Der Kinematograph (June 1909)

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Der Kinematograph — Düsseldorf. No. 127. zum Preis von 20 h abgegeben, mit dem Vermerk, dass sie nur an Wochentagen Gültigkeit haben. Viele Kinos veranstalten auch an den schulfreien Nachmittagen Kinder¬ vorstellungen, die diesen Titel nur darum verdienen, weil sie zumeist von Kindern besucht werden, denen cs der Einheitspreis von 20 h ermöglicht, eine solche Vorstellung zu besuchen, die aber leider kein Programm hat, «las für Kinder zusammengestellt ist. Die meisten Kinotheater führen da alles das vor, was die Erwachsenen zu sehen bekommen, darunter Films, die seihst für di«?se kein Er¬ ziehungsmittel und kein Genuss sind. Und g«*rad«* durch ein sorgfältig gewähltes I*rogramm könnten sich die Kino¬ theater viele Freumle erwerben und manche Feinde ver¬ stummen machen. Mit Recht wurde in der letzten Zeit von Privaten und von Behörden neuerlich darauf verwiesen, dass Kinder nicht in die gewöhnlichen Vorführungen mit¬ genommen werden sollen; manche Pädagogen traten sogar dafür ein, dass in Wien den Kindern der Besuch der Kino¬ theater ganz verboten werde. Zuletzt schloss sich im Februar dieses Jahres wieder eine Bezirksv«*rtretung dem Vorgehen anderer ähnlicher Korporationen an. die verlangt hatten, dass die blutrünstigen Plakate entfernt werden und Kindern der Besuch solcher Vorstellungen untersagt sein solle. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Kinder durch verrohende Films demoralisiert und dass sie eventuell zu Untaten verleitet werden. Dieser Wunsch erhielt einigen Nachdruck durch eine Mitteilung, die durch alle Tages¬ zeitungen ging. Darin wurde berichtet, dass durch den Vertreter der Polizei eine in einem grossen Saal in Wien stattgefundene Kinematographenvorstellung unterbrochen wurde, weil die Vorführung eines Films Unruhe im Publikum veranlasst?. Es wurde ein Film gezeigt, der eine medi¬ zinische Operation wiedergab. Diese war so graut nhaft. dass viele Leute den Saal verliessen und mehrere Kinder aus Furcht zu schreien begannen, weshalb der über« achende Polizeibeamte die Vorführung des Films untersagt«*. Gegen eine andere Art von Vorführungen nahm im Jänner der Wiener Tierschutzverein Stellung. Er richtete an die Besitzer mehrerer Kinotheater das Ersuchen die Vorführung von Films zu «interlassen, auf denen s.ch Auf¬ nahmen von Tierquälereien befinden. Manchmal dienen solche unmenschliche Handlungen dazu Heiterkeit zu erwecken, die mit solchen Mitteln nie erzielt werden sollte. So kam es vor. dass Katzen in einen Ofen geschoben wurden, dass Hunde und Pferde misshandelt und die Bilder als Belustigung vorgeführt wurden. Auch Stiergefecht ? bieten «>ft so aufregende Szenen, dass Kind«*r geängstigt und Zu¬ schauer in die Flucht getrieben wurden. Der Tierschutz¬ verein, der sich mit der Absicht trägt, den Wiener Bezirks¬ schulrat zu ersuchen Kindern den Btjuch von Kinemato- graphentheatem, in denen Tierquälereien aus dem Pro¬ gramm nicht ausg«?schaltet sind, zu verbieten, hatte mit seinem an die Vereinigung der Kinematographentheater gerichteten Ansuchen Erfolg. Die l^eitung d«*s Verbandes der Kinematographenbcsitzer beschloss in einer Sitzung, dass die Fabriken und die Filmleihanstalten ersucht werden sollen, derartige Films, auf denen Tierquälereien dargestellt sind, nicht mehr zu verkaufen und an niemanden mehr abzugeben. Zugleich werden die Mitglieder des öster¬ reichischen Verbandes der Kinematographenbesitzer ver¬ pflichtet, verrohende Bilder nicht mehr vorzuführen. Da von vielen Mitgliedern die Zusage einlief, dass sie sich nach diesem Beschluss richten werden, ist anzunehnu*n, dass diese Aktion in Oesterreich Erfolg haben und dem Eingreifen der Behörden zuvorkommen wird. Dadurch werden einseliränkende Vorschriften vermieden und ge¬ schäftliche Schäden hintangehalten. Es ist zu begrüssen, dass dies geschah, weil die Kinematographie es nicht nötig hat, durch Mittel das Publikum