spurlos vor¬ übergegangen. Das beweisen die neu erstandenen Unter¬ nehmungen. die in unserer Stadt entstanden sind und die, den Hauptwert auf äussere und innere Ausstattung legend, in ganz unbegreiflicher Weise sehr wenig Mühe auf eine musterhafte Vorführung verwenden. Ich will liier den Ein¬ druck einer Rundreise durch alle Kino-Theater Dresdens beschreiben. Ich hatte mir zu meiner Exkursion einen Wochentag ausgesucht, und zwar einen Mittwoch. Ein Bück in den Inseratenteil der „Dresdner Neuesten Nachrichten" be¬ lehrte mich, dass im „Imperial-Kin o“, Moritz¬ strasse, ein aussergewöhnlich schönes Programm zu sehen sei. Ausserdem waren die Vorzüge einer neuen Krystall- Spiegel-Projektion (Patent angem.) selir genau auseinander¬ gesetzt. Dieses Theater war der Ausgangspunkt meiner Wanderung. Die Ausstattung lässt nichts zu wünschen übrig, aber wozu um Gotteswillen dieser Pomp, wenn die Vorführung mangelhaft ist? Die Bilder flimmern und tanzen einem vor den Augen herum, dass man des öfteren wegsehen muss, um nicht schwindlig zu werden. Und dann der Rezitator! Wenn er’s nicht selber weiss, so soll man ihm wenigstens sagen, wie Fremdworte ausgesprochen werden. Der Herr konnte nicht einmal den Namen „Brown“ richtig sprechen. Bei den Tonbildern war der Sprechapparat immer eine Meile voraus und man hatte den Eindruck, als ob der Sänger angstvoll vor Zahnschmerzen den Mund auf und zu mache. Wenn ich mich recht entsinne, wollte Herr Rektor Lemke-Berlin einen Vortrag in diesem, von ihm ge¬ förderten Kino-Theater halten, über „Volksbildung" oder so ä hn l i ch. Weshalb hat Herr Lemke seine Absicht nicht ausgefülirt ? Das Theater hat in diesem Sinne noch nicht viel geleistet, oder sollen wir die Darstellung der ..Jagd nach den Slodepuppen“ oder „Die Jagd nach Millionen“, „Der Geizhals" und ähnliches als volksbildend betrachten? Doch genug hiervon, gehen wir ein paar Schritte weiter ins „Welt-Theater“ des Herrn Klinger, die Besucher dieses Theaters sind erstaunt ob der ruhigen Bilder, zum Greifen deutlich spielen die Schauspieler ihre Pantomimen die von einem vorzüglichen, gebildeten Rezitator sachlich erläutert werden. Auch das Klavier passt sich den jeweiligen Situationen recht gut an. Das gleiche lässt sich vom „W elt-Theater“ des bekannten Schaustellers Hamann sagen (Seheffelstrasse), nur dass hier noch die Vorteile des verwendeten Gleichstromes zur Geltung kommen. Ganz in der Nähe befindet sich das Bioskop-Theater (Schloss Strasse»). Dieses Unternehmen bildet eine Klasse für sich. Mit grosser Geschicklichkeit ist hier der Raum ausge¬ nutzt worden, indem man das Bild von hinten auf die feuchte Leinwand wirft. Aeusserste Klarheit und Schärfe zeichnen die Bilder aus, was kein Wunder zu nennen ist, da hier der bekannte Operateur Weber mit vielem Fleiss seines Amtes waltet. Ebenso vorzüglich arbeiten Rezitator und Pianist, ersterer ein mehrjähriger Schauspieler des Chemnitzer Stadt Theaters und letzterer ein Schüler unseres weltbekannten Königl. Konservatoriums für Musik. Da der Besitzer die hohen Gagen für seineLeute nicht scheut, so kaim er Künst¬ ler anstellen, die wirklich etwas leisten. Auch die Aus¬ stattung dieses Theaters, die ick in zweiter Linie nenne, kann mit der anderer Unternehmungen erfolgreich kon¬ kurrieren. Ich möchte nun die „Dresdner Kino-Strasse" anführen, die Wettinerstrasse, auf der sich, obwohl sie nur kurz ist, nicht weniger als vier Geschäfte ganz nahe bei einander etabliert haben. Von diesen ist wohl der „Re- form-Kino", der früher Herrn Grünert gehörte, in erster Linie hervorzuheben. Der Vorzüge dieses Unter¬ nehmens wurde bereits in diesen Spalten Erwähnung getan und ich kann nur versichern, dass die Tüchtigkeit des Perso¬ nals immer noch auf derselben Höhe steht wie zuvor. Da« „Metropol-Theater“ im Nebenhause tut sich durch möglichst schlechte Bilder und ewige Störungen hervor und das schon seit langer Zeit. Es folgt dann das „D edrophon-Theate r“, das früher die Deutschen Kinematographen-Werke besassen. Es befindet sich in einem Hintergebäude und erfreut sich eines regen Zu¬ spruchs, auch lassen die Vorführungen, bis auf den Um¬ stand, dass manchmal die Lichtbilder verkehrt im Rahmen erscheinen, nichts zu wünschen übrig. Eüi neues Geschäft hat sich eilüge Häuser weiter aufgetan, wohl hauptsächlich für den Besuch der ärmeren Klassen eingerichtet. ,,W e 11 in - Kino" nennt es sich, der Besitzer ist der bei der Kinder¬ welt Sachsens so beliebte und weithin bekannte Wander lehrer Bruno Müller. Er war einer der Ersten, die den Kine¬ matographen geschäftlich ausnutzten und er hat schöne Er¬ folge auf seinen Vortragsreisen damit erzielt. Die Vor¬ führung der Bilder ist zweifellos erstklassig, wenn auch die Kaumausstattung noch manches zu wünschen übrig lässt, man kann jedoch bei dem grossen Organisationstalent des Herrn Müller baldige Besserung im angezogenen Sinne er warten. Ein zweites neues Kino -Theater hat auf der Zahnsgasse seine Pforten eröffnet. Die Geschäfts¬ lage erscheint bedenklich, jedoch ist abzuwarten, ob das Geschäft nicht trotzdem vielleicht recht gut florieren wird, wenn in der Vorführung ein Wandel statttindet, sodass man statt der unheimlich schnellen Durchführung und den selten „klappenden“ Tonbildern ein ruhiges scharfes Bild vor Augen hat. In Dresden-Altstadt wären noch das Vita s- kope -Theater, das einwandfreie Vorführungen gibt und der Vollständigkeit halber das T o n b i 1 d - T"h e- ater, Pragerstrasse, und der Residenz-Kine - matograph, Pilkützerstrasse, zu erwähnen, welch letzterer sich jetzt recht gut eingeführt hat und dessen Be¬ sitzer mit der geschäftlichen Lage wohl zufrieden sein kann.