heranzuziehen, die den guten Ruf der Kinotheater gefährden. Durch ein gemein¬ sames Vorgehen der Kinematographenbesitzer werden auch die Fabriken veranlasst werden Anstoss erregen«!? Films nicht zu erzeugen. Werden solche Darstellungen aus dem Pro¬ gramm ausgeschaltet, so bleibt noch immer genügend viel Gutes übrig und den Gegnern der Kinos ist damit ein Agi¬ tationsmittel gi>non«men. dass nicht immer unrecht gebraucht wurde. Ein interessanter Prozess zwischen einem Oberregisseur ein«*s Wiener Operettentheaters und «einer Filmfabrik bildete kürzlich den Gesprächsstoff in Tlieat erkreisen. die «lern Ausgang «ler Sache mit Interesse «»ntgegensahen Die Ursache war folgende. Die Berliner Kinematographen- un«l Filmfabrik Dusk«»s hatte im vergangenen Sommer «len Oberirgisseur Glawatseh des Theaters an .der Wien lx»auf- tragt. Szenen aus der Operette ..Der fidele Bauer“ für sing«*nde Films aufzunehmen. Es sollten auf einer Bühne im Fr«»ien (trammophon- und kinematqgraphische Aufnahmen von dem Theaterchor gemacht werden, die der Ober¬ regisseur arrangieren sollte. Für seine Bemühungen wurde ihm ein Honorar von K. 2400 zugesagt, wofür er auch das Pers«mal zu entschädigen hatte. Durch verschiedene Um¬ stände zog sich di«* Ausführung des Auftrag«** hinaus, so dass im Oktober 1908, als bereits frostig«** Wetter eintrat, erst die Grammophonaufnahm«*n fertig waren, während die kinematographischen Aufnahmen erst gemacht werden sollten. Da es dann auch schneite, konnten die kinemato¬ graphischen Aufnahmen im Freien nicht mehr gemacht werden. Die Firma Duskes trat deshalb von dem Auftrag zurück, zahlte K. 1200 und wollte auf die kinematographi¬ schen Aufnahmen verzichten. Damit sollte auch der Kläger den Honorar«st von K. 1200 nicht erhalten. Er brachte durch seinen Vertreter beim Handelsgericht die Klage auf Auszahlung dieses Betrages ein und führte an, dass er mittlerweile für das Arrangement der Aufnahmen und die Honorierung des Personals K. 1935 ausgegeben habe, so «lass ihm eventuell K. 465 ais Entschädigung für seine Bemühungen bleiben würden. Der Kläger suchte auch nachzuweisen, dass es nicht sein Verschulden sei, wenn der Auftrag nicht zur völligen Durchfühnmg gelangte, leider ist uns «las Ergebnis der Klage nicht bekannt, so dass wir vorläufig noch nicht darüber Mitteilungen machen können Eine andere merkwürdige Gerichtsverhandlung fand ebenfalls zu Emle des Februars in Wien statt. Die Pariser Kinematographen- und Filmfabrik L. Gaumont schrieb an den Kinematographentheaterbesitzer Quester in Wien, dass sie erstaunt sei, von ihm eine Zuschrift erhalten zu halien. in der in besonders eindringlicher Art für ein in Wien erscheinend«** Fachblättchen, das von The«xlor Feigl heraus- g«»gelH n wird. Reklame gemach* wt*rde. Da dem Empfänger dieses Schreibens eine «derartige Empfehlung an die Firma Gaumont nie abgesendet hatte, war er natürlich sehr über¬ rascht einen s«>lchen Brief zu erhalten. Er ersu«*hte deshalb die Firma, ihm die für das Fachblatt gemachte Reklame¬ zuschrift zur Einsichtnahme zu übermitteln. Daraufhin erhielt er eine Postkarte, auf der sein Name missbraucht word«*n war, uin die Firma Gaumont zum Inserieren in dem von Feigl lierausgegel>enen Blatt zu veranlassen. Dies ver¬ anlasst? Quester in einer Kinematographenzeitung die Erklärung abzugel»en. dass er sich dagegen verwahre seinen Namen zu sonderbaren Geachäftsmanövem miss¬ braucht zu sehen. Der auf so eigenartige Weise auf lnse- r«*ntenfang ausgehende Herausgeber d«*s erwähnten Wiener Fachblättchens sah in di«?ser Erklärung eine Beleidigung und verklagte bei einem Wiener Bezirksgericht Herrn Quester auf Ehrenbeleidigung. Nach der ersten Verhandlung, die Ende Februar in Wien durchgeführt wurde, trat der Richter die Klage dem Landesgericht ab, weil hier eine durch die Presse liegangene Beleidigung vorliege, die nur durch ein (Jeschw«irenengericht erledigt werden könne. I>ie neuerliche Verhandlung wird erst später stattfinden. G. W-r